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Andalusien – 20. August 2018

Austausch des Autos


Es macht überhaupt keinen Sinn, wegen des Autos von hier aus irgendwas zu unternehmen. Wir sprechen kein Spanisch und bis die von Firefly hier vor Ort sind, geht uns ein Tag flöten. Wir entscheiden uns also – vorsichtig – zum Flughafen nach Jerez de la Frontera zu fahren und dort einen anderen Wagen zu verlangen. Immerhin haben wir noch 4 Urlaubstage vor uns und da brauchen wir ein funktionierendes Auto!

Die Fahrt bis zum Flughafen und der Austausch des Wagens klappt reibungslos. Innerhalb einer halben Stunde bekommen wir einen fast neuen Seat Ibiza mit nur 4253 km auf dem Tacho. Die für heute geplante Fahrt nach Sevilla ist also gesichert.

Das feiern wir im ai-Cafe im Flughafen von Jerez de la Frontera erst mal mit einem Frühstück.

Nach dem Frühstück fahren nordwärts Richtung Sevilla. Das dauert – weil wir Mautstraßen ja nicht fahren wollen – etwa 1½ Stunden. Unterwegs sehen wir riesige Blechtafeln des Osborn Stiers

Eigentlich dürften die Werbetafeln – nicht anderes sind die Stiere – in Sichtweite der Autobahnen gar nicht mehr stehen. Das hat man Ende der Achtziger beschlossen. Vielen – vor allem Autonomen – gefiel da nicht und sie klagten. Im Dezember 1997 urteilte der spanische Oberste Gerichtshof, die Osborne-Stiere seien beizubehalten, da sie mittlerweile in die Landschaft integriert seien und daher ein „ästhetisches oder kulturelles Interesse“ bestünde, die Stiere beizubehalten. Heute gibt es rund 80 Blech- Stiere an Spaniens Landstraßen, außer in Katalonien, wo die Separatisten den Stier als Symbolbild der spanischen Zentralisten ablehnen.

Eine ähnlich bekannte Figur wie der Osborn-Stier ist die historische Figur Tío Pepe, die seit 1844 für Sherry wirbt. Ob die mal verboten wurde und ob ihr irgendeine politische Symbolik zugeschrieben wird, weiß ich nicht.

Spaziergang durch Sevilla


Gegen Mittag kommen wir in Sevilla an. Wie vor zwei Jahren schon fahre ich über die A-4 und dann die Av. de la Palmera nach Sevilla rein. Diese Straße führt kerzengerade zum Paseo de Colón-Parking. Da habe ich damals so gute Erfahrungen gemacht, dass ich das heuer wieder nutze.

Gleich mir vor zwei Jahren, hat auch Susanne den Eindruck, dass es scheißheiß ist, nur sie drück sich eben nicht so vulgär aus wie ich.

Wir gehen zu Fuß den „Paseo de Cristóbal Colón“, vorbei an der Stierkampfarena „Plaza de toros de la Real Maestranza de Caballería de Sevilla“, vor der ein Reiterstandbild steht, das – hab ich so bisher noch nie gesehen – auch mal eine Frau zeigt, „María de las Mercedes de Borbón y Orleans“, die Mutter des ehemaligen spanischen Königs Juan Carlos. Ihr Standbild steht wohl hier, weil sie angeblich ein großer Stierkampf-Fan gewesen sein soll.

Über die Straße rüber geht´s weiter zum Torre Del Oro, der direkt am Ufer des Guadalquivir steht. Der Turm ist 700 Jahre alt und wurde seinerzeit von von Abù l-Ulà gebaut. „Goldener Turm“ heißt er deshalb, weil seine Ziegel- im Gegensatz zu den ansonsten verwendeten ziegelroten – auffallend ockerfarben sind.

Der Torre Del Oro beinhaltet das Schiffahrtsmuseum, was mir aber nicht so wichtig ist – genau so wenig wie sein Alter. Viel wichtiger für mich ist, dass man von der Plattform des Turms aus einen fantastischen Blick auf die Kathedrale von Sevilla haben soll. Da zudem montags der Eintritt in den Turm kostenlos ist, lass ich mir die Gelegenheit natürlich nicht nehmen.

Geduldig macht Susanne alles mit, weil ich ihr im Gegenzug versprochen habe, nachher mit ins Aquarium von Sevilla zu gehen, wo es angeblich „Vaquitas“ geben soll.

Auf dem Weg zum Aquarium kommen wir an verschiedenen Gebäuden vorbei, die anlässlich der Iberoamerikaischen Ausstellung, die vom 9. Mai 1929 bis zum 21. Juni 1930 hier stattfand, errichtet wurden und die in der Regel die architektonische Formen der Länder aufweisen, die sie seinerzeit vertraten.

Als erstes treffen wir auf den Pabellón de Guatemala, der erst errichtet wurde, als die Ausstellung schon halb vorbei war. Die Hintergründe für dies Verzögerung interessieren mich aber weniger, sodass ich auch nicht weiter recherchiert habe.

Der Pabellón ist im Wesentlichen ein viereckiger weißer Kasten, dessen Wirkung einzig auf den Fliesen der Fabrik Ramos Rejano de Triana beruht, welche in blau und weiß die Maya-Kultur widerspiegeln. Widerspiegeln, tja, solange die Kacheln noch halten, denn mehr und mehr fallen die Kacheln von den Fassaden ab.

Gleich daneben kommen wir an das Conservatorio de danza Antonio Ruiz Soler, dem Berufskonservatorium für Tanz von Sevilla. Das Konservatorium ist eine der sieben professionellen Tanzhochschulen in Andalusien.

Nun aber zum Gebäude. Das Gebäude war nämlich auch ein Gebäude der Iberoamerikanischen Ausstellung von 1929, nämlich das der Argentinier.

Auf der anderen Straßenseite, also genau gegenüber des Argentinischen Pavillons steht erneut ein Reiterdenkmal, dieses Mal mit einem Mann auf dem Pferd. Es zeigt den südamerikanischen Freiheitskämpfer Simón Bolívar und ist eine Arbeit von Emilio Laíz Campos. Warum ein Mann, der die Unabhängigkeitskriege gegen die spanische Kolonialherrschaft in Südamerika führte, in einer spanischen Stadt auf diese Weise gewürdigt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

Inzwischen sind wir etwa eine Stunde gegangen. Es ist brütend heiß . Da kommt uns die Bar „Kiosco-Bar El Libano“ gerade recht. Cola und Orangensaft zischen nur so und – das hat mich besonders überrascht – die Preise sind extrem zivil.

Nur noch um die Kolumbianische Botschaft rum, dann müsste man das Aquarium sehen. Nein, das Backsteingebäude ist es nicht. Das ist das Gebäude der Capitanía Marítima, wo man aber als Tourist nicht hinkommt.

Aquarium Sevilla


Gegen halb zwei kommen wir schließlich am Aquarium an. Doch bevor wir die Tiere besuchen können, müssen wir uns – hab ich euch schon gesagt, dass es in Sevilla mörder-heiß ist? – in die Cafeteria setzen und war trinken. Und wenn wir schon sitzen, können wir auch gleich eine Kleinigkeit zu Mittag essen.

Frisch gestärkt gehen wir in das moderne Aquarium, das erst vor vier Jahren eröffnet wurde. Der Eintritt kostet für Erwachsene 15€.

Schon nach wenigen Metern im Aquarium erkennt man, dass das Aquarium wohl eines der – zumindest für Zuschauer – schönsten Aquarien ist, die ich bisher gesehen habe. Die Becken sind prächtig gestaltet und für Fotografen eine Wohltat.

Die Besonderheit dieses Aquariums ist, dass man die Tiere nacheinander in der Reihenfolge sieht, wie sie Magelan (https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Magellan) bei seiner Weltumrundung in den Jahren 1519-1522 gesehen haben könnte.

Groß wird mit einem 9 Meter tiefen Hai-Becken geworben, das 2 Millionen Liter Wasser fassen und das tiefste Hai-Becken Spaniens sein soll. Und? Ich bin da skeptisch. Schließlich stimmt das mit dem Schweinswal, von dem hier gesprochen wird? (Zitat: „Besonders viele Kinder drücken sich auch wegen der dort lebenden kleinen Schweinswale ihre Nasen vor Staunen an den Scheiben der Becken platt.“) wie sich herausstellt, ja auch nicht.

Ob das jetzt nun Absicht ist oder ein Missverständnis, das kann ich nicht beurteilen. Schweinswale (Porpoise) jedenfalls gibt es hier nicht, wohl aber einen Fisch, der lateinisch „Serranus Scriba“ und auf Spanisch „Vaquita“ heißt. Ein „Serranus Scriba“ ist aber kein Kalifornischer Schweinswal „Phocoena sinus“, der dummerweise auf Deutsch auch „Vaquita“ heißt.

Um das Aquarium auch für „Digital Natives“ interessant zu machen, also solche Menschen, die im Digitalzeitalter aufgewachsen sind und gar nichts mehr anderes mehr kennen als Bits und Bytes, wird auf Großbildwänden digitalisiert die Reise Magellans gezeigt. Auf diese Weise soll wohl eine Verbindung hergestellt werden, zwischen dem Abenteuer „Magellan“ und dem Abenteuer „Natur“. Na ja, ein netter Versuch, