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3 Tage in Hamburg – Miniatur Wunderland


Weil beim Modellbahn-Wunderland, zu dem wir heute wollen, laut Internet immer alles komplett ausgebucht ist und die Schlangen Tag für Tag „kilometerweit“ anstehen, haben wir uns von zu Hause aus schon einen recht frühen Termin reservieren lassen. Nicht zuletzt deswegen, weil wir der Meinung sind, dass (insbesondere im Urlaub) immer alle ausschlafen wollen, und wir so vielleicht ein kleines bisschen Luft haben.

Frühstück im IBIS


Jedenfalls sitzen wir (nach einer kurzen Nacht) morgens um halb sieben schon wieder beim Frühstück. Was aufgetischt wird, brauche ich nicht zu beschreiben. Dafür sprechen die Bilder. Ich kann nur sagen, super lecker und vor allem vielfältig. Wer da nichts findet, dem … Na ja. Wir jedenfalls sind mit diesem Frühstück voll auf unsere Kosten gekommen.

Im IBIS gibt´s das Frühstücksbüffet immer von 6:30 Uhr bis 10 Uhr. Um diese frühe Zeit ist noch kaum jemand auf und so gibt´s auch keinerlei Gedränge. Übrigens, wer denkt, 6:30 Uhr, das ist schlecht, da muss ich ja schon am Flughafen sein, für den gibt´s natürlich auch schon eher ein Frühstück, dann eben nicht vom Büffet, sondern in dem Fall bekommt man eben ein fertiges Frühstück gereicht. Aber verhungern muss im IBIS niemand. Ich jedenfalls war von dem Service restlos begeistert.

Vom Hotel zu den Landungsbrücken


Für 7:45 Uhr hatten wir unser Shuttle bestellt, aber bereits um 7:42 Uhr waren alle da. Unser Fahrer schmunzelnd dazu: „Das liebe ich an den Deutschen, immer pünktlich!“ Aber genau das hat sich ausgezahlt. Einschließlich Fahrt, mit dem Aufzug zur S-Bahn-Ebene runterfahren und Fahrkarten kaufen erreichen wir (aber so was von punktgenau) die 7:50 Uhr S-Bahn Richtung Landungsbrücken. Um diese Zeit, samstags, fahren nur sehr wenige Menschen mit. Ich schmunzle über die Sprüche in der Bahn,welche die Fahrgäste zu ordentlichem Verhalten animieren sollen, beispielsweise: „Alle Taschen haben´s bequem, nur Marleen, die muss steh’n.“ o. ä.

Von den Landungsbrücken zum Miniatur-Wunderland


Gegen 8:20 Uhr kommen wir an den Landungsbrücken an. Trotz schlechtem Wetter wollen wir die wenigen Meter bis in die Speicherstadt zu Fuß gehen. Wegen Baustellen unten auf der Straße müssen wir teilweise (ohne Fahrkarte!) auch über U-Bahn-Bahnhöfe gehen, die hier am Elbufer hochgeständert sind.

Miniatur-Wunderland


Kurz vor neun sind wir dann am Kaispeicher mit seinen tausendmal fotografierten Wendeltreppen und wenig später dann auch schon vorm Miniatur-Wunderland. Wunderland? Ich wunder mich, dass da gar keine Schlange vor ist, wie so oft im Internet beschrieben. Also gehen wir schnurstracks in den dritten Stock (man kann auch einen Fahrstuhl nehmen) und dort unmittelbar zu den Kassen. Obwohl keine anderen Kunden anstehen, will die Kassiererin dennoch meine Vorreservierung sehen.

Im Wunderland kommt man zunächst mal in eine Art völlig überladenen Modellbahnladen mit unzähligen Sonderangeboten, allerdings nur in HO. Hier bilden sich auch bei wenigen Besuchern Staus. Der erste Eindruck ist also nicht so toll. Dann geht´s rechter Hand an einer Art mensa-ähnlichem Speisesaal vorbei. Von Eisenbahn ist also zunächst mal nichts zu sehen. Am Gang nach der Kantine dann auf der linken Seite Glas-Vitrinen mit Feuerwehrfahrzeugen und Fahrzeugen vom THW.

Miniatur-Wunderland – Schweiz


Dann endlich geht Eisenbahn los. Links und vor mir ein gewaltiges Stück Schweiz. Weil mir andere Besucher die Sicht versperren, geh ich einfach rechts weiter über eine verschlungene, durch das Gebirgsmassiv hindurch führende Metalltreppe in den vierten Stock. Von dort aus kann man von einer Art Empore runter blicken auf die kleine Schweiz.

Wir stehen jetzt geschätzt etwa 3 Meter über der Anlage. Irgendwo dort unten ist das Tal. Vor uns das Matterhorn. Wollen wir den Gipfel sehen, müssen wir den Kopf in den Nacken legen und weitere 3 Meter nach oben sehen. Das Bergmassiv ist schon gewaltig und größer als alle Bergmassive, die ich jemals auf einer Modellbahn gesehen hab´. Und doch ist es, (selbst für diese gigantische Anlage) nur ein „Maulwurfshügel. Tatsächlich müsste das Matterhorn, das in echt 4478m hoch ist, wollte man es maßstäblich darstellen, auf der Anlage auch schon über 50 Meter hoch sein. Das geht natürlich nicht.

Obwohl die Anlage gigantisch ist, bin ich noch nicht in der Schweiz angekommen. Ich mach eben meine Fotos und geh mehr oder weniger schnell dran vorbei. Da gibt es auch noch ein Zement- und Betonwerk, bei dem vom Schaufelradbagger bis zur Verladung die ganze Produktion dargestellt ist, und dort eine mittelalterliche Burg mit einem Ritterturnier. Alles größer zwar als bei den Anlagen, die ich bisher kannte, aber eben auch nur Modellbahnanlagen.

Weil ich nicht weiß, was alles noch auf mich zukommen wird (ich hab vergessen, einen Miniatur-Wunderland-Plan mitzunehmen), geh ich noch mal runter Richtung Eingang. Doch so weit komm´ ich gar nicht. In den „unteren Regionen“ der Schweiz, dem im 3. Stock nachgebildeten „Tessin“, bleib ich hängen. Dort ist ein DJ Bobo-Konzert dargestellt. So etwas habe ich auf einer Anlage noch nie gesehen. 20 000 Menschen vor einer Bühne. Ich übertreib´ jetzt nicht!

Es sollen tatsächlich 20 000 Figuren hier verbaut worden sein. Da klebst du ja ewig. Und alle Figuren stehen tatsächlich so da, wie man sich das johlende Publikum bei einem DJ-Bobo-Konzert vorstellt. Campingplatz, Getränkekioske und Wurstbuden fehlen ebensowenig wie die Dixie-Klos, an die ich persönlich auf einer Modellbahn gar nicht gedacht hätte. Auch die Bühne ist gigantisch, die Kulisse. Ich glaub sogar, ich kann unter den sich bewegenden Figuren auf der Bühne sogar Peter René Baumann selbst erkennen. Da bleibt man dann schon mal länger stehen. Das ist dermaßen gewaltig, dass man sich gar nicht sattsehen kann.

Eine besonders gag-reiche Angelegenheit, die mich besonders beeindruckt, kann man nicht unmittelbar sehen, die muss man dann schon auf der Homepage des Miniatur-Wunderlandes nachlesen: Die Betreiber des Wunderlandes kamen im Januar 2007 nämlich auf die Idee, über Ebay im „Tessin“ Bauland zu verkaufen. Die „Blauplätze“ waren etwa 20 cm x 20 cm bis 30 x 30 cm groß. Wer hat nicht schon immer von einem Häuschen im Tessin geträumt? Für 5 Ebayer wurde der Traum Wirklichkeit. Und das Beste dabei, die Idee brachte Organisationen wie „Ein Herz für Kinder“ oder „SOS-Kinderdörfer“ insgesamt fast 30.000 € ein. Die Besitzer können „ihr Haus“ quasi nach Belieben umbauen und natürlich können sie (sie sind ja Besitzer) auch jederzeit dorthin (natürlich nur während der MiWaLu-Öffnungszeiten).

