Tagesfährtle in den Märzenbecherwald – Teil 2
Der Fußweg hoch zum Märzenbecherwald
Wo der Märzenbecherwald nun genau ist, wissen wir noch nicht. Jedenfalls geht’s zum angeblich 12 ½ ha großen Areal, dem größten seiner Art im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. jetzt erst mal mächtig den Berg hoch. Wenn ich mein Keuchen richtig werte, mit mindestens 8 % Steigung. An einer Wegkreuzung – ich glaube, wir sind noch keine 250 Meter gegangen, müssen „Oma und Opa“ erst mal Pause und ein Selfie machen. Für Pause ist am Weg reichlich gesorgt und fürs Selfie hat Susanne ihr Handy dabei. Ich komm mit dem „neumodischen“ Kram ja gar nicht klar. Erst neulich habe ich, da hat man mir, obwohl ich „Nein!“ sagte, ein Handy in die Hand gedrückt, mit einem Fingertipp ratzfatz 29 Fotos gemacht. Ich sagte doch: „Ich kann’s nicht!“
- Oma-und-Opa-Parkplatz
- Komisch, wir gehören zur Großeltern-Generation
Das Wetter ist prächtig und die Stimmung ebenso. Nach einer kurzen Rast geht’s weiter – immer noch mächtig den Berg hoch. Nach weiteren 350 Metern ist rechter Hand ein Behinderten-Parkplatz, wo – wie soll’s auch anders sein – ein Auto steht, aus dem fünf augenscheinlich – zumindest körperlich – nicht behinderte „Kaffeekränzchen-Krähen“ aussteigen. Die lassen wir jetzt erst mal vor, denn der Märzenbecherwald ist jetzt genau links von uns und deren Geschnatter müssen wir uns nicht antun.
Wir lesen also erst mal das Schild:
- Erst mal informieren
- Ist das nicht traumhaft hier?
Unter anderem wird erklärt, dass Märzenbecher-Bestände inzwischen sehr selten sind, weshalb der Wald hier 1988 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde.
Weiter erfahren wir, dass das Zwiebelgewächs nur auf sumpfigem Moorboden gedeiht und dass die weiße Pracht von Bienen bestäubt wird. Zu Hause lese ich dann, dass die Samen der Märzenbecher durch Ameisen verbreitet werden. Aus diesem Grund nennt der Botaniker diese Art der Samenverbreitung Myrmekochorie (myrmex = Ameise und khoros =Verbreitung). Das machen die Ameisen aber nicht aus Jux und Tollerei, sondern deswegen, weil Märzenbechersamen sogenannte Elaiosomen enthalten, fettreiche Bestandteile, welche die Ameisen gerne fressen. Im Frühjahr und Sommer, wenn die Pflanzen beginnen, ihre Samen zu produzieren, nehmen die Ameisen die Samen samt den Elaiosomen mit in ihr Nest. Dabei kommt es oft vor, dass sie die Samen in sicheren, feuchten Bereichen ablegen, wo diese dann gut keimen können. Zu den Pflanzen, die Samen durch Myrmekochorie verbreuten gehören übrigens auch Akelei, Schlüsselblumen und Veilchen.
Jetzt, wo die Damen weg sind, gehen wir auch hinein in den mystisch wirkenden Laubwald wo Buchen, Eichen und Eschen – bevor sie Laub ausbilden – genügend Licht durchlassen, sodass die frostharten Blümchen gedeihen können.
- Kommst Du? Warte, nur noch ein Foto!
- Wappen der Gemeinde Ettenstatt
Nach etwa 150 Metern teilt sich der Weg. Rechts geht’s hoch auf Rundweg 2 zu einer Tuffquelle, was aber leider nicht angeschrieben ist. So nehmen wir den linken Weg, Rundweg 1.
- Zwei alternative Rundwege zur Wahl
- … verlassen Sie auf keinen Fall die Wege!
Auf dem moorigen Untergrund wächst der Märzenbecher besonders gut und bedeckt den braunen Waldboden jetzt im Frühjahr flächendeckend mit einem weißen Teppich.
- Überall nur Märzenbecher
- Die Blüten haben sechs kleine Zipfel
Der moorige Boden kommt daher, dass das Wasser der Albhochfläche durch den weiter unten liegenden Tonboden nicht versickern kann, sich im porösen Eisensandstein sammelt und an unzähligen Quellen zutage tritt. – für Märzenbecher geradezu ideal. Und natürlich auch für Finn, der sogleich ins Blütenmeer eintaucht.
- Finn im Blütenmeer
- Märzenbecher wachsen hier wegen des Wassers
Nach knapp 300 Metern sind wir wieder aus dem Wald heraus. Unten im Tal, etwa einen Kilometer voraus, liegt der knapp 900 Einwohner zählende Ort Ettenstatt. Wir müssen aber zum Auto – gefühlt irgendwie links. Und richtig: Nach 200 Metern sind wir an der Wegkreuzung mit dem Rentner-Bänkchen und nach weiteren 200 Metern sind wir am Parkplatz beim Auto, der jetzt – obwohl es mitten unter der Woche ist – inzwischen schon recht voll ist.
Inzwischen ist es dreiviertel zwölf. Eine Dreiviertel Stunde waren wir im Wald.
- Leberblümchen mit Blütenblättervariationen
- Märzenbecher
Der Märzenbecherwald, von dem wir bisher überhaupt nichts wussten, war ein richtiges Märchenland. Dicht an dicht wachsen die weißen Blüten zwischen den moosbewachsenen Baumstämmen und bilden einen dichten Teppich. Der leichte Duft der Blumen mischt sich mit der frischen Waldluft, während Vögel singen und das abgefallene Laub am Boden raschelt. Sonnenstrahlen fallen durch die Äste und lassen die weißen Blüten so richtig leuchten. Ein klares Zeichen dafür, dass der Frühling ganz offensichtlich begonnen hat.
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