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Teneriffa – Mittwoch, 27. August 2014

Die Wende


Nachdem sich an den ersten vier Tagen in Teneriffa die Highlights von Tag zu Tag übertrafen, scheint sich jetzt – es kann ja auch gar nicht anders sein – langsam ein Wendepunkt abzuzeichnen. Ich hab hundsmiserabel schlecht geschlafen heute Nacht. Es war bestialisch laut, dazu habe ich an beiden Füßen irre Sonnenbrand. Wer denkt denn bei einer Bootstour, bei der man von Kopf bis (ne, eben nicht Fuß) voll bekleidet ist und sogar noch ein Käppi trägt, dass er seine Fußrücken mit Sonnencreme behandeln sollte, wenn die Schuhe am Bootssteg „parken“? Ich nicht, und jetzt habe ich den Salat. Beim nächsten Mal weiß ich’s dann.

Ich bin hundsmüde, unausgeschlafen und dann hab´ich für heute die Wahnsinns-Tour „einmal rund um die Insel“ geplant. Ob das was wird? Laut Plan dürfte die Fahrt nämlich ganz schön lange dauern und heute Abend erst sehr spät zu Ende sein. Trotz kaputter Füße und einer miserablen Laune pack ich´s an.

Las Vegas


An der Rezeption, man wundert sich, dass ich schon wieder vor 7:00 Uhr aus dem Haus gehe, erzähle ich, was ich heute vorhabe. Ich will die Insel umrunden und (das finde ich das oberwitzig!) mit Leo und Finn zunächst nach Las Vegas. „Oh, oh, oh! Gehen Sie da nicht hin, das ist viel zu gefährlich!“ Die Frau am Tresen kann einem Mut machen. Aber wir sind ja zu dritt.

Gegen ¾ Acht, es wird gerade hell, die Straßenlampen brennen aber noch, erreichen wir die „Stadt der Spieler“. Das kanarische Las Vegas ist ein auf etwa 660 m Meereshöhe liegender kleiner Weiler innerhalb der Gemeinde Granadilla de Abona. Ich kenne den Grund nicht, aber etliche Bewohner sind in den letzten 50 Jahren abgewandert und viele Häuser stehen leer. Heute sollen dort nur noch etwa 180 Menschen leben. Nun, ich will niemanden besuchen, ich will auch nicht ein leerstehendes Haus übernehmen, ich will nur mit meinen beiden Freunden am Ortsschild eine Aufnahme machen um hinterher stolz sagen zu können, „Wir waren zwar, wie Udo Jürgens, noch niemals in New York, aber wir waren in Las Vegas“ und die Beweisfotos liefern wir mit.

In Las Vegas: Leo und Finn

Am Ortsrand von Las Vegas

Calima oder Bruma Seca


Die sandhaltige Calima verdunkelt die Sonne

Die Sonne ist inzwischen weit überm Horizont, aber über Calle los Abriguitos es ist merkwürdig neblig. So neblig, dass man direkt in die Sonne sehen kann, ohne geblendet zu werden. Es ist grad so, als ob man einen massiven Sonnenschutzfilter vor Augen hätte. Calima oder Bruma Seca wird diese Wetterlage genannt, wenn der Sandwind aus der Sahara an der Ostküste Teneriffas diesen trockenen Nebel verursacht. Das erklärt auch meine jeden Morgen voll zugestaubte Windschutzscheibe.

Man kann mit all dem Sand in der Luft auch nur noch sehr schwer atmen. Da werden mir heute bestimmt noch meine Stimmbänder zerkratzt.

War es auch diese Wetterlage, die Schuld daran ist, dass ich heute Nacht so schlecht geschlafen habe, der eklige Sonnenbrand an den Füßen oder doch eher der Tequila Sunrise? ie Wetterlage war´s sicher nicht, denn Playa las Américas liegt ja hinter den Bergen im Westen. Lag es aber vielleicht an dieser Wetterlage, dass wir letzte Woche Teneriffa Süd von Westen her angeflogen sind, und ich – trotz reserviertem Sitzplatz auf der rechten Seite der Maschine bei der Landung den Teide nicht sehen konnte?

Die Pyramiden von Güimar


Nachdem ich getankt habe (24 Liter für 26 €) fahre ich hoch nach Güimar, wo Thor Heyerdahl 1991 Steinpyramiden gefunden hat, in denen er eine enge Verwandtschaft zu den Pyramiden in Peru und Mexiko sah und sich zeitlebens von diesem Gedanken nicht mehr abbringen ließ. Etliche Einheimische dagegen sehen die „Steinhaufen“ viel nüchterner. Es seien einfach ordentlich aufgeschichtete Steinhaufen ihrer Vorfahren. Keiner weiß also so richtig, was wirklich dahinter steckt. Laut Untersuchungen der Universität La Laguna können die „Steinhaufen“, die Thor Heyerdahl den Guanchen zugeordnet hat, aber gar nicht von diesen sein, da die Guanchen nämlich vor vor 500 oder 600 Jahren hier lebten, die „Steinhaufen“ aber laut den Untersuchungen der Universität aber erst Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden sein sollen. Warum aber sind dann die Steine der Bauwerke irgendwie astronomisch mit der Sommer- und Wintersonnenwende verknüpft? Fragen über Fragen. Eine Antwort erhoffe ich mir vom Besuch des Museumsgeländes.

Im Moment aber, es ist kurz vor neun, sieht das Pyramiden-Gelände sehr, sehr zu aus. Die öffnen erst um halb zehn. Überhaupt scheint in Güimar um diese Zeit der Hund noch komplett begraben zu sein. Kein Mensch unterwegs, niemand! Es gibt auch kein Café und auch keinen Laden, wo man vielleicht frühstücken könnte, Nichts, niente!

Gelangweilt schlendere ich durch die Straßen und fotografiere unbekannte Pflanzen, die hier teils wild wachsen, teils angepflanzt wurden.

Unbekannte Pflanze

Goldkugelkaktus (Echinocactus grusonii)

Die Zeit will und will nicht vergehen. Ich hoffe nur, dass sich das Warten auch lohnt. Wäre echt „Bäh!“, wenn dem nicht so wäre.

Plan des Geländes der Pyramiden von Güimar

Oberhalb des Eingangs ist ein Plan der ca. 6,5 ha großen Anlage zu sehen. Wenn ich mir den so ansehe, bin ich vom Besuch der Pyramiden irgendwie nicht mehr so überzeugt. Außerdem erzählt mir eine Familie aus Waiblingen eben, dass die Hälfte der Anlage ohnehin nur ein „Apotheker-Garten“ sei und man auch nicht einfach so wild in der Gegend rumfotografieren könne, wie ich das wolle. Außerdem müsse man sich einer 1½-stündigen Führung anschließen. Mir reicht aber schon die Führung gestern, wo ich teilweise auch nicht fotografieren durfte. Außerdem hasse ich „Rudel-Veranstaltungen“. Ich will doch nur ein Foto der Pyramiden machen, mehr nicht!

Ich lese mir noch mal meine Vorbereitungen durch. Da haben Guido und Uli in einer Holidaycheck-Bewertung die Pyramides de Güimar gar nicht gut aussehen lassen. Uli sprach gar von „Teurer Irreführung“. Das scheint in Teneriffa überhaupt so ne Sache zu sein. Das Delfinbecken im Loro-Parque wird von manchen als das größte Delfin-Meerwasserbecken in Europa bezeichnet, dabei ist Harderwijk mindestens doppelt so groß, die Klippen von Los Gigantes werden auch als die höchsten Europas bezeichnet, dabei stehen die Cliffs of Moher (Irland) denen sicher nicht nach und jetzt sollen Steine, die im 19. Jahrhundert aufgeschichtet worden sein sollen Guanchen-Pyramiden sein? Ich trau der Sache nicht und beschließe ich ganz spontan (und das, obwohl ich bereits eine dreiviertel Stunde hier rumgetrödelt habe), mir die 1½-stündige Führung zu schenken und die „Pyramidenfotos“ durch ein Loch der Hecke zu schießen, welche die Anlage umgibt.

Weltkulturerbe oder Steinhaufen?

Pyramiden in Güimar

Candelaria


Candelaria ist der wohl bedeutendste Wallfahrtsort der Kanarischen Inseln. Allein schon aus diesem Grund ist der Besuch der Basílica de Nuestra Señora de Candelaria und der davor liegenden Plaza Patrona de Canaria ein Muss, zumal Candelaria ohnehin auf dem Weg liegt, wenn ich nachher Richtung Nordost-Spitze der Insel und zum Anaga-Gebirge weiter möchte. In Candelaria treff ich die Waiblinger Uwe, Heidrun und deren Sohn Andreas wieder, die ich schon vorhin in Güimar traf.

Basílica de Nuestra Señora de Candelaria

In der Basílica de Nuestra Señora de Candelaria

Im Inneren der Basílica de Nuestra Señora de Candelaria ist vor allem die Heiligenfigur interessant. Aber auch hier soll es sich um das Original, sondern lediglich um eine Nachbildung handeln.

Auf der zum Meer hin gewandten Seite der Plaza Patrona de Canaria vor der Kirche entstanden in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts 9 übermannsgroße Bronzestatuen der Guanchen-Könige (Menceyes), welche Teneriffa regierten bis die Spanier im 15. Jahrhundert die ganze Inseln unterwarfen. Von links nach rechts sind dies Acayomo, Adjona, Anatervo, Bencomo, Beneharo, Pelicar, Pelinar, Romen und Tegueste.

Statue des Tegueste

Galerie der Statuen der Guanchen-Könige

Darüber, wo die Guanchen einst herkamen, weiß man so gut wie gar nichts. Manche glauben, sie seien von Nordafrika hergekommen, andere von Südwesteuropa, wofür deren Hellhäutigkeit sprechen würde. Was aber sicher ist, ist die Tatsache, dass die Guanchen wohl bis zur spanischen Eroberung im 15. Jahrhundert offenbar wie die Steinzeitmenschen lebten.

Auf der TF-1 nach Santa Cruz und San Andres


Halb elf. Ich habe noch viel vor heute und so fahre weiter. Bis Santa Cruz geht’s recht zügig über die Autobahn TF-1. Die TF-11 Richtung San Andres führt hernach nur noch an unschönen Hafen- und Industrieanlagen vorbei. Das bringt rein urlaubstechnisch überhaupt nichts. Dazu kommt, dass ich fast noch in einen Unfall verwickelt wurde. Just als ich gerade von einem „flotten“ Spanier überholt werde, wendet vor mir ein gelbes Wohnmobil. Da haben die Reifen aber gequietscht und ich bin heilfroh, dass ich weder mit dem Überholer noch mit den Wohnmobil kollidiert bin. Ich habe keinen Bock mehr! Ich muss von dieser Hektik weg, ich will wieder in die Berge, das gefällt mir wesentlich besser. Aus diesem Grund suche ich dann auch nicht mehr nach dem (doch auch nur künstlich aufgeschütteten) gelben Sandstrand Las Teresitas bei San Andres, sondern fahre die nächste Möglichkeit nehmend gleich in die Berge. (Zu Hause sehe ich dann, dass es zum Strand nur noch etwa 200 m gewesen wäre, aber sei’s drum).


Hinweis: Eine Kommentar-Möglichkeit besteht ganz am Ende des Berichts.


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