Gegenüber der Schweiz, im vierten Stock liegt der erst im Mai 2011 eröffnete Airport Knuffingen. Vor dem haut´s dir die Batzelaugen völlig raus.

Miniatur-Wunderland – Airport Knuffingen


Sechs Jahre haben sie dafür gebraucht. Im Frühjahr diesen Jahres (2011) wurde der Flughafen eröffnet. Wenn man das nicht selbst sehen würde, würde man es nicht glauben. Flughafenvorfeld, Terminals, Flughafenfeuerwehr, und , und, und … Nicht einfach nur so hingestellt, nein, die Flugzeuge kommen vom Terminal und rollen über das Vorfeld zur Startbahn. Die Triebwerke heulen auf, die Maschine beschleunigt und … man glaubt es nicht, wenn man es nicht selbst sieht … hebt ab, bis sie dann (wie in Reinhard Meys Lied) im Wolkengrau verschwindet. Nicht nur einfach so und nicht nur ein Flugzeug immer wieder. Nein! Die startenden und landenden Flugzeuge wechseln. Genau wie im richtigen Flughafen. Starts und Landungen werden an Anzeigentafeln über der Anlage angezeigt und ständig aktualisiert. Auch die heute (27.8.2011) wegen des Hurrikans „Irene“ gecancelten Flüge nach New York.

Vor dem Anlagenteil kannst du Tage, nein Wochen verbringen. Ich denke, dass es Vergleichbares nirgendwo mehr gibt auf der Welt. Kein Mensch hat jemals zuvor einen derartigen Feuerwehreinsatz anlässlich einer bevorstehenden Notlandung gesehen. Dabei sind, schätz´ ich mal, rund 50 unabhängig voneinander betriebene Fahrzeuge im Einsatz; alle mit Blaulicht, Warnblinkleuchten und, und, und. Da bekommen Männer feuchte Augen und Frauen stehen mit offenem Mund da.

Miniatur-Wunderland – Harz


Im Gegensatz zum Flughafen, der unnachbaubar ist, kommen wir im Harz-Teil, einem der ersten Bauabschnitte des Wunderlandes überhaupt, zwar immer noch in „größenwahnsinnige“, aber immerhin doch modellbahn-realistischere Dimensionen. Hier im „Harz“ ist so ziemlich alles vertreten, was man mit Deutschland so in Verbindung bringen kann. Trotzdem wird alles dominiert von einer bestimmt 10 m langen ICE-Trasse, welche das ganze Harz-Modul überspannt. So was kann man zu Hause natürlich auch nicht bauen.

Besonders auffallend am Harz-Modul ist gleich vorne, zum Hauptgang hin, das etwa 80 cm hohe Hermannsdenkmal und die darunter liegende Freilichtbühne, wo gerade Romeo und Julia gegeben wird. Viel interessanter aber, weil einfach mehr Aktion ist, ist auf dem rechten Anlagenteil der Rummelplatz oder die Kirmes, wie man auch sagen könnte, mit einem großen Riesenrad, einem Free-Fall Tower und allerlei anderen Fahrgeschäften, die natürlich allesamt funktionieren und teilweise auch von den Besuchern per Knopfdruck aktiviert werden können. Susanne ist ganz fasziniert: „Es sind zwar viele Leute um dich rum, aber wenn du dein Teilstück hast, dann siehst du das nur noch für dich selber und dann macht´s dann auch nichts, dass da andere Leute sind. Du siehst nur vor dich hin und siehst die Details. Alles andere ist dann wurscht.“

Das Ufo, das auf einem Sonnenblumenfeld landet, ist dann vielleicht eher was für Kinderaugen, für die das Miniatur-Wunderland schließlich auch sein soll, nicht nur für uns Alte. Na ja!

Miniatur-Wunderland – Die Verrückten haben an alles gedacht


Was hier an Fotos geschossen wird, du glaubst es nicht. Blitz, Blitz, Blitz … Aber das ist ja so gewollt. Fotografieren ist sogar ausdrücklich erwünscht. Und die Typen, Technik-Verrückte durch und durch, haben an alles gedacht, was technisch lösbar erscheint. Kennst du das Gefühl, das dich überkommt, wenn du fotografieren willst und plötzlich die Speicherkarte voll ist oder der Akku alle? Kein Problem! Dafür gibts im Miniatur-Wunderland Schließfächer mit Ladegeräten für alle gängigen Akkusysteme. Und wenn du die Zeit nicht aufbringen willst (das MiWuLa hat ja „auch nur“ bis 23:00 Uhr auf), dann kannst Du unten im Laden nen neuen Akku kaufen und ne Speicherkarte gleich mit dazu. Einen derartigen Service hätte ich vor zwei Jahren in der Serengeti haben sollen. Da wär ich nicht immer so auf auf Kohlen gesessen.

Unser Akku ist jetzt auch schon recht leer. Du kannst das alles gar nicht erfassen. Ich muss mich jetzt irgendwo hinhocken, ein bisschen ausruhen und irgendwas essen (vielleicht noch bevor der große Run kommt). Die Kantine ist direkt unter uns, nur die Treppe runter. Das Miniatur-Wunderland ist so aufgebaut, dass man in Null-Komma-Nichts überall sein kann. Ja, wenn man nicht abgelenkt wird. Was ist denn das?

Miniatur-Wunderland – Das Herz der ganzen Anlage


An mehr als 2 Dutzend Monitoren sitzen die Kontrolleure. So viel Technik ist mir fast schon zu viel. Aber damit das alles rund läuft, muss das wohl so sein.

Miniatur-Wunderland – Restauration


Jetzt aber runter, der Kohldampf lockt. Wie gesagt, die „Bahnhofskantine“ erinnert einen an eine Art Mensa, aber sie ist ausreichend und zweckmäßig. Wir entscheiden uns für Bratfisch und den typischen norddeutschen majonaise-überschwemmten Kartoffelsalat mit zusätzlich auch noch gekochten Eiern drin. Das sind bestimmt 8000 Kalorien und das auf einem einzigen Teller. Aber es schmeckt super lecker, passt genau hierher und ist so was von preisgünstig, dass nachher sicher noch Geld übrig bleibt für ein Souvenir aus dem „Kaufmannsladen“ oder für den Bildband, der hier zur Ansicht überall rumliegt.

Die ganze Kantine ist Nichtraucherbereich, aber für die „Süchtigen“ haben sie Richtung Eingang hin, einen separaten abgeschlossenen Raucherbereich geschaffen. Das wundert mich eigentlich, dacht ich doch, dass Rauchen im öffentlichen Raum gar nicht mehr zugelassen ist. Aber sollen sie ihrer Sucht fröhnen, hier in der Kantine bekommt man geruchsmäßig davon gar nichts mit.

Der Bildband, den es für 19,90 € zu kaufen gibt und der als Handmuster überall in der Kantine rumliegt, ist zwar sehr, sehr umfangreich, spricht mich als Modellbahner mit seinen quietschbunten Bildern aber nicht an. Die Illusion, die beim Betrachten der realen Anlage ´rüberkommt, kann durch die Aufnahmen im Buch nicht ansatzweise wiedergegeben werden. Ich kann den Kauf des Buches daher nicht empfehlen. Die Hamburger sind sicher herausragende Modellbahn-Bauer, aber für einen guten Modellbahn-Fotografen hat dann wohl das Geld gefehlt. Mensch, was man aus eurer Anlage fotografisch machen könnte, und dann dieses Buch! Modellbahnen zu fotografieren, ist nämlich eine Kunst für sich. Da hätten sich die „Knipser“ vielleicht hier orientieren sollen.

Miniatur-Wunderland – Toilettenabenteuer


Bevor wir wieder ins Gelände gehen, d.h. in den vierten Stock hoch, muss ich noch kurz „für kleine Königstiger“. Hier im Miniatur-Wunderland wird Pinkeln echt zum Erlebnis, denn im Herrenklo sind oberhalb der Urinale in Augenhöhe Mini-Dioramen eingelassen. Da gibt es so viel zu gucken, dass sich auch die Eiligsten unter uns sehr viel Zeit lassen für´s Geschäft. Das hat einen riesen Vorteil: So geht der berühmte „letzte Tropfen“ schließlich auch noch ins Urinal und nicht – wie in einem Spottvers beschrieben – in die Hose.

Miniatur-Wunderland – Amerika-Teil


Hier hatte ich eigentlich New York mit Hochhäusern wie dem Empire State Building erwartet (im Modell immerhin 4,38 m hoch), die Golde Gate Bridge oder die Hollywood Hills. Doch nichts von alledem. Statt dessen sieht man ein für meine Erwartungen sehr sehr kleines Amerika mit einem angedeuteten „Las Vegas“, einer „Area 51“, einem Mini-Cap-Canaveral, einem „Sea World“, einem Pueblo-Indianer-Dorf, einem „Grand Canyon“ und einem sehr versteckten „Mount Rushmore“.

Vielleicht sollte man zur Ehrenrettung der Modellbauer sagen, dass dieser Part der Ausstellung bereits 2003 fertiggestellt wurde und inzwischen die Ansprüche eben gestiegen sind. Vor allem wenn man vorhin den 2007 fertiggestellten Schweiz-Teil und erst recht den 2011 vollendeten Flughafen gesehen hat, da wirken die Modell-USA echt spielzeughaft.

Sicher wurden in „Las Vegas“ Abertausende Lämpchen und LEDs verbaut und die Ansteuerung ist sicher auch wahnsinnig, aber ich bin eben mehr der Mensch fürs Landschaftliche.

Und so sind die roten Felsen des Grand Canyon das, was mich eher fasziniert. Aber auch hier mächtige Abstriche: Das Doppeldeckerflugzeug, das die halbe Canyon-Breite einnimmt und eine einbogige Brücke über einen in echt durchschnittlich 16 km breiten Canyon rauben jede Illusion. Selbst wenn man die schmalste Stelle des Canyons, den 180 Meter breiten Marble Canyon zugrunde legen würde, könnte man dort locker zwei Airbus A 380 oder drei Boing 747-300 nebeneinander unterbringen und nicht ein popeliges Doppeldecker-Flugzeug.

Cap Canaveral, Area 51 und das Pueblo mit dem qietschbunten Totempfahl davor sind ebenfalls nicht mein Ding. Dann schon eher das Seaworld Aquarium bzw. Walarium, dessen Becken aber auch viel zu klein sind. Auch wenn ich gut gehaltene Delfinarien befürworte, muss ich bei den kleinen Planschbecken hier auf jeden Fall auch demonstrieren.

Angesichts dieser Unzulänglichkeiten, die heute absolut nicht mehr dem Miniatur-Wunderland-Standard entsprechen, würde ich die „USA“ als Historic- oder Anfangspart deutlich kennzeichnen oder sogar komplett überarbeiten.

Miniatur-Wunderland – Flughafen Knuffingen


Nach dieser (tut mir echt leid, liebe Modellbauer) doch relativen Enttäuschung in den „USA“, geh (flieg ich) ich lieber noch mal zurück zum alles überragenden Flughafen. In Knuffingen ist es inzwischen Nacht geworden (im Miniatur-Wunderland wird es 3 oder 4 mal pro Stunde Nacht). Bei Nacht ist der Flughafen mindestens ebenso gewaltig wie am Tag. Ununterbrochen starten und landen Flugzeuge, wobei in der Nacht deren Positionslampen und die Startbahnbeleuchtung noch imposanter wirken als am Tag. Für mich ist dieser Teil der Anlage immer noch das Gewaltigste, was man modellbau-technisch jemals gesehen hat. Allein deswegen ist das Miniatur-Wunderland für mich die Adresse in Hamburg, wo man unbedingt gewesen sein muss. Während ich die Taxistände vor der Ankunftshalle betrachte, frage ich mich, ob Knuffigens Taxifahrer uns auch im Regen stehen lassen würden, wie ihre 87 mal größeren „Kollegen“ gestern am Hamburger Airport?

Skandinavien haben wir noch nicht gesehen und Hamburg. Vorm Flughafen und bei Knuffingen ist es aber inzwischen so voll geworden, dass man nur noch schwerlich durchkommt. So wählen wir den Weg über die „Schweiz“, runter in den 3. Stock, an der Kantine vorbei und neben den „USA“ wieder hoch.

Miniatur-Wunderland – Skandinavien


Skandinavien ist riesengroß und mit 300 m² wahrscheinlich der größte Einzelbereich im ganzen Miniatur-Wunderland. Hier haben sich die Modellbauer etwas „Oberwahnsinniges“ einfallen lassen und auch realisiert. Ein 80 m² großes Echtwasser-Meer, mit einer weltweit wohl einmaligen Simulation der Gezeiten. 4 Zentimeter (entsprechend 3,5 m) beträgt der Tidenhub. 10 mal pro Stunde ist Flut. Etwa 20 Schiffe befahren das „Skandinavische Meer“. Manche legen an Kaimauern an und andere fahren durch Schleusen – und das alles bei sich ständig veränderndem Wasserstand. Über eine Meerenge führt eine gigantische (fällt euch auf, dass mir kein anderes Wort mehr einfällt, als „gigantisch“) Hängebrücke, geschätzt 8 Meter lang – mit Eisenbahn- und Autobetrieb! Die Hängebrücke wird gehalten von mindestens hundert Hängeseilen. Wie die das gemacht haben, dass die Brücke nicht schaukelt (oder schaukelt sie doch?) ist mir ein Rätsel. Wie kann man da sicherstellen, dass die Züge nicht entgleisen? Wie haben die dort die Steuerung für de Autos untergebracht? Wie können die sicherstellen, dass bei dem ganzen Wasserzeug die Fahrzeuge nicht anrosten?

Sicher, aus rein wasser-technischer Sicht, kann man „Skandinavien“ schwerlich toppen und wahrscheinlich wurde derartiges noch niemals zuvor auf einer Anlage realisiert, dennoch, die Illusion, in „Skandinavien“ zu sein, kommt hier nicht auf. Ich bin einfach irgendwo in Hamburg im 4. Stock eines Lagerhauses und sehe mir eine riesige Badewanne an. Im Vergleich dazu war ich in der „Schweiz“ tatsächlich auf dem DJ-Bobo-Konzert, in „Deutschland“ unterm Hermanns-Denkmal und auf der Kirmes und auf dem „Flughafen Knuffingen“ von Fernweh übermannt fast schon wieder in Afrika.

Hier in Skandinavien hat man versucht, auf Teufel komm raus das technisch Machbare zu realisieren und man hat es auch umgesetzt, dabei hat man aber wohl vergessen, dass beim Modellbau nicht alles „vorgekaut“ werden muss, sondern dass auch die Fantasie des Betrachters angeregt werden sollte. Das ist beispielsweise den Modellbaukollegen im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern sehr gut gelungen, die 1959 (also fast 50 Jahre vorher!) die Gotthard-Nordrampe realisiert haben (technisch bei weitem nicht so perfekt wie das die Hamburger betreiben, aber mit viel viel „Futter für die Sinne“). Für mich, neben den Anlagen von Bernhard Stein nach wie vor eine der besten Modellbahnanlagen überhaupt.

Im nördlichen Skandinavien, also im Dauerfrost-Gebiet kurz vor den Polarlichtern, sind die Hamburger Modellbauer dann gänzlich „übergeschnappt“. Hier, in einem Land, das über und über mit Schnee bedeckt ist, stehen befrackte Pinguine am Bahnsteig (Wenn ihr das gelesen hättet, wäre euch der Fauxpas Pinguine am Nordpol sicher nicht passiert), fliegen Elfen umher und treibt das Geisterschiff „Jolly Roger“ am Rande des Abgrunds.

Miniatur-Wunderland – Hamburg


Klar, dass die Hamburger Modellbauer ihrer eigenen Stadt ganz besonders Augenmerk geschenkt haben. 200 m² ist Hamburg groß und damit deutlich größer als Amerika. Auch mit Menschen hat man nicht gespart: 50000 Hamburger sollen hier leben. Dass Köhlandbrücke, Hagenbecks Tierpark und das Hamburger Wahrzeichen schlechthin, der Michel nachgebildet sind, versteht sich von selbst.

Mich aber fasziniert am meisten das Stadion. Ob das nun wie früher HSH Nordbank Arena oder wie neuerdings Imtech Arena heißt, ist mir dabei herzlich egal, ebenso egal ist mir, dass das gigantische Stadion gar nicht maßstäblich ist (es ist mit 1:150 nämlich fast N-Maßstab) und auch nur 12500 Zuschauer fasst. Dennoch, im Gegensatz zu den „USA“ stimmen hier die Proportionen. Seit Anbeginn spielt hier der HSV gegen seinen Lokalrivalen St. Pauli und noch nie hat St. Pauli gewonnen.

Ein weiteres Highlight sind die Landungsbrücken mit dem Shuttleboot zum König der Löwen davor und der Speicherstadt rechts dahinter. Hier haben die Modellbauer ein weiteres Mal gezeigt, dass Sie „total verrückt sind“. Was ist in der Speicherstadt außer Lagern für Tabak, Kaffee, Kakao, Tee, Rum, Trockenfrüchten, Nüssen, Gewürzen, Teppichen usw. noch zuhause? Richtig! Das Miniatur-Wunderland. Und was gibt´s im Miniatur-Wunderland? Modellbahnen. Und so fährt im 4 Stock einer der nachgebildeten Speicherstadthäuser tatsächlich eine Modellbahn – im Maßstab 1:900.

Miniatur-Wunderland – Zusammenfassung


Drei Stunden waren wir im Miniatur-Wunderland. Sicher kann man hier auch noch viel, viel länger bleiben. Aber es ist nicht die Masse, die einen Besuch ausmacht. Irgendwann ist man einfach nicht mehr aufnahmebereit. Das Miniatur-Wunderland aber ist für Hamburg-Besucher ein absolutes Muss. Die Anlage weckt Emotionen und das Tolle daran ist, man kann einen Knopf drücken und dann tut sich was. Da kommt dann plötzlich irgendwoher ein Gabelstapler rausgefahren. Was mich auch fasziniert, sind die Autos, die je nach Situation, beispielsweise vorm Abbiegen blinken. Fahren sie geradeaus, blinken sie nicht. Da sind keine starren Abläufe programmiert, sondern die Situation ist jedes Mal anders. Witzig sind auch die kleinen Schmankerl, die man beim ersten Mal vielleicht gar nicht entdeckt: Der Pornofilm beispielsweise, der in einem Hamburger Dachstudio gedreht wird, und dessen Akteure man nur sieht, wenn im restlichen Hamburg das Licht ausgeht, oder das Känguru mit dem Weihnachtsbaum oder das Liebespaar im Sonnenblumenfeld, oder, oder, oder… Kommen Sie doch einfach mal selbst hierher und suchen Sie sich Ihr persönliches Highlight.

Um 12:00 Uhr sind wir dann wieder raus aus der größten Modelleisenbahnausstellung der Welt. Mehr kann man einfach nicht mehr erfassen! Aber der Flughafen Knuffingen, von dem werde ich wohl noch jahrelang erzählen.


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3 TAGE IN HAMBURG
REISEBERICHTE AUS DEUTSCHLAND

3 Reaktionen zu “3 Tage in Hamburg – Miniatur Wunderland”

  1. Susanne

    Dass ein Miniaturland so riesig sein kann, hätte ich nicht geglaubt, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte …

    Wieder ein toller Teilbericht, Rüdiger :o))

  2. Susanne

    Ich glaube, du hast mit den Einblicken ins Miniatur-Wunderland bestimmt den einen oder die andere sehr neugierig gemacht. Und nach dem Besuch der Speicherstadt in der Deichstraße 41 unbedingt eine leckere Waffel mit Kirschen essen …

  3. Marga Gadermann

    Auch ich war vor 14 Tagen im Miniatur-Wunderland.
    Du hast wiedermal sehr gut von deinen Eindrücken berichtet, Danke.