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… und hinterher nach Sansibar



Donnerstag, 27.8.2009 (2/3)

Kizimbani Spice Farm – Teil 1


Gegen 11:00 Uhr kommen wir bei der 200 Morgen großen „Kizimbani Gewürz Plantage“ an. Die Plantage liegt etwa 25 km nordöstlich von Sansibar Town. Genau von hier aus beherrschten die arabischen Besitzer Mitte des 19. Jahrhunderts den gesamten Gewürznelken-Welthandel, bis dann 1872 ein Hurrikan die gesamte Industrie ausradierte. Heute wird hier an gleicher Stelle von der tansanischen Regierung eine Forschungsfarm betrieben, wo man neben allerlei Obstsorten auch eine große Auswahl von Gewürzpflanzen ansehen, probieren und kennenlernen kann, z. B. Zimt, Pfeffer, Ingwer, Jod, Kakao, Muskat und natürlich auch das charakteristische Gewürz Sansibars schlechthin, die Gewürznelke.

Teakholz


Mohhamad und der Fahrer haben für’s erste Pause. Die Führung durch die Farm übernimmt ein junger Mann, den wir „Klaus“ nennen sollen. Begleitet wird er von einem ganzen Rudel einheimischer Teenager. „Klaus“ hat in Heidelberg studiert und spricht demzufolge hervorragend deutsch – mit einem niedlichen, kleinen Akzent. So ist die Spice-Tour schon zu Beginn das reinste Vergnügen. „Und jetze schau mal auf die große Baume hier. Also der Baum heißt Teak-Holz-Baum. Das ist ein teuer Baum bei uns, und ich denke auch in Europa. Bei uns, wir machen Möbel und Türen aus Holz von diese Baume …“

Papaya


Der zweite Baum ist eine Bitter Papaya. Ansich ist es ja gar kein Baum, aber auch kein Strauch und auch keine Staude. Im Wesentlichen ist es nur eine Art Stamm, um den herum, an einer Art „Schraubenlinie“ riesige, langstielige, gefächerte Blätter herauswachsen, die dann rechtwinklig vom „Stamm“ abstehen. Zwischen den Blättern hängen die Früchte. Insofern hat die „Papaya-Pflanze“ praktisch 3 Stockwerke: Ganz oben gibt es eine Art Blätter-Krone, darunter hängen an einem bereits kahlen „Stamm“ die Früchte und ganz unten sieht die Pflanze holzig braun aus.

Die ovalen Früchte der Papaya sind beachtlich groß. 10 bis 30 cm Durchmesser und 15 bis 45 cm Länge sind nicht ungewöhnlich. Die Schale der Frucht ist grün und das butterweiche Fruchtfleisch orange bis rosa. Geschmacklich kann man sie schlecht einordnen. Am ehesten erinnern sie mich an Aprikosen – oder an Himbeeren? Vielleicht wünsche ich mir die Geschmäcker auch nur, weil es beides, Aprikosen und Himbeeren hier nicht gibt. Im Innern der Frucht findet man eine „schlabbrige“ Masse mit schwarzen Kernen drin. Die soll man nicht mitessen, sagt Klaus. Diese „Warnung“ ist wahrlich überflüssig „wie ein Kropf“, denn auf die Idee, „Froschlaich“ zu essen, wäre ich nicht mal im Traum gekommen. Beim Anblick des „Glibbers“ schüttelt’s mich richtig. Halt, eine Situation gibt es aber doch: Nämlich dann, wenn man von Würmern befallen ist. Dann sollen die Kerne tatsächlich heilend wirken. Zum Glück hab ich aber keine Würmer, sodass sich die Frage nach einer Verkostung der „Spezial-Medizin“ momentan zum Glück nicht stellt.

