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Löwenzahn und Zebrastreifen


Flug nach Nordtansania


Ich hab geschlafen wie ein Toter. Um 7 klingelt der Wecker und fast zeitgleich ist der automatische Weckdienst des Hotels auch schon aktiviert. Ein Boy klopft, immer energischer werdend, so lange an die Tür, bis man sein erfolgreiches Wecken endlich mit einer Unterschrift bestätigt und sein Tun mit einem Trinkgeld belohnt. Damit das Zimmer in der kommenden Woche nicht ungenutzt bleibt, muss ich meine Habseligkeiten, die ich nicht mitnehme in den großen Koffer tun und in einer Abstellkammer deponieren, danach noch kurz frühstücken und dann geht’s los. Eine Woche lang Safari durch die schönsten Nationalparks Nordtansanias: Lake Manyara, Tarangire, die weltberühmte Serengeti und zum achten Weltwunder schlechthin, den Ngorongoro Krater.

Aus dem „Dolphin“ sind noch Mechthild und Margret sowie Christina und Michael mit dabei. Mechthild und Margret sind zwei reifere Damen aus dem Ruhrgebiet, Christina und Michael ein Juristen-Ehepaar aus Berlin, beide etwas jünger als ich. Um 9 Uhr werden wir abgeholt. Unterwegs sammeln wir in anderen Hotels von 13 weitere Personen ein. Zusammen sind wir also 18 Leute, die in drei Landrover verteilt die nächste Woche auf engstem Raum miteinander verbringen müssen. Nach kurzer Fahrt erreichen wir den Bambury Air-Strip, wo auf dem Stoppelfeld eine De Havilland Twin Otter steht

Das wenige Safari-Gepäck (jeder darf nur 10kg mitnehmen, keiner hält sich dran) wird verladen. Ich mach noch ein paar Fotos, dann geht’s los. Als Letzter besteige ich das Flugzeug, doch was heißt „besteige ich“?, der Pilot schiebt mich regelrecht rein und verriegelt anschließend die Tür. Durch einen schmalen Gang kämpft er sich fünf Schritte vor ins Cockpit und startet die Maschine. Ich sitz noch kaum, mein Sitzplatz ist hinten direkt neben der Tür, dann sind wir auch schon in der Luft. Nicht mal eine Sekunde hatte ich Zeit, mich mental auf diesen Horror vorzubereiten.

Doch wenn ich auf Safari nach Tansania will, muss ich tapfer sein! mir bleibt gar keine andere Wahl. Sind ja nur 70 Minuten, bis wir in Namanga, an der tansanischen Grenze wieder landen werden. 70 Minuten? Ne, nur noch 68. Zwei Minuten habe ich schon über-lebt! Voller Flugangst verkralle ich meine Finger in der Rückenlehne des Vordermanns und zähle runter während die anderen runter sehen. Unter uns liegt Mombasa und links hinten sieht man die Nyali Bridge, die Mombasa mit der Nordküste Kenias verbindet.

Inzwischen sind wir 20 Minuten unterwegs und zehntausend Fuß hoch. Hin und wieder fällt das Flugzeug in ein „Luftloch“, was man hinten im Schwanz des Flugzeugs ganz besonders spürt. Später habe ich mir sagen lassen, dass es – vor allem bei so kleinen Flugzeugen – unter den Flügeln wesentlich ruhiger zugeht. Das nützt mir jetzt aber alles nichts. Ich habe Mühe, meinen Magen im Zaum zu halten. Mir ist’s ganz und gar nicht wohl. Wenigstens sitz‘ ich hinten, so dass mich 16 der 18 Passagiere gar nicht sehen können. Nur meine Nebensitzerin hat Mitleid.

Ob meiner Flugangst kann ich die majestätische Schönheit des höchsten Bergs von Afrika, des Kilimanjaro, gar nicht so richtig genießen. Alles drängt sich an die Fenster um ein Foto zu erhaschen. Wenn jetzt das Flugzeug umkippt, dann war’s das, dann wär’s aus mit Safari. Zum Glück kippt’s aber nicht. Angesichts dieser „sicheren“ Situation will ich auch noch ein Foto ma-chen, nur wie? Das geht nur mit äußerstem Willen und nach genauem Plan: Hände vom Sitz des Vordermanns lösen, Kamera schnappen, auslösen. Für zwei Fotos hat’s gereicht. Jetzt aber schnell die Kamera wegpacken, Hände wieder in Vordersitz krallen und aufatmen. Ich denke, das waren für mich die am schwierigsten zu machenden Aufnahmen während meiner ganzen Laufbahn. Ich bin einfach kein Flieger und Kleinflugzeugflieger schon gleich gar nicht. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich mal einen Berg wieder zu Fuß heruntergegangen bin, weil ich bei der Fahrt hoch mit der Seilbahn fast gestorben wäre. Hier wird’s aber nichts mit „zu-Fuß-gehen“. In einer Woche habe ich also das gleiche Spiel noch mal vor mir. Nur nicht dran denken. Gott sei Dank neigt sich die die Achterbahnfahrt aus Unruhe, Angst, Besorgnis, Gänsehaut und emotionaler Lähmung langsam ihrem Ende zu. Inzwischen kann auch schon wieder Land sehen, Dörfer, die wegen der sie umgebenden Dornenhecke von oben aussehen wie „außerirdische“ Kornkreise.


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