Homepage / Suche / Gästebuch / Impressum

Teneriffa – Samstag, 23. August 2014

Travelin‘ Lady


Endlich komme ich am Hafen von Los Christianos an. Der Kiosk für den Travelin‘-Lady-Kartenverkauf liegt hinter der großen Mole, der Mauer also, welche den Hafen vor den Wellen des Meeres schützt. Ich versuche Silvio, so heißt der Verkäufer, klarzumachen, dass ich bereits zwei Ausfahrten, nämlich die um 11:00 und um 13:00 Uhr bestätigt bekommen habe. Das kommt aber irgendwie nicht ganz rüber.

Silvio am Ticket-Stand der Travelin‘ Lady

Die Travelin‘ Lady hat das Blue-Boat-Certifikat

Zum Glück habe ich aber auf meinem Handy noch die in Spanisch geschriebene Mitteilung drauf.  „Buenos dias Mr. Hengl. Hemos hecho su reserva para el sabato en el viaje de las 11 hrs y 13 hrs. Salimos del Pto. De Los Christianos. Debeestar 20 minutos antes. Para cualquier cosa, contacte con el tlf. 686 00 10 30. Gracias y buenviaje.“

Ich verstehe, ohne Google-Translator, ja nur Bahnhof, aber Silvio scheint der Text zu überzeugen. Voller Sorge fragt er mich, der zweimal rausfahren will, ob ich den wisse, dass eine Tour 20 € kostet. Ist mir schon klar! Ich fahre aber nicht mehr als 3000 km quer durch die Welt, um nachher wegen 20 € zu knausern. Nebenbei bemerkt, hätte ich in einem Hotel gebucht, hätte man die Fahrt auch schon für 15 € haben können.

Die Travelin‘ Lady ist ein vergleichsweise kleines Boot, 15 Meter lang für maximal 46 Passagiere. Obwohl der Rumpf der Travelin‘ Lady nur nur knapp 60 cm und die tiefste Stelle des Bootes (der Propeller) maximal 1,25 m ins Wasser eintaucht, soll sie wegen ihres niedrigen Schwerpunkts äußerst stabil im Wasser liegen. Sieht fährt 3 mal am Tag für jeweils 2 Stunden raus, um 11:00 Uhr, um 13:00 Uhr und um 15:00 Uhr. Sonntags jedoch haben Wale und Besatzung Ruhetag. Bis die Whale-Watching-Tour nachher um 11:00 Uhr startet, vertreibe ich mir am Strand noch etwas die Zeit und schau den Badegästen bei ihrem Treiben zu.

Los Christianos

Badevergnügen am Strand von Los Christianos

Die erste Tour


Endlich ist soweit. Kurz vor 10:50 Uhr. 2 Stunden nur wollen sie draußen sein und geben dennoch 95% Sichtungs-Wahrscheinlichkeit an, ansonsten könne man für Umsonst nochmal fahren, steht großspurig auf den Prospekten. Ob das mal hinhaut? In Italien waren wir an manchen Tagen Stunden unterwegs und haben gar nichts gesehen und hier wollen die innerhalb von nur 2 Stunden sicher Wale sehen? Eigentlich unvorstellbar. Ich bin gespannt!

Die Kameras sind präpariert? Reicht das 24-105 mm-Zoom oder soll ich eher das 100-400er nehmen? Ich bin noch etwas unschlüssig, entscheide mich dann aber für das große. Nicht ohne Wirkung! „No photos please, no photos on board!” sagt mir einer der Angestellten als ich an Bord gehe. Ich denke, mich trifft der Schlag! „No photos“ wiederholt er, als ob ich’s nicht schon gehört hätte. „No photos, you have to accept captain Pacos order!“ Das trifft mich wie ein Blitz! Wozu bin ich denn hergekommen? Am liebsten würde ich gleich wieder umkehren! Das kann doch nicht sein! Sicherheitshalber frage ich dann aber doch noch kleinlaut beim Käpt’n nach. Und dann kriegt die ganze Staff einen Lachkrampf! Das hat gesessen! Der Gag war gut! Besser noch als alles bei „Verstehen Sie Spaß“ mit Guido Cantz!

Die beste Position auf der Travelin‘ Lady ist wohl die vorne am Bug, wo etwa 8 Personen Platz finden, ohne sich gegenseitig zu stören. Das Deck liegt hier etwa 1 Meter über Wasser, sodass man die Tiere, wenn sie denn kommen, fast berühren kann. Weiter ist die Rehling nur aus Stahlrohr gefertigt, sodass man super (auch in einem flachen Winkel) fotografieren kann. Ich sitze links vorne. Die Sonne sticht gnadenlos herunter. Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor ist unerlässlich. Ein Hut wäre auch nicht schlecht. Nur den habe ich zu Hause in Deutschland gelassen, weil mir der bei dem starken Wind, der üblicherweise auf Whalewatching-Booten herrscht, nur davon fliegt.

Um 11:00 Uhr geht’s los. Bereits eine halbe Stunde später sehen wir eine riesige Grindwalschule. Finn, für dessen HP ich vorhabe, Bilder zu schießen, ist total aus dem Häuschen. So hatten wir uns das gewünscht, aber nie für möglich gehalten. Kurzflossen-Grindwale bereits nach einer halben Stunde Fahrt!

Finn entdeckt eine Grindwalschule

Grindwale überall

So nahe beim Boot habe ich Delfine oder Wale noch nie gesehen! Das 100-400er kann ich wegpacken. Die Wale sind teilweise so nah, dass man nicht mehr scharfstellen kann. Ich wechsel auf´s kleine Objektiv. Das 24-105er ist hier offenbar das ideale Glas. Die meisten der hier gezeigten Bilder (außer die mit Finn, für die ich wegen der Tiefenschärfe auf ein 10-20er zurückgreifen musste) wurden mit Brennweiten zwischen 80 und 100 mm gemacht. Es ist so hell, dass man bei 200 ASA gut mit Blende 8 bis 11 und 1 / 300 sec fotografieren kann. Man könnte eventuell noch versuchen, zusätzlich mit Polfilter zu fotografieren, um die Spiegelungen an der Wasseroberfläche zu reduzieren und tauchende Wale fotografieren zu können. Darauf verzichte ich aber im Augenblick. Dennoch, klar genug wäre das Wasser hier in jedem Fall.

Grindwale

Grindwal

Grindwale

Grindwale

An Bord kann man sich (für wenig Geld) mit Wasser, Softdrinks und Bier versorgen. Für den Notfall gibt es eine Toilette an Bord, leider ohne Schloss an der Tür. Angesichts der vielen vielen Wale, die es zu fotografieren gilt, habe für solche profanen Angelegenheiten (Flüssigkeiten aufnehmen, Flüssigkeiten abgeben) aber keine Zeit.

Grindwal

Grindwal

Gegen Ende der Tour versucht Kapitän Paco in den flacheren Gewässern bei den Fischfarmen noch Große Tümmler zu entdecken. Diese Fischfarmen hat man angelegt, um der Überfischung rund um die Kanaren entgegen zu steuern. Doch ist das der richtige Weg? Die Fische werden in den Farmen nämlich mit ähnlichem Zeug gefüttert, wie wir zu Hause unsere Schweine oder Hühner füttern, d. h. mit all den ganzen Zusatzstoffen drin. Ob das dem Meer gut tut? Wie sehr die Fischfarmen bereits in das Ökosystem Meer eingreifen, sieht man doch ganz klar schon daran, dass man hier Delfine antreffen soll, die ihre Nahrung doch eigentlich im Meer fangen sollten.

Fischfarmen

Mole am Hafen von Los Christianos

Aber ich kann die Welt nicht retten. Die Fahrt mit der Travelin‘ Lady war richtig klasse und ist sehr zu empfehlen. Gegen 13:00 Uhr kommen wir wieder zurück in den Hafen wo wir bis zur nächsten Ausfahrt die mit Walen und Delfinen prächtig bemalte Mole bewundern.

Die zweite Tour


Kurz danach startet die zweite Tour. Da ich mich jetzt nicht mehr auf Finn konzentrieren muss, für dessen Seite die Aufnahmen ja im Kasten sind, kann ich mich nun voll und ganz den Grindwalen selbst widmen. Jetzt habe ich auch Gelegenheit, eine Grindwalmutter mit einem Jungtier zu fotografieren oder abtauchende Grindwale, die ihre Fluke zeigen, bevor sie zum Fressen in Tiefere Regionen (bis zu 800 m) abtauchen. In dieser Zeit werden die Jungtiere, die noch nicht so tief tauchen können, bei anderen Grindwalen der Schule „geparkt“. Ein Kinderhort ist also nicht unbedingt eine menschgemachte Angelegenheit.

Grindwal mit Jungtier

Grindwal mit Jungtier

Grindwal mit Jungtier

Grindwal mit Jungtier

Abtauchende Grindwale

Abtauchender Grindwal

Die 4 Stunden (zwei Touren) sind schneller vergangen, als man sich vorstellen kann. Ich habe hier in der Meerenge zwischen der Westküste Teneriffas und der Nachbarinsel La Gomera so viel gesehen, wie ich es mir nie zu zu träumen gewagt habe. Es ist so phänomenal und ich bin noch nicht mal einen Tag hier auf Teneriffa. Was ich da schon alles erlebt habe, unglaublich!

Eine Sache möchte ich noch erwähnen: Anfangs war ich von der Fotografin, die von jedem ein Bild machen wollte (ich habe bestimmt abgelehnt und sie hat dann auch keines gemacht) und der Kamera-Frau, welche die Tour filmte, genervt. Doch dann habe ich die 25 € für das Video, das etwa 2 Tage später bei der Hotelrezeption abgegeben wird, dann doch ausgegeben und ich muss sagen, es hat sich wirklich gelohnt. Ein professioneller Film über unsere Tour (ca. 25 Minuten) und dann noch ein halbstündiger allgemeiner Bericht über Teneriffa und die dort vorkommenden Wale. Ich, der zunächst sehr, sehr skeptisch war, habe mich im nachhinein sehr über das Video gefreut. Die Foto-Aufnahmen, welche auf der Travelin‘ Lady gemacht und in einer Mappe verkauft werden, kosten übrigens 10 € (ein Foto), 15 € (zwei Fotos) und 20 € (vier Fotos). Die kann man am Ende der Tour gleich mitnehmen. Für Menschen, die nur mit einer Billig-Knipse oder einem Handy unterwegs sind, sicher eine interessante Sache. Für mich dagegen kommt ein solches Foto nicht infrage.

Nervig – und das grenzt schon fast an Bettelei – war für mich das provokant an Deck aufgestellte Körbchen, mit dem man genötigt werden sollte, der Crew etwas Trinkgeld zu spendieren.

Eine Besonderheit sollte zum Schluss vielleicht nicht unerwähnt bleiben. Im Gegensatz zu vielen anderen Wal-Beobachtungs-Gebieten sind die Wale vor Teneriffa hier das ganze Jahr über zu sehen. Man ist als Whale-Watcher also nicht an irgendwelche jahreszeitlich bedingten Wal-Wanderungen gebunden.


Hinweis: Eine Kommentar-Möglichkeit besteht ganz am Ende des Berichts.


< zurück weiter >
TENERIFFA – INHALTSVERZEICHNIS
HAUPTGRUPPE BERICHTE