Ingwer


Die Spice Tour ist höchst interessant und ich kann sie nur jedem, der Sansibar besucht, ans Herz legen. Wann sonst hat man die Möglichkeit, die Pflanzen nicht nur zu sehen, sondern auch verkosten zu können? Hätten Sie gedacht, dass das grüne „Büschel“ im Vordergrund, das mit den länglichen hellgrünen Blättern Ingwer ist? Ich nicht. Obwohl ich schon viel mit Ingwer gekocht habe, kenne ich natürlich nur die verschrumpelte Wurzel. Ingwer taugt aber nicht nur in der Küche, auch in der Medizin findet Ingwer seine Anwendungen, beispielsweise bei der Behandlung von Verdauungsbeschwerden und Blähungen. Bei längeren Busreisen oder auf stürmischer See soll Ingwer außerdem Übelkeit und Erbrechen vorbeugen. Es ist einfach nur Wahnsinn, was die Natur in Afrika bietet, wo wir doch immer gleich zu Tabletten und Pülverchen greifen.

Eins war natürlich unvermeidlich, nämlich die Anekdote, dass Ingwer potenzsteigernd sein soll. Entsprechend geben die Gäste ihre entsprechenden Kommentare ab. Das ist aber anscheinend so gewollt. Schließlich sind wir im Urlaub, und was verbindet da mehr, als wenn man gemeinsam über seine vermeintlichen Schwächen lachen kann. Beim „Thema 1“ (solange darüber nur Witze gemacht werden) spielen Hautfarbe und auch Religion plötzlich keine Rolle mehr.

Von den „Tausenden“ Pflanzen, die wir sehen, sind uns die nächsten beiden natürlich bekannt, zumindest deren Früchte.

Orangen


Orangen wachsen, wie auf dem linken Bild zu sehen, auf einem immergrünen Baum mit runder Krone. Die grünen Blätter des Orangenbaums sind spitz zulaufend und am Grunde abgerundet. Die Frucht wird vor allem als Obst verwendet oder zu Herstellung von Saft. Manchmal benutzt man Orangen, dann vorrangig die Schale, auch zur Herstellung von Duftstoffen für Parfüms.

Mandeln


Der Baum rechts ist ein Mandelbaum: Mandelbäume gehören wie Apfel-, Birnen-, Kirschen- und Zwetschgenbäumen zu den Rosengewächsen. Doch nicht nur Bäume, auch Himbeer- und Brombeersträucher gehören dazu. Mandelbäume sind seit rund 4000 Jahren kultiviert. Man unterscheidet zwischen süßen und bitteren Mandeln. Die bitteren enthalten einen Stoff, der unter Einwirkung eines Enzyms und unserer Magensäure Blausäure erzeugt. Für Hund, Katze und Maus sind bittere Mandeln absolut tödlich, aber auch wir sollten Bittermandeln mit Vorsicht genießen: Ein Kind kann maximal 10 Bittermandeln essen, dann stirbt es, um einen Erwachsenen umzubringen, braucht man 60. Da wir reichlich zu Kosten bekommen und die Führer bisher noch kein Trinkgeld bekommen haben, können wir davon ausgehen, dass unser Baum süße Mandeln trägt. Die süße Mandel kenne ich eigentlich nur als Backzutat oder für die Herstellung von Marzipan. Die bittere Mandel dagegen wird in der homöopathischen Medizin bei Asthma und Diphtherie verwendet.

Kunsthandwerk aus Palmenblättern


Während die Männer der Truppe einen Apfelsinenschnitz oder eine Mandel direkt in die Hand bekommen, fertigen die „Buben“ für das Obst der Damen wahre Kunstwerke an: An Eiswaffeln erinnernde, biologisch vollkommen abbaubare „Bananenblatt-Tüten“. Elisabeth hat sichtlich Spaß daran, so verwöhnt zu werden und wir Männer gönnen den Damen natürlich diese Gaudi. Für uns Männer wird früher oder später sicher auch was abfallen und sei es nur, dass wir den „schwarzen Kavalieren“ hernach ein erhöhtes Trinkgeld zahlen dürfen.

