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Zum 30. Jahrestag – Unsere Hochzeitsreise nach Thailand


Besuch eines buddhistischen Novizen-Klosters

Dienstag, 28. Dezember 1993


Von Ranong aus setzen wir unsere Reise in Richtung Krabi fort. Die Straßen schlängeln sich durch den dichten Dschungel und bieten atemberaubende Ausblicke auf die umliegende Natur. Nach etwa vier Stunden im Bus machen wir in der Nähe eines Klosters Rast, das angeblich speziell für Novizen eingerichtet ist. In Thailand ist es üblich, dass junge Männer vor allem während der „Khao Phasa“, der buddhistischen Fastenzeit, für eine begrenzte Zeit in ein Kloster gehen. Wie lange, kann jeder selbst festlegen. Bei manchen sind es Wochen, bei anderen Monate und wieder andere entscheiden sich, lebenslang im Kloster zu bleiben.

Das Dasein als Mönch (buat nah fai) beginnt damit, dass Familienmitglieder und Verwandte dem Novizen bei einer Ordinations-Zeremonie ein Büschel Haare abschneiden. Ein Mönch des Klosters vollendet dann die Kopfrasur. Auch die Augenbrauen werden entfernt. Anschließend geht es zum eigentlichen Initiationsritus in die Räumlichkeiten des Tempels, wo die Novizen die vorher auswendig gelernten zehn Regeln für die Zeit im Kloster vortragen müssen. Dazu gehört u.a. dass sie nach 12 nichts mehr essen dürfen. In weichen Betten schlafen sowie singen und tanzen ist tabu, Sex sowieso. Wenn die Neulinge allem zustimmen, legen sie ihre Alltagskleidung ab und tauschen sie gegen die traditionelle orangefarbene Robe der buddhistischen Mönche.


Der Tag im Kloster beginnt dann meist recht früh. Nach dem morgendlichen Bad und „stundenlangem“ Meditieren geht’s gemeinsam in die Stadt, um Almosen und etwas Essen zu erbetteln. Viele thailändische Mönche sind nämlich Bettelmönche, da gehört „Almosensammeln“ zur Pflicht. Als „Gegenleistung“ erhalten die „Wohltäter“ dann deren Segen, was gut sein soll fürs Karma. Zurück im Kloster verläuft der Rest des Tages dann recht unterschiedlich. Manche beschäftigen sich mit dem Buddhismus, andere sollen – ganz weltlich – sogar „Pong“ oder „Tetris“ spielen. Abends ist dann – nach einer gemeinsamen Meditation – alsbaldige Bettruhe angesagt. Man will ja schließlich fit sein für den nächsten Tag, und dann geht’s wieder los mit „Almosensammeln“.

Ist die Zeit, in der man Mönch sein wollte, dann zu Ende, findet eine Abschiedszeremonie (seauk) statt. Dabei wird die Robe wieder abgelegt und die Novizen werden für ihren weiteren Lebensweg gesegnet. Was für die einen eine Zeit des Innehaltens und der Besinnung war, war für andere eine lästige Pflicht. Ich weiß nicht, ob ich mich das trauen würde, Haare ab und Kloster.

Mutprobe


Ich geh zwar nicht ins Kloster und lass auch nicht die Haare und Augenbrauen abrasieren. Aber für das, was ich jetzt vorhabe, brauche ich auch eine gehörige Portion Mut. Da vorne ist ne Hängebrücke und hier ist einer mit einer Mords-Höhenangst. Wenn die Mönchs-Novizen aber einen dermaßen irren Schritt wagen, dann werde ich doch wohl auch fünf Meter auf eine Hängebrücke rausgehen können, jetzt mit meinem positiven Karma. Langsam gehe ich auf die Brücke zu. Das Herz klopft bis zum Hals. Das Hirn, sofern noch intakt, sagt: „Denk positiv, denk positiv!“

Und? Ich glaube es nicht, plötzlich stehe ich mitten auf den Brücke. „Mensch mach schon“, rufe ich Susanne zu, während ich mich an das Seilgeländer klammere und – als ob dort stehen nicht schon genug Herausforderung wäre – den rechten Fuß auch noch freischwebend über den Abgrund halte. „Fertig?“ „Fertig!“ Obwohl mir die Knie schlottern, kann ich einen gewissen Stolz nicht verbergen.

Andere Religionen


Je weiter wir fahren, desto mehr geht das buddhistische Kernland Thailands in den muslimisch geprägten Süden über. Hier stellt der sunnitische Islam eine nicht unbedeutende Minderheit. Im Gegensatz zu den buddhistischen Mönchen, die uns freudig entgegentraten, beäugt die Muslimin die Fremden, die vor ihrem Haus umherlaufen und fotografieren, dann eher mit Vorsicht. Auch ich würde mich wundern, wenn bei mir eine Horde kamerabewaffneter Touristen vor dem Garten stünde.


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