Teneriffa – Freitag, 29. August 2014
Das Frühstück ist das Letzte
Um ¾ acht steh ich auf. Es war wieder brütend heiß und laut. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. So ein letzter Urlaubs-Halb-Tag ist eigentlich immer irgendwie vertane Zeit. Man kann eigentlich nichts mehr machen in den 4 bis 6 Stunden, bis man abgeholt wird. Baden gehen ist blöd, weil man dann nachher nasse Klamotten und Handtücher im Koffer hat, wandern (zumindest so wie gestern) geht auch nicht, weil man dann total durchgeschwitzt ist und wer will im Flieger schon neben ´nem Stinker sitzen?
Nachdem ich den Koffer gepackt habe, gehe ich ein letztes Mal runter zum Frühstücken. Heute schlage ich mal richtig zu, muss vorsorgen, weil es im Flieger (zumindest war’s beim Herflug so) nur sehr spärlich was zu essen gibt und ich (obwohl die Flugzeit mit 4 ½ Stunden relativ kurz ist) erst morgen früh um drei, also in 19 Stunden (!) zu Hause sein werde. Heute nehme ich zwei Spiegeleier, zweimal Speck, zweimal Brot und zweimal Tomatensalat und dazu Orangensaft. Dazu muss man zwar zigmal gehen, weil die Frühstücksteller so extrem klein sind, aber das macht mir heute nichts aus. Das Wasser für meinen „Hawaiian-Tream-Tee“ dagegen ist auch wieder nur mäßig warm, das stört.
Bummel durch Playa Las Americánas
So fertig! Inzwischen ist es neun, in fünf Stunden soll ich unten an der Straße abgeholt werden, stand in einem Fax, das gestern oder vorgestern kam. Bis dahin gehe ich noch zum Strand runter und etwas Richtung Süden. Dort habe ich gestern bei der Fahrt mit dem Bus vom Flughafen zurück zum Hotel eine Buckelwal-Skulptur gesehen. Vielleicht finde ich die.
Um neun ist hier noch gar nichts los. Die Läden haben allesamt noch zu, das Tourist Office auch und am Strand ist ebenfalls nichts los. Absolut Null. Nuller geht‘s gar nicht mehr. Das Leben scheint sich hier mehr nach hinten und in den späten Abend hinein zu verschieben.
Ich trotte so vor mich hin, ein letztes Mal an der Delfin-Skulptur vorbei, am „Central Park“, am „Hotel Sol Tenrife“ und gehe dann links die Av. Santiago Puig hoch. Hier möchte ich nicht wohnen. „Tausende“ parkender Autos. Links auf der Av. Arquitecto Gomez Cuesta müsste es wieder zum Hotel gehen. Dann sehe ich die Skulptur. Sie liegt an der Nordwest-Ecke der Golfanlage „Golf Las Américas“ auf einer Verkehrsinsel.
Inzwischen ist es ¾ zehn. So die Zeit totschlagen ist irgendwie blöd. Da kann mich das Magma Arte & Congress-Centrum, das ein ganz besonderes Bauwerk sein soll, auch nicht mehr so richtig begeistern. Man fotografiert‘s eben, damit die Zeit vergeht.
Vergeblich gewartet. H&H lässt mich sitzen
Inzwischen bin ich wieder im Hotel. In der Halle bei der Rezeption lese ich die Info-Mappen der verschiedenen Reiseanbieter. Das ist ätz-langweilig.
Irgendwie habe ich die 3½ Stunden dann doch noch rumgebracht. Ich verabschiede mich bei der Rezeption und gehe mit anderen Gästen, die heute auch abreisen, hoch zur TF-481, dorthin, wo wir vor einer Woche rausgelassen wurden.
Der Neckermann-Bus kommt, der TUI-Bus auch, und noch ein anderer, wo ich nicht erkennen konnte, zu welcher Gruppe der gehört. Auf dessen Namensliste stand ich aber auch nicht.
Jetzt bin ich allein! 40 Minuten schon, okay, ich war zu früh, steh ich nun schon in der prallen Sonne vorm Hotel.
Dann geh ich runter zur Rezeption und frage, ob jemand nach mir gefragt habe. „Nein!“ Also rufe ich bei OTS-Touristik an. Dort kennt man mich aber nicht. Es gibt keinen „Hengl“ auf der Liste und auch keine Buchungs-Nummer „13107095/1 STRT“.
Nach ner Weile dann ein Rückruf. „Sorry, ich hatte eine falsche Liste. Jetzt habe ich eine, da stehen sie drauf. Aber der Bus ist durch. Sie standen auf der falschen Seite vom Hotel. Wir haben keinen anderen Bus mehr. Sie müssen jetzt schon selbst sehen, wie sie zum Flughafen kommen.“
Ich Volldepp stand also auf der falschen Seite. Die Leute an der Rezeption wussten, wo ich stehe. Dort hat aber keiner nachgefragt. Und warum weichen Abhol- und Ankunfts-Ort voneinander ab? Das ist doch kein Service! Ich bin stinkesauer auf den Veranstalter. Allerdings ist mir der schon vergangene Woche bei der Ankunft am Flughafen durch Unprofessionalität aufgefallen. Alle andern Fluggäste sind abgeholt worden von Vertreten, die mit Schildchen am Flughafen standen, von H&H gab‘s nichts. Ohne die Hilfe der TUI-Vertreterin hätte ich Schalter 25 (die H&H-Vertretung) niemals gefunden. In meinen Reiseunterlagen jedenfalls stand von Schalter 25 nichts.
Dabei war der Schriftverkehr mit H&H-Reisen in Deutschland vorbildlich. In Teneriffa aber wurde alles wieder zunichte gemacht. H&H-Reisen bzw. OTS sind für mich somit gestorben.
Selbst ist der Mann
Ich gehe mitsamt meinem Koffer zur „Las Américas Central Bus Station“ und versuche den nächstmöglichen Bus zum Flughafen zu bekommen. Der soll um 15:00 Uhr gehen. Der Flieger geht um 17:00 Uhr und warten wird er nicht. Ich sitze wie auf Kohlen.
14:45 Uhr in sitze in einem Bus, der zum Flughafen fahren soll. Es ist zwar nicht der, den man mir an der Information sagte (das kenn ich ja schon), aber es ist ein Bus, der zum Flughafen fährt. Die Tür geht zu, das von den vergangenen Nächten bestens bekannte „piep“, „piep“, „piep“ ertönt und der Bus fährt rückwärts aus Parkbucht 4. Ich hoffe nur, dass das alles klappt.
Nein, nicht doch! Nach ner viertel Stunde stehen wir in der Avenida Juan Carlos I vor einem Kreisverkehr im Stau. Okay, nur 3 Minuten. Für mich waren’s aber lange 3 Minuten.
15:05 Nachdem der Bus an „unzähligen“ Haltestellen in Playa de las Américas (oder wo sind wir überhaupt) abgefahren hat, sind wir endlich auf der Autobahn. Noch 13 Kilometer. Dichter, stockender Verkehr. Nein! Das darf doch nicht sein! Er fährt runter! Nee, war nur ne Haltestelle seitlich der Autobahn. Und noch mal eine. Noch 8 Kilometer bis zum Airport. Erneut fährt der Bus von der Autobahn runter. Ich krieg ´nen Zustand.
15:25 endlich kommen wir am Flughafen an.
Einchecken am Flughafen Teneriffa Sud
Die Condor-Schalter zum Einchecken sind schon geöffnet. Ich pack meinen Koffer und meinen Rucksack und stell mich, Personalausweis und Gutschein für den Rückflug in der Hand in die Reihe vor Schalter 63 in der Hoffnung, dass man mich wenigstens dort kennt. Dass H&H bzw. OTS mich am Hotel vergessen hat, ist jetzt schon fast vergessen, ein Passagier vor mir ist nämlich viel schlimmer dran. Als er seinen Koffer auf die Rollband-Waage stellt, tastet er sich ab, wird schneeweiß und stellt fest, dass er gar keinen Rucksack auf hat. Der ist im Bus, mitsamt Geldbeutel, Ausweis und Flugticket. Panisch rennt er, den Koffer nimmt er noch mit, Richtung Bus-Buchten.
Das Einchecken zieht sich. Noch etwa 5 Leute vor mir. Dann endlich, 15:56 Uhr, für mich nach der Pleite mit dem Bus fast schon ein historischer Moment: Ich bekomm Fensterplatz 3A! Ich bin so was von happy. Um 16:45 Uhr ist Boarding. Bis dahin könnte ich eigentlich noch irgendwo was essen gehen, aber in der Halle des Flughafens gibt es nur einen essens-Stand und da stehen „hundert“ Leute davor. Das wird nichts.
Normalerweise hat so ein Flughafen ja ne Besucherterrasse, von wo man aufs Flugfeld sehen kann. So was gibt’s hier leider nicht. Also geh ich noch mal raus ums Flughafengebäude herum, um zu sehen, ob man dort irgendwo was sieht. Leider nichts!
Curry-Wurst-Express
So, das Röntgendingens habe ich jetzt auch hinter mir aber noch immer Hunger wie ein Bär. Hier drin gibt’s aber nur Düfte, Whiskys und Zigaretten. Zu Essen gibt’s leider gar nichts und mir rauchen die Nasenlöcher. Eine Etage tiefer gibt’s Lederhandtaschen aber auch nichts zu essen.
Doch! Curry-Wurst-Express! Und nur 3 Leute vor mir. Das ist klasse, dachte ich, doch inzwischen warte ich bereits 12 Minuten. Die Beine schieben sich allmählich von unten in den Leib. Die Frauen hinterm Tresen wuseln zwar wie Hamster im Laufrad, aber es läuft halt nichts. Panischer Blick auf die Uhr. Bloß jetzt nicht noch den Flieger verpassen! 16:28 Uhr, ich steh noch immer.
Dann bin ich endlich dran. Ich bestelle das Menü mit Currywurst, Pommes und einem Becher Bier. Die Wurst, eben noch ansehnlich auf dem Grill, wird in einem Gerät, das die Wurst eigentlich schneiden sollte, regelrecht zerfranst. Hastig schieb ich das „Mahl“ in mich rein. Das zeigt Wirkung: Muss unbedingt noch zur Toilette. 16:38 Uhr. In 7 Minuten ist Boarding!
Boarding
Geschafft! Rechtzeitig stehe ich um 16:48 Uhr in der Schlange vor Gate 18 und kurze Zeit später fahren wir auch schon mit dem Bus Richtung Flieger. Im Hintergrund nochmal der Montaña Roja, an dem ich gestern nachmittag vorbeigefahren bin.
In den Reihen 2 und 3 hat mal unwahrscheinlich viel Beinfreiheit. Deshalb versteh ich nicht, warum ein Schwabe vor mir sich mit der Stewardess anlegt, dass er zu wenig Platz habe. Er habe extra mehr bezahlt usw., usw. Ruhig bringt sie sie ihn zu einer Reihe weiter hinten. Oberhalb der Tragflächen gibt’s anscheinend Reihen mit noch mehr Beinfreiheit. „Do kann I ned sitze, do wird mir schlecht!“ Oh Gott. Dann wird die Stewardess etwas deutlicher und fragt ihn, ob er für eine Startverschiebung verantwortlich sein will. Murrend hockt sich der Schwabe dann auf 2C.
Rückflug nach München
17:26 Uhr. Der Kapitän begrüßt seine Gäste auf dem Flug „back to Munich“. Die Flugzeit nach München wurde mit 4:15 h berechnet. Starten werden wir auf Startbahn 08 Richtung Osten. Vielleicht kann ich ja dann links den Teide sehen.
17:40 Rollen wir zur Startbahn, beschleunigen auf etwa 300 km/h und 110 Tonnen heben ab, als ob sie nichts wögen. Der Blick aus dem Fenster ist fantastisch.
Unter uns jetzt die Anlagen von Poligono Industrial Granadil und kurz danach eine Windkraftanlage nördlich von Abades sowie die vorgelagerte Halbinsel Punta de Abona, wo man, wenn man ganz genau hinsieht, sogar den Leuchtturm sieht.
Wenn wir in 6 Minuten portugiesisches Festland erreichen sollen, wie der Kapitän sagt, sind wir bei einer Reisegeschwindigkeit von 850 km/h jetzt also noch etwa 85 km (plus/minus) von Portugal entfernt und obwohl wir über 10 km hoch fliegen und die Sonne schon sehr tief steht, können wir unten im Atlantik ganz problemlos einen Frachter erkennen und kurz danach erleben wir eine traumhafte Abendstimmung.
Im Bordkino fängt jetzt „Winters Tale“ mit Colin Farrell an. Ich weiß nicht, wohin ich sehen soll, raus oder auf den Film. Beides ist faszinierend.
Der Film ist zu Ende. Noch 20 Minuten vor München. Es rumpelt etwas und in München soll es regnen. 22:53 Uhr (deutscher Zeit) ist es dann so weit. Die 757-300 landet butterweich am Münchner Airport.
In vier Stunden, leider fahren die Züge zu mir nach Hause nachts nicht häufiger, werde ich die Füße hochlegen und bei einem Weißbier an 8 wundervolle Tage zurückdenken. 8 wundervolle Tage, wie ich sie auf einer „Touristen-Insel“ niemals erwartet hätte. Ich suchte ein Urlaubsziel, das „nur Vorteile bringt, alle Bedürfnisse befriedigt und allen Ansprüchen genügt“, ein Urlaubsziel, wo es warm sein solle und regenfrei, wo es atemberaubende Landschaften genau so geben sollte wie Wale und Delfine, wo es Tierparks zum Fotografieren und Staunen gibt und wo man abends bei Live-Musik sein Feierabend-Bierchen schlürfen kann. In Teneriffa habe ich das alles gefunden. Und noch viel mehr. Da war ich heuer zwar zum ersten aber ganz sicher nicht zum letzten Mal.
< zurück | <<< zum Anfang |
TENERIFFA – INHALTSVERZEICHNIS |
HAUPTGRUPPE BERICHTE |