Lippenstift-Baum


Was nun kommt, davon habe ich noch nie was gesehen, geschweige denn jemals gehört. Ahmed zeigt uns einen dicht belaubten Strauch mit unzähligen dunkelroten, kerzenartigen Blüten, den sogenannten Lippenstift-Baum (Bixa orellana). Bei Fieber, Bronchitis und Augenentzündungen soll es helfen, wenn man sich mit einem Tee behandelt, den man aus seinen Blättern kocht. Aber die Blätter sind gar nicht mal so das Interessante. Das Interessante kommt nämlich jetzt. Öffnet man die Früchte, sieht man im Innern etliche kleine Samen. Weicht man diese in Wasser ein und zerreibt sie anschließend, erhält man einen pastösen, orangeroten Farbstoff, mit dem man dies und das und jenes einfärben kann, Textilien beispielsweise oder Speisen. Im Mittelalter hat man damit das wesentlich teure Safran ersetzt.

Aber nicht nur Textilien und Speisen kann man damit auffälliger gestalten, sondern auch sich selbst. Die Massai beispielsweise verwenden diese Farbe für ihre Bemalungen. Ahmed auch, aber er macht den Kasper und schminkt sich tuntenhaft orange, so als ob er gerade dem Christopher Street Day entsprungen sei. Was macht man nicht alles in der Hoffnung auf ein ordentliches Trinkgeld?

Mango


Das Nächste, was uns gezeigt wird, kennt man dann wieder eher. Es ist eine Mango. Nachdem die glatte, von grün über gelb nach rot variierende, glatte Schale abgeschält ist, kommt das goldgelbe Fruchtfleisch zum Vorschein. Da läuft einem schon von alleine das Wasser im Mund zusammen. Auch von der Mango dürfen wir zum Glück alle wieder kosten – so was von lecker! Was wir heute schon alles in uns reingestopft haben, wenn das man bloß kein Magengrummeln gibt, aber bisher haben wir alles bestens vertragen.

Bei uns kennt man Mango auch, vor allem als Obst, als Saft oder in Eiscreme. Was wir gar nicht wissen, Mango soll auch gut sein für den Darm. In manchen Teilen der Welt wird sogar behauptet, dass Mango Blutungen stoppen, das Herz stärken und sich positiv aufs Gehirn auswirken soll.

Kizimkani


Wir kommen in die kleine Ortschaft Kizimkani, einem Dorf etwa 10 km nordöstlich von Stonetown. Für Klaus ist es wichtig zu betonen, wie tolerant die Dorfbewohner untereinander sind. Hier wohnen nämlich Christen und Moslems einträglich nebeneinander und jeder lässt den Anderen seinen Glauben leben. Ganz hinten sieht man die christliche Kirche und gleich links daneben, das blau-weiße Gebäude ist die Moschee. Wie fortschrittlich. Das wäre doch sicher das Musterdorf für unsere Multi-Kulti-Vertreterin Claudia Roth. Ach wäre sie doch dauerhaft hier. (… aber erst wenn wir weg sind!)

Süßkartoffeln


Ich schau mal auf die Uhr! Es ist Wahnsinn! Wir sind noch nicht mal 30 Minuten „on tour“ und was wir bisher alles schon gesehen haben. Wie lange werden wir noch durch die Botanik stapfen? Ich hab jetzt schon Plattfüße! Warum haben wir eigentlich kein Gefährt, wie die drei Buben, die mit einer Ochsenstärke gerade Süßkartoffel-Kraut nach Hause fahren. „Was machen die mit dem Zeug?“ Auch hier ist Klaus absolut fachkundig. Süßkartoffelkraut kann man nicht essen. Süßkartoffelkraut wird auch im armen Afrika ausschließlich als Viehfutter verwendet.

Wenn man das Kartoffelkraut wegmacht und die Knollen noch einige Zeit ohne Kraut und damit ohne Wachstum im Boden lässt, wir die Schale fester und die Knolle somit besser lagerbar. Ein weiterer wichtiger Nebeneffekt ist, dass sich (wenn das Kraut weggemacht wurde) beim Roden die Stolonen besser von den Knollen trennen. Wieder was gelernt. Da soll noch einer sagen, dass Reisen nicht bildet. Allerdings, würde ich nicht alles auf mein Diktiergerät sprechen, ich glaube, spätestens nach einer Stunde, ach nein, schon wesentlich früher, hätte ich alles wieder vergessen.

Gewürznelken


Gewürznelken haben für Sansibar eine ganz besondere Bedeutung. Mitte des 19. Jahrhunderts war Sansibar die Gewürznelken-Insel schlechthin. Die entzündungshemmende und desinfizierende Wirkung der Gewürznelken kennt man aber schon viel, viel länger. Im Mittelalter beispielsweise trugen Ärzte, um sich bei Epidemien zu schützen, Halsketten aus Gewürznelken.

Der Baum, an dem die Gewürznelken wachsen, ist ganzjährig grün und wird über 10 Meter hoch. Hier in Kizimbani gibt es eine ganze Allee von Gewürznelken-Bäumen. Wenn Sie sich jetzt fragen, warum Gewürz-Nelken genau so heißen wie Blumen-Nelken, dann gibt es auch darauf eine Antwort. Es ist nämlich genau andersrum: Die Blumen-Nelken heißen nämlich so, weil sie ähnlich riechen wie Gewürz-Nelken und Gewürz-Nelken heißen so, weil ihre Knospen wie „Nägelchen“ („Negelkin“) aussehen. Aus dem niederdeutschen „Negelkin“ wurde dann im Lauf der Zeit irgendwann „Nelke“.

Wenn die Bäume 7 oder 8 Jahre alt sind, kann man 50, 60 Jahre lang zweimal ernten. Die Knospen der Nelken muss man von Hand abzupfen, bevor sie aufblühen. Klaus macht das, indem er mit einer einzigen kurzen Handbewegung einfach über die Knospen hinwegstreicht. Ich würde jedes einzelne „Nägelchen“ abzupfen und wohl Tage dazu brauchen. Egal, wie man es macht, erkennt man, dass sich frische Nelken fettig anfassen – und genau das kennzeichnet ihre Qualität. Will man sich die Hände nicht fettig machen (ich denk da jetzt an unsere Damen, die mitstolzieren) kann man sie (die Nelken) auch ins Wasser werfen. Gute Nelken gehen im Wasser unter oder stellen sich zumindest Köpfchen nach oben (sind ja keine Enten!) senkrecht auf. Schlechte Nelken dagegen bleiben waagrecht auf der Wasseroberfläche liegen.

Nach dem Abzupfen werden die Knospen 3 bis 4 Tage getrocknet und sind dann als Gewürz einsatzbereit. Gewürznelken sind appetitanregend und magenschonend, sie fördern Verdauung und Durchblutung, und sie sollen sich sogar positiv auf die Leistung des Gehirns auswirken. Ob das alles so stimmt, kann ich nicht nachprüfen. Was aber hundertprozentig zutrifft, ist die Tatsache, dass Zahnschmerzen radikal zurückgehen, wenn man auf Gewürznelken herumkaut. Manche, die an fortgeschrittener Karies leiden, stecken sich die Nelke auch direkt ins (nee, nicht Knopf-) Loch. Eine Bekannte erzählte mir neulich, dass Nelkenöl auch bei Kleinkindern angewandt wird, wenn diese zahnen.

Ich selbst kenne Gewürznelken eher von anders gelagerten Gaumenfreuden her. Ich sag nur Rotkraut, Lebkuchen oder Glühwein. Die positive Wirkung der Gewürznelken kommt vom sogenannten Eugenol, aus dem sie zu 80 Prozent bestehen. Was Eugenol ist, weiß ich nicht. Ich fand’s nur witzig, weil von meinem Patenonkel Eugen, zumindest als ich noch jung war, auch immer ne positive Wirkung ausging.

 

< Morgen am Indischen Ozean Spicetour >
MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA