Tagesfährtle in den Märzenbecherwald – Teil 3
Auf der Suche nach dem besten Döner-Grill
Versuch 1: Pizza und Döner-Grill Salman in Pleinfeld
Allmählich haben wir Hunger. In Pleinfeld, 9 km von hier, soll es einen Dönerladen geben (Pizza u. Döner City Grill Salman), der im Netz recht gute Bewertungen hat. Das Foto mit den Tischen im Freien sieht auch recht gut aus und macht mich an. Also fahren wir weiter nach Pleinfeld. Um kurz nach zwölf finden wir direkt an der Schwäbischen Rezat einen großen, freien, kostenlosen Parkplatz. An einer Pflastersteinstraße entlang geht’s dann über die Nepomuk-Brücke in den Ortskern vorbei an einem Italiener, ein paar Cafés und dem Rathaus.
- Die Nepomuk-Brücke in Pleinfeld
- Das Spalter Tor in Pleinfeld
Am andern Ende des Ortes führt die Bahnhofstraße leicht bergauf. Dort geht’s durch das seitlicher Fußgänger-Portal des Spalter Tors weiter. Das Tor in typisch fränkischer Architektur mit einem rechteckigen Grundriss stammt vermutlich aus dem 15. oder 16. Jahrhundert und wurde im Laufe der Zeit mehrfach umgebaut. Danach sieht es dann aber schon ziemlich „außerörtlich“ aus, sodass wir sicher sind: „Hier kann der Döner nicht mehr sein.“ Auch ein Passant, den wir im Amselweg nach dem „Dönerladen fragen, kennt keinen. Da wurde der Eintrag in Google wohl – wie so oft – sicher mal wieder nicht aktualisiert. Also gehen wir wieder zurück zum Auto, wo wir eine halbe Stunde später ankommen.
Im Navi ist noch immer „49.107301, 10.982796 Dönerladen“ einprogrammiert und so fahren wir einfach mal los. Und siehe da: 50 Meter nach dem Amselweg gibt’s auf der linken Seite tatsächlich einen Döner. Wir suchen eine Parkmöglichkeit und stellen den Panda am Park & Ride in der Bahnhofstraße ab. Dann gehen wir die Straße runter. Doch während im Internet ein richtig einladendes Foto mit ein paar Tischen unter einer Pergola zu sehen war, wirkt die Atmosphäre hier vor Ort – mit all den herumliegenden Kartons und dem Gerümpel neben dem Haus dann doch eher weniger einladend. Obwohl ich bereits Kleingeld für einen Döner in der Hand hatte, drehen wir wieder um.
Versuch 2: „Herr Döner“ in Ellingen
In Ellingen, 6 ½ Kilometer weiter südlich soll es auch einen Döner-Grill geben. Der sieht auf dem Google-Foto zwar nicht so gut aus, hat aber herausragende Bewertungen. Laut Navi müsste er 200 Meter hinterm Pleinfelder Tor auf der rechten Seite sein. Also: Los geht’s! Eine Viertelstunde später fahren wir oben am Berg durch das Pleinfelder Tor und kurz danach sagt Peter – das ist die Stimme vom Navi – „Sie haben ihr Ziel erreicht“. Super, aber einen Dönerladen finden wir leider nicht. Dafür finden wir unmittelbar neben dem Rathaus – gegenüber vom Blumengeschäft Jansen – einen Parkplatz, wo man mit Parkscheibe – also kostenlos – parken kann.
- Das Pleinfelder Tor in Ellingen von Norden her
- Die Südfassade des Ellinger Rathauses
Danach machen wir uns auf die Suche. Gefühlt müsste der Döner-Grill irgendwo nordwärts hinterm Rathaus sein. Aber erstmal zieht uns das Gebäude selbst in den Bann. Besonders schön ist die Fassade des Rathauses, die mit Stuckarbeiten verziert ist. Aber auch das Dach und die Fensterrahmen weisen typische Merkmale des Barock auf. Auffallend sind die Skulpturen links und rechts oben am Zwerchgiebel. Leider sind diese inzwischen recht kopflos, womit sie ihrer Zeit wohl weit voraus waren. In meinen Augen verkörpern sie offenbar schon länger das, was viele heutige Politiker auszeichnet: Viel Fassade, wenig Kopf!
Wir gehen rechts ums Rathaus rum und suchen weiter. Und tatsächlich: Kaum hundert Meter weiter nördlich sehen wir vor dem rosa gestrichenen Haus an zwei Tischen sitzend, südlich aussehende, dunkelhaarige Männer, die während sie sich unterhalten, wild gestikulieren. Ganz offenbar haben wir den Döner-Laden gefunden. Schon der Name „Herr Döner“ klingt humorvoll und zeigt – ebenso wie die Speisekarte, auf der Kombinationen von Döner mit traditionellen deutschen Gerichten wie Käsespätzle angeboten werden –, auf welche Weise der Inhaber, Kadir Kacar, auf kreative Weise gelebte Integration versteht. Für mich gibt es kaum eine bessere Botschaft für Toleranz und Offenheit.
Wir gehen also rein in den kleinen Laden von „Herrn Döner“. Links der Coca-Cola-Kühlschrank, geradeaus die Theke mit den Salaten, dahinter der rotierende Döner-Grill und rechts zwei kleine Tische. Alles sieht picobello sauber und aufgeräumt aus. Leider aber gibt es hier kein Klo. Als wir danach fragen antwortet uns der Besitzer, ein überaus freundlicher Türke, in breitestem Schwäbisch: „Hender d’r Sparkass oba, fuffzig Meter isch oins. Blitzsauber!“ So eine Wegbeschreibung, noch dazu in unserem Heimatdialekt – das erlebt man nicht alle Tage. Neugierig frag ich: „Woher können Sie so gut Schwäbisch?“ Er lacht und zuckt die Schultern: „I be halt integriert!“ So einen humorvollen Empfang hatten wir bisher selten. Hier müssen wir nachher unbedingt nochmal her. Aber vorher: Erst mal aufs Klo.
Die Wegbeschreibung des türkischen Schwaben oder eher des schwäbischen Türken – ich weiß es nicht – passt perfekt. Es sind zwar keine 50 Meter, sondern 100, dafür aber ist das öffentliche Klo in der ehemaligen Lateinschule außergewöhnlich sauber, was man sonst von öffentlichen Toiletten nicht unbedingt sagen kann.
- Schild an der ehemaligen Lateinschule
- Hier geht’s zum öffentlichen Ellinger Klo
Nach dem Klo-Besuch fällt mein Blick auf das Gebäude gegenüber und da vor allem aufs Tor. Es stammt aus dem frühen 18. Jahrhundert und strahlt einen morbiden Charme aus, der mich einfach fasziniert. Das muss ich unbedingt fotografieren – diese Mischung aus Geschichte und Verfall hat für mich etwas Magisches. Und dann – wären wir nicht einfach auf die andere Straßenseite gegangen, hätten wir das nie gesehen: Auf dem Dach vom Rathaus stehen zwei Störche. Susanne ist völlig aus dem Häuschen.
- Tür der ehemaligen Franziskanerkirche
- Störche auf dem Ellinger Rathaus
Dann aber gehen wir wieder zu „Herrn Döner“. Wir bestellen zwei ganz normale Döner mit Salat, Soße: Auf die Frage „Scharf?“ antworte ich „A bissle!“. Dann geht’s in breitestem Schwäbisch los. „Au a Schwob?“ „Ja!“ „Woher?“ „Aus Augsburg! Aber mal im Ernst, woher kennad sia so guat Schwäbisch?“ „Ja, weil I von Ulm komm ond mir arra Frau aus Esslinga verheiratet war. Deshalb hemmer au Schwäbischen Döner mit Kässpätzla ond so!“ Das hab ich gar nicht gesehen. Dann weist er mich auf einen Zeitungsausschnitt hin, den er voller Stolz neben dem Coca-Cola-Kühlschrank aufgehängt hat und dessen Einzigartigkeit er beschreibt.
- Bekannt wie ein bunter Hund
- Außergewöhnliche Speise-Angebote
Im Artikel erfahr ich dann auch, dass Kacar eigentlich aus der Zentraltürkei kommt und vor 55 Jahren nach Senden bei Ulm kam.
- Voller Vorfreude
- Interkulturelles Posing
„Weißt du, das Geheimnis ist die Mischung, nicht nur beim Döner“, sagte „Herr Döner“, während er das frische Brot mit einer Leichtigkeit befüllt, die fast schon künstlerisch ist. Man kann förmlich spüren, wie die Leidenschaft in jedem Handgriff steckt und wie er seinen Döner nicht nur einfach zubereitet, sondern zum Leben erweckt.
Dann endlich wird er aufgetischt, der Döner. Das Warten hat sich gelohnt! Das Drehspieß-Gericht ist der Hammer. Das Fleisch ist so zart und würzig, dass jeder Bissen ein wahres Geschmackserlebnis darstellt – perfekt gebraten, knusprig an den Rändern und dennoch saftig im Inneren. Dazu die feine Kümmel-Note des Brotes. Das macht den „Herrn-Döner-Döner“ unvergleichlich. Einen besseren Döner habe ich – okay, man vergisst so manches – wohl noch nirgendwo gegessen. Vielleicht hat das gefüllte Fladenbrot aber auch nur deshalb so gut geschmeckt, weil der Deutsch-Türke hinter dem Tresen eine faszinierende Stimmung verbreitet hat. Ein richtiger Charmeur eben, ein echter „Macher“ mit einer Geschichte, die einen fesselt und einer Selbstironie und einem Lächeln, die ansteckend sind.
- Sieht der nicht lecker aus?
- Der Chef in seinem Element
Vielleicht war es der Humor, das ständige Lachen und das Gefühl von „hier ist alles möglich“, das den Döner so besonders machte. Jedenfalls war er mehr als nur ein Snack – er war ein Erlebnis.
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