Drei Tage in den Alpen
Bart- oder Lämmergeier
Mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,9 Metern ist der Bartgeier oder auch Lämmergeier, wie er in manchen Gegenden genannt wird, noch einen Tacken größer als der Gänsegeier und somit der größte Greifvogel in Europa.
Beide Geierarten haben meiner Meinung nach irgendwie irreführende Namen. Der Gänsegeier frisst keine Gänse und der Lämmergeier keine Lämmer. Zumindest tötet er keine. Der Lämmer- oder Bartgeier frisst neben Aas aber Fallwild (das sind in Berghängen abgestürzte Tiere und da kann dann schon mal ein Lamm dabei sein).
- Bartgeier
- Bartgeier
Weil die Menschen das „Fallwild“ wegen Seuchengefahr aber alsbald entsorgen, hat der Bartgeier oft nichts zu nagen und muss – wenn man die Art erhalten will – von Menschen zugefüttert werden. Irgendwie Irrsinn! Bartgeier fressen die verendeten Tiere komplett, mitsamt den Knochen, weshalb sie manchmal auch „Knochenbrecher“ genannt werden.
Vom Weißkopfseeadler, dem amerikanischen Wappenvogel, der ebenfalls einen weißen Kopf und einen dunklen Körper hat, kann man den Bartgeier leicht unterscheiden, weil er – und da stimmt der Name mal wieder – am Schnabelansatz borstige schwarze Bartfedern hat, die über den Schnabel nach unten hängen und ihn aussehen lassen wie einen Ziegenbock.
Die Augen, die in einem schwarzen Streifen liegen, der vom Kopf bis in den „Ziegenbart“ übergeht, sind stechend hell und mit einem roten Ring umrandet. Je erregter der Vogel ist, desto röter wird der Ring.
- Bartgeier
- Bartgeier mit geschlossener Nickhaut
Aber was ist das? Das Auge des Vogels ist ja plötzlich ganz trüb. Susanne erklärt mir, dass ich wohl rein zufällig genau den Moment erwischt habe, in dem der Vogel die sogenannte Nickhaut über das Auge gezogen hat.
Diese Nickhaut klappt hin und wieder übers Auge. Im Flug, damit die Augen vom „Fahrtwind“ nicht austrocknen, ansonsten damit die Tränenflüssigkeit gleichmäßig verteilt oder das Auge – wie die Frontscheibe meines Pandas mit dem Scheibenwischer – von Staub und anderen Fremdkörpern gereinigt wird, damit der Vogel wieder Durchblick hat.
Im Alpenzoo Innsbruck leben Murmeltiere und Bartgeier in einem Gehege. Nochmal: Bartgeier töten keine Tiere, um sie zu fressen, also jagen sie auch keine Murmeltiere. Das „Zusammenleben“ hat einen ganz anderen Sinn. Die Murmeltiere sind quasi die Wächter der Alpen.
- Murmeltier
- Murmeltier
Nähert sich ein Marder oder Fuchs, schlägt das Murmeltier Alarm, und alle Murmeltiere schicken sich an, sich sofort in Sicherheit zu bringen. Dem Bartgeier geht der „Marder- bzw. Fuchs-Alarm“ aber „am Bart vorbei“. Nähern sich aber Steinadler oder Rotmilan, dann ist der Murmeltier-Alarm auch für den Bartgeier interessant. Dann steigt der Geier zur Luftaufklärung auf. Mit seinen scharfen Augen kontrolliert er Luftraum und Gelände. Bartgeier weisen übrigens eine Besonderheit unter den Fliegern aus: Wenn die Thermik günstig ist, können sie – ohne auch nur einen einzigen Flügelschlag – notfalls einen ganzen Tag durch die Luft segeln.
- Murmeltier
- Murmeltier
Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53