Drei Tage in den Alpen
Die nächsten vier Gehege versetzen mich fast 60 Jahre zurück in meine Kindheit. Feuersalamander, Bergmolche, Ringelnattern und Perleidechsen gab es seinerzeit bei uns im Wald, da brauchten wir keinen Zoo.
Ich kann mich noch daran erinnern wie heute, als ich beim Pilze-Suchen entlang der Bahnlinie in Welzheim zwischen den am Boden liegenden Buchenblättern ein gelb-schwarzes Tier entdeckte, das sich dort versteckte. „Lurchi“ kannte ich bis dahin nur von den Schuhen, die wir damals trugen, und so habe ich den Feuersalamander selbstredend gefangen. Ich musste das ungewöhnliche Tier – das ich zuvor noch nie in echt gesehen hatte und dessen Geschichten mich begeisterten – ja „begreifen“. Das hätte ich besser nicht tun sollen, denn der Schleim, den das Tier in meiner Hand hinterließ, hat mächtig gebrannt. Diese Erfahrung blieb mir bis heute. Im Salamander-Heft stand davon nichts.
- Feuersalamander
- Bergmolch
An 60 Jahre zurückliegende Erfahrungen denke ich auch beim nächsten Tier. Habt ihr schon jemals einen Bergmolch gesehen? Wahrscheinlich nicht! Wäre ich nicht – wie bereits erwähnt – auf dem Land in Süddeutschland aufgewachsen und täglich – bis in die Puppen – im Wald und am Wald-Tümpel unterwegs gewesen, würde ich Bergmolche wahrscheinlich auch nicht kennen.
Als Kinder aber – das war Ende der 1950er-Jahre – haben wir diese rund 10 cm langen „Dinosaurier“ mit Keschern aus dem Teich gefischt und dann in einem großen Einmachglas (natürlich ohne Deckel!) beobachtet. Wobei wir immer darauf achteten, dass wir sie nicht anfassten, denn die Tiere waren – wie der Feuersalamander – unangenehm ätzend und klebrig.
Was uns aber fasziniert hat, war der orangerote Bauch der Tiere und die blauen Seiten. Das war schon was! Vor dem Nach-Hause-Gehen haben wir die Tiere natürlich wieder in den Tümpel gekippt.
Manchmal hatten wir auch Molche erwischt, die seitlich so eine Art „Wurzeln“ hatten – wie keimende Kartoffeln. Dass das die Kiemen der ausschließlich im Wasser lebenden Jungen waren, die erst nach einer „Umwandlung“ zu Landtieren werden, wussten wir damals natürlich noch nicht.
Heute – nach rund 60 Jahren! – sehe ich die „Studienobjekte unserer Kindheit“ nun zum allerersten Mal in einem Zoo wieder. Da werden schon Erinnerungen wach.
Die schlimmste Erinnerung aber habe ich an eine Ringelnatter. Ende der 1950er war es ganz normal, dass Opa und Papa in echt und Huckleberry Finn im Buch rauchten und wir Kinder haben die „Großen“ mit Schokolade-Zigaretten kopiert. Doch das war einfach nur Kinderkram. Zum richtig Cool-Sein – wie die Kinder heute sagen würden – gehörten richtige Zigaretten. Doch wie kam man an diese?
Um mir ein „Zehnerle“ Taschengeld dazu zu verdienen, habe ich mit einer „Zigaretten-Dreh-Maschine“ für Opa massenhaft Zigaretten gedreht. Ein Päckchen Tabak ergab immer 40 Stück. Da fällt es dem Opa sicher nicht auf, wenn da eine oder zwei fehlen.
So habe ich Zigaretten „gesammelt“, die wir dann heimlich im „Lägerle“ (schwäbisch für Lager/ Hütte / Höhle) im Wald gepafft haben. Bis zu dem Tag, an dem uns „Gott erwischte“ und zur Strafe eine ein Meter lange Schlange in unser „Lägerle“ schickte. Das war meine erste Begegnung dieser „unheimlichen“ Art. Ich hab danach übrigens nie mehr Zigaretten „stibitzt“.
- Ringelnatter
- Perleidechse
Mit Perleidechsen habe ich keine schlechten Erfahrungen gemacht. Dafür waren die einfach immer viel zu schnell.
Alles in allem ist es aber ein Wahnsinns-Gefühl, all diese Tiere, die mich in der Jugend stark geprägt haben, hier – und ich glaube auch erstmalig – in einem Zoo zu sehen.
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