Homepage / Suche / Gästebuch / Impressum

Teneriffa – Montag, 25. August 2014

Der folgenschwere Irrtum


Um zum Mittagessen zu kommen, wird man erneut von Hunderten von Menschen durch das dunkle Aqua Viva geschoben. Ich krame nach meinem Essensgutschein und stelle fest, dass ich erst um 14:15 Uhr dran bin, also nach der 11:50-Uhr-Discovery-Tour und der 13:45-Uhr-Orca-Show. Oh Mann, ich war offenbar in der falschen Orca-Show und meine eigentliche Discovery-Tour, bei der ich jetzt, genau in diesem Moment sein müsste, finde ich natürlich auch nicht mehr.

Zurück Richtung Eingang


Einigermaßen frustriert und mächtig hungrig trotte ich durch den Parque Richtung Thai-Dorf und Eingang, zumindest versuche ich das. Wieder komme ich bei den Papageien vorbei, bei den Kakadus und bei den fotografierenswerten Blumen, welche mich an die Tempelblütenbäume in Thailand erinnern. Aber wo ich momentan wirklich bin, kann ich auch mithilfe des Plans nicht erkennen. Langsam macht mir der Loro-Parque-Besuch keinen Spaß mehr.

Gelbkopfamazone

Gelbwangenkakadu

Inzwischen ist es mächtig voll geworden im Loro Parque, nicht mal mehr bei den Papageien kann man stehen bleiben, um genauer zu gucken oder eventuell zu fotografieren, schon wird man wieder geschoben oder es bildet sich ein Stau.

Frangipani (Tempelbaum)

Frangipani (Tempelbaum)

Alternative Discovery-Tour


Ich gehe noch mal zur Information und erzähle mein Malheur. Eine deutsch sprechende VIP-Tour-Führerin bietet mir an, dass ich alternativ bei ihrer Discovery-Tour dabei sein könnte. Die startet in 50 Minuten. Das Angebot nehme ich gerne an. In den 50 Minuten bis dahin kann ich allerdings auch kaum weit weg vom Haupteingang, ich find ja nicht mehr zurück und noch mal was verpassen will ich auch nicht.

Rochen

Unbekannter Fisch, vermutlich Wels

Wir besuchen ein Aquarium (ich glaube, da war ich schon mal). Auch hier ist es gerammelt voll. Dazu legt die VIP-Tour-Führerin ein Tempo vor, dass man Mühe hat, ihr zu folgen und sie nicht zu verlieren.

Gorillas


Ehe wir uns versehen, sind wir auch schon bei den Schlafplätzen der Gorillas. Gelbe Absperrungen am Boden hindern uns, näher heranzutreten und da die Gorillas eh draußen in den offenen Gehegen sind, sieht man praktisch gar nichts. Allerdings erfährt man, dass die Gorilla-Gruppe ausschließlich aus solchen Männchen besteht, welche von ihrer Gruppe ab einem gewissen Alter nicht mehr geduldet wurden. Der Loro Parque wagte den Versuch, eine „Junggesellen-WG“ zu gründen, in der die „Verstoßenen“, bis bei irgendeinem Zoo Bedarf besteht, „geparkt“ werden und so quasi einen Genpool für den Rest der Welt darstellten. Fragt ein Zoo an, wird ein passendes Männchen abgegeben, wie beispielsweise Leon, der in Brasilien bereits erfolgreich für Nachwuchs gesorgt haben soll.

Planet Penguin


Unser nächster Anlaufpunkt ist Planet Penguin. Für das heiße Teneriffa sicher eine Sensation. Im Planet Penguin, der wohl größten Pinguin-Kolonie, die jemals in einem Tiergarten beheimatet war, leben rund 250 Königs-, Esels-, Zügel-und Felsenpinguine. Hier wurde mit einem riesigen technischen Aufwand der Lebensraum Antarktis möglichst naturgetreu nachgebildet, einschließlich der Jahreszeiten. Momentan ist es also sehr, sehr dunkel und täglich schneit es hier 12 Tonnen Schnee. Für die Pinguine sicher optimal.

Königspinguine

Planet Penguin – Loro Parque

Nicht so für Besucher und Fotografen, die wie Koffer am Flughafen auf einem Förderband um die Anlage herum „gefahren“ werden. Da passt für mich gar nichts: Erstens hat man auf dem Rollband keinen sicheren Stand, zweitens wird der Blickwinkel erheblich vom Rollband und nicht vom Fotografen bestimmt und drittens ist es hier sehr, sehr dunkel.

Kanarische Sardinen

Am Ende des Planet-Penguin-Gebäudes gibt es ein Gelände für Humboldt-Pinguine sowie einen riesigen dicken Glaszylinder mit über 8 Metern Durchmesser, in dem mehr als 7000 kanarische Sardinen schwimmen sollen. Am Glaszylinder vorbei geht’s in den Keller. Hier erfährt man u. a., wie das Wasser für die Pinguin-Anlage aufbereitet wird. Das muss ein irre Aufwand sein. Die Keime, die es bei uns oder auch in Teneriffa gibt, niemals aber in der Kälte der Antarktis, müssen von den Pinguinen unbedingt ferngehalten werden.

Unter den Orcas


Abschließend geht´s zu den Orcas, d.h. unter die Orcas. Hier kann man den Tieren durch kleine Unterwasserfenster von nahem zuschauen. Allerdings darf man hier auf keinen Fall fotografieren! Das wundert mich sehr, denn es gibt nichts, was ich nicht bereits aus den Delfinarien in Nürnberg, Duisburg und Harderwijk kenne. Wenn man in die Bassins schaut sieht es allenfalls etwas karg aus, zumindest deutlich karger als droben im „auf Show“ ausgelegten Becken.

Da einige von der Tour, wie sie bereits vor derselben ankündigten, um vier zur Delfin- bzw. Papageien-Show wollen, fiel die Tour recht kurz und knackig aus und wir wurden extrem „durchgehechelt“. Zudem hatte ich das Gefühl, dass unsere Tour-Führerin die Tour eher für sich („meine Tiere, meine Schätzchen“) als für die Besucher machte. Und warum wurde ständig betont, dass das vorrangige Anliegen des Loro Parques sei, dass es den Tieren gut geht und dass erhebliche Gelder dafür verwendet werden, zur Erhaltung der Arten beitragen. Muss das in  jedem passenden und unpassenden Moment wiederholt werden? Bei dieser überzogenen, nur in Superlativen gehaltenen Führung, fragt man sich unweigerlich: Stimmt das auch wirklich alles?

Nach der Tour


Nach der Tour bin ich ziemlich fertig und habe kaum mehr Energie, noch den restlichen Park anzusehen. Allzu viel habe ich bisher nicht gesehen: Die Loro-Show nicht und auch nicht die Seelöwen-Show. Dadurch, dass ich heute früh nach der Delfin-Show aus dem Plan herausgefallen bin, wurde mein Tag total zerhackstückt. Ich frage mich: Hätte ich mehr und vor allem das gesehen, was mich wirklich interessiert, wenn ich von vornherein auf die Premium-Tour verzichtet und alles auf eigene Faust angesehen hätte? Und die Antwort lautet: Ich fürchte, ja!

Schwarzer Jaguar

Gefleckter Jaguar

Ich hatte mir tatsächlich mehr erwartet und bin schon etwas gefrustet. Die Fotografiermöglichkeiten gaben lange nicht das her, was ich von anderen Zoos gewohnt bin.

Schimpansen

Gorilla

Entweder sind es die Spiegelungen in den Gehege-Abgrenzungen, die jetzt bei gleißendem Licht besonders heftig sind (Affen, Gorillas, Wasserschweine), die extreme Dunkelheit (Aqua Viva, Planet Penguin) oder aber die unglaublichen Menschenmassen, die kaum einen freien Blick zu den Tieren erlauben. Das erschwert das Fotografieren sehr. Unter den Orcas gab es sogar regelrechtes Fotografier-Verbot, aber nicht so eines „im Scherz“, wie das vorgestern bei der Travelin´ Lady, sondern wirklich Ernst gemeintes. In der Summe bin ich also nicht auf meine Kosten gekommen.

Wasserschwein

Ameisenbär

 

Mein persönliches Fazit


Der Loro-Parque ist und bleibt ein Muss auf Teneriffa, keine Frage. Er ist wunderschön und er zeigt Tiere, die man sonst nicht so leicht und vor allem nicht in einem einzigen Tierpark zusammen sieht (z. B. Ameisenbär, Wasserschwein, Delfin, Orca), andererseits aber sucht man andere Tiere (z. B. Elefanten, Giraffen, Bären, Löwen oder Wölfe) hier vergeblich.

Gepflegter Palmenhain im Loro Parque

Es gibt kaum einen hübscheren, grüneren, gepflegteren, saubereren und durchgestalteten Park als den Loro Parque, was man aber auch leicht als steril empfinden kann. Für Menschen, die noch nie durch den Dschungel gewandert sind, in der Serengeti gezeltet, die Flamingos des Lake Natron gesehen oder in Sansibar in einem Palmenhain gelegen haben, ich der Loro Parque sicher das Highlight schlechthin. Für mich aber ist der Park jedoch ein Vergnügungspark, ein sehr, sehr voller Vergnügungspark. Das kann aber auch gar nicht anders sein, wenn auf einem Areal, das etwa einem Fünftel des Nürnberger Tiergartens entspricht (67 Hektar in Nürnberg gegenüber 13 Hektar in Teneriffa), über den Daumen gepeilt 1,5-bis 2-mal so viele Besucher (nämlich etwa 1,5 bis 2 Million jährlich) durchgeschleust werden sollen.

Riesige Menschenmassen schieben sich durch den Loro Parque

Wenn ich in einen Tierpark gehe, suche ich Ruhe und Entspannung. Im Loro-Parque kann man die frühmorgens noch finden, nach etwa 10:00 Uhr aber leider nicht mehr. Die Menschenmassen schieben dich durch die viel zu engen Wege. Für 1½ bis 2 Millionen Besucher jährlich ist der Park aus meiner Sicht einfach nicht ausgelegt.

Dem Fotografen wird es im Loro Parque auch nicht gerade leichtgemacht. Während die Papageien-Volieren sehr, sehr dunkel sind (man blitzt als Tierfotograf nicht), hat man bei den mit Glasscheiben versehenen Gehegen im gleißenden Mittagslicht erhebliche Schwierigkeiten mit Spiegelungen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich jetzt gestresster rausgehe, als ich heute früh ich rein kam.

Welches die Kriterien der Trip Advisor Travellers‘ Choice 2014 waren, den Loro Parque zum besten Zoo Europas zu wählen, erschließt sich mir daher nicht. Sicher, man sieht viele Tiere, der Park ist auch überaus gepflegt und picobello sauber, aber das Durchschieben der Menschenmassen, das ständige Thai-Musik-Gedudel, die Hektik bei der Premium Tour, die Unübersichtlichkeit der Parks und die verbesserungsfähige Wegebeschilderung, sollten meines Erachtens bei der Beurteilung eines Parks auch mit eine Rolle spielen.

Was allerdings für den Loro-Parque spricht und vieles wieder wett macht, ist dessen weltweite Förderung von Tierschutzprojekten, die jährlich in Millionenhöhe liegt. Ich kenne keinen Tierpark oder Zoo, der dermaßen viel Geld locker machen kann und macht. Dafür gebührt dem Loro-Parque allerhöchste Anerkennung!


Hinweis: Eine Kommentar-Möglichkeit besteht ganz am Ende des Berichts.


< zurück weiter >
TENERIFFA – INHALTSVERZEICHNIS
HAUPTGRUPPE BERICHTE