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Drei Tage in den Alpen


Dienstag, 13.9.2022


Kurz vorm Albula-Pass


Die Nadelbäume werden kleiner und weniger.

Weil die Hänge zu steil sind, als dass sie ein Mensch, ein Tier oder ein Fahrzeug auf direktem Weg überwinden könnte, wird der Weg künstlich verlängert, indem er nicht direkt den Hang hoch, sondern parallel zum Hand (mal links, mal rechts) in Serpentinen geführt wird. Nach der nächsten-Doppelkehre verlaufen nun auch die Gleise der Albula-Linie direkt rechts neben der Straße.

Inzwischen sind wir seit Bergün rund 450 m geklettert und wir befinden uns in einem weiten Hochtal. Die Bäume sind nun ganz verschwunden und von der Bahn sehen wir auch nichts mehr.

Zwei weitere Kehren, dann sind wir am türkisgrünen Palpuognasee, 11 km von Bergün entfernt und 1950 m hoch. Aber es geht noch weiter hoch. Noch rund 360 m.

Hier oben gibt es nur noch Geröll, Flechten und Felsen. Letztere reichen jetzt auf der rechten Seite bis unmittelbar an die Fahrbahn heran.

Bei einer Haltebucht machen wir Rast und fotografieren. „Spürst Du die wahnsinnig gute Luft?“

½ Stunde nach Bergün, 14 km weiter und 1000 m höher ist die Passhöhe (2315 m) erreicht.

Vom Albula-Pass nach La Punt-Chamues und Zernez


Von nun an geht’s bergab. Das ist deutlich bequemer, denn hier ist auch die Straße deutlich breiter als bergaufwärts. Wir fahren am Albula-See vorbei, der von der Straße aus gesehen den Eindruck macht, als sei er nur eine flache Pfütze.

2½ Kilometer danach halten wir auf einem Parkplatz links neben einer Links-Rechts-Kehre an, wo auf dem weiten, nördlich von uns gelegenen Rasensattel der Fuorcla Gualdauna eine Kuh-Herde weidet.

Ich fühle mich stark an die Gnu-Herden in der Serengeti erinnert. Okay, es sind nicht so viele Tiere, aber irgendwie ist auch das hier schon beeindruckend.

Angetrieben von einem Hirten und seinen Hunden ziehen sie ostwärts. Ob das schon so was wie ein Alp-Abtrieb ist? Könnte gut sein, denn in ein, zwei Wochen ist hier schon Nachtfrost angesagt.

Etwa 5,5 km unterhalb der Passhöhe und 3,5 km vor La Punt-Chamues hat irgendjemand links auf einem Felsen eine Steinbock-Skulptur aufgestellt, die wir im ersten Moment tatsächlich für ein echtes Tier gehalten haben.

2½ km weiter, von der letzte Kehre auf der Ostseite des Albula-Passes aus, sehen wir unten im Tal den Inn und weit, weit weg, den höchsten Berg des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg, den 3312 m hohen Piz Buin.

Nach 1 km überqueren wir im 750-Einwohner-Ort La Punt-Chamues zunächst den Bahnübergang der Rhätischen Bahn und stehen dann 100 m in der sehr schlecht einsehbaren Einmündung zur Hauptstraße Route 27. Ich fühl mich ob des Namens irgendwie an die Routes in den USA erinnert, von denen die Route 66 wohl die bekannteste ist.

Auf „unserer“ Route 27 geht es – im Gegensatz zur amerikanischen Route 27 – aber nicht nach Miami/Florida oder Fort Wayne/Indiana, sondern rechts weg nach St. Moritz und links weg nach Scuol und Zernez. Dem Navi folgend biegen wir links ab.

Am Inn entlang (mal links, mal rechts davon) fahren wir auf der Route 27 in nordöstlicher Richtung immer geradeaus, 40 km bis nach Zernez. Doch hier endet – obwohl wir nur noch rund 27 km von Livigno entfernt sind – unsere Tour abrupt.

01.09 -24.11.2022 – Chiuso per lavori di construzione steht auf einem Schild am Anfang der Route 28, in die wir mitten in Zernez rechts einbiegen. Für uns heißt das „Ende Gelände“. Von einer „Deviazione per Livigno“, also einer Umleitung, ist weit und breit nichts zu sehen.

Von zwei Männern, die an einer Bushaltestelle auf den Car – so nennt man hier die Busse – warten, erfahren wir, dass der Munt-la-Schera-Tunnel, der das Engadin im Schweizer Kanton Graubünden mit der italienischen Provinz Sondrio verbindet – wie auf dem Schild zu lesen – zwischen dem 1.9. und dem 24.11. gesperrt ist.

Aber warum erfahren wir das erst hier? Warum hat man uns von La Punt aus erst mal 20 km hierher fahren lassen? Warum stand dort nichts von der Sperrung des Munt-la-Schera-Tunnels?

Uns bleibt nichts anderes übrig, wir müssen zurück. So sind es von Zernez aus nach Livigno eben nicht mehr nur 27 km, sondern zurück über Samedan, Pontresina, Bernina- und Livigno-Pass derer 69.

42 km „für die Katz“.

Das ist zwar ärgerlich, auf diese Weise sparen wir aber die 17 CHF Maut, die uns die Durchfahrt durch den nur 3 ½ km langen Tunnel gekostet hätte, und für 17 CHF kann ich bei den 5½ l, die mein Auto auf 100 km verbraucht, weit fahren!

Um kurz vor fünf drehen wir um.

Der Umweg über Samedan und Pontressina sowie den Bernina- und Livigno-Pass


Wir fahren auf der Route 27 wieder zurück bis La Punt-Chamues – die Strecke kennen wir ja schon – und von dort weiter nach Bever. Kurz nachdem wir am Engadin Airport vorbei sind, heißt die Straße nunmehr Route 29, und wir sehen in der Ferne (ca. 20 km weit weg) einen der schönsten Gletscherberge überhaupt, den schneebedeckten, 3900 m hohen Piz Palü. Allein dafür hat sich der Umweg schon gelohnt.

Weiter geht es auf der Route 29 durch Pontresina hindurch und dann allmählich hoch und höher.

Am Parkplatz in der Montebello-Kurve müssen wir unbedingt anhalten. Von hier aus hat man einen Wahnsinns-Blick auf die gesamte Bernina-Gruppe, vom Piz Palü im Osten (links) bis hin zum westlich gelegenen Piz da la Margna (rechts) und davor der Monteratsch-Gletscher.

Leider hat der Gletscher seit Beginn der systematischen Beobachtungen im Jahr 1878 massiv an Länge eingebüßt. 2½ des ursprünglich 8,7 km langen Gletschers sind seit damals unwiederbringlich der globalen Erwärmung zum Opfer gefallen.

Immer entlang der Bernina-Bahn


Kurz vorm Bahnhof Bernina Sout kreuzt die Bernina-Bahn, welche das Schweizerische Chur (bzw. St. Moritz) mit dem italienischen Tirano verbindet, die Route 29 und den Bach Ova da Bernina. Für diese 86 km von Chur bis Tirano braucht der Bernina-Express – der langsamste Schnellzug der Welt – übrigens 3 Stunden und 28 Minuten.

Bis zu unserem Hotel in Teola/Livigno sind es von hier noch rund 30 km und ich hoffe, dass wir das etwas schneller schaffen als mit dem Zug. Außerdem hoffe ich sehr, dass wir nicht wieder irgendwo aufgehalten werden oder dass irgendwas gesperrt ist, so wie vorhin hinter Zernez.

Auf dem 2330 m hohen Bernina-Pass


Das mit dem Nicht-aufgehalten-Werden war wohl nichts. 7 km nach dem Bahnübergang müssen wir halten. Wir sind auf dem 2330 m hohen Bernina-Pass.

Wir lassen unsere Blicke schweifen. In Richtung Nord-Nord-Ost sehen wir in etwa 4 km Entfernung einen namenlosen Gipfel, der etwa 3000 m hoch sein dürfte und links neben dem Piz Ursera liegt. In Richtung Ost-Süd-Ost zeigt sich der mehr als doppelt so weit entfernte, unverwechselbare Piz dal Teo, der – das kann man nachlesen – 3049 m hoch ist.

Wer da Interesse an Richtungs- und Entfernungsberechnungen hat, dem empfehle ich diese Seite über Geocaching und diesen Himmelrichtungs-Rechner.

Vom Bernina-Pass nach Livigno


Vom Parkplatz am Bernina-Pass aus sind es auf der Route 29 nur noch 3 km, dann müssen wir uns auf die Abbiegespur links nach Livigno einordnen. Wir haben den Gegenverkehr noch durchgelassen. Dann sind wir abgebogen. Kaum 20 m weiter stehen wir vorm Schweizer Zollhaus La Motta, wo wir grad so durchgewunken werden.

Von hier aus geht es bis zum italienischen Zoll auf dem 2315 m hohen Livigno-Pass (Forcola di Livigno) noch weitere 250 Höhenmeter hoch und 4 km Straßenkilometer nach Norden.

Nach fast 10 Stunden (mit Pausen!) und dem Umweg – ohne den wir aber den Monteratsch-Gletscher und den Bernina-Pass niemals gesehen hätten – sind wir endlich in Italien. Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Hotel, nur noch knapp 20 Minuten, sagt das Navi.

Ohne nennenswerte Kurven geht es hinunter. Das verleitet manche zum Rasen, weshalb immer mal wieder 50-km-Schilder aufgestellt sind, die aber (außer mir) keiner beachtet. Nach etwa 5 km kommen wir in ein weites Tal. Herrlich!

Nach weiteren 2 km kommen wir links an einer Tankstelle vorbei. Super 1,498 glaube ich im Augenwinkel erkannt zu haben. Das kann gar nicht sein! Da habe ich mich sicher verguckt oder die Tankstelle ist zu und die Schilder sind noch von vorm Ukraine-Krieg.

Auf einer kerzengeraden Straße, die ob der Rase-Möglichkeiten auf 70 km/h begrenzt ist, kommen wir links an der kleinen steinernen Kapelle San Cristofero vorbei.

Unter Unseresgleichen


Kurz danach kommen die ersten Häuser. Bei einem Parkplatz links neben der winzigen Chiesa Immacolata di Lourdes halten wir an, denn dort weidet eine kleine Esel-Herde mit Jungtieren. Die müssen wir für Susannes Tierkinder-Seite „Wutzels“ unbedingt fotografieren.

Allmählich werden die Häuser mehr und es gibt auch Bushaltestellen und Zebrastreifen. Die Häuser sind vorwiegend aus Natursteinen und Holz, aber allesamt mit Balkonen. Jetzt sind wir mitten im Dorf, mitten in Livigno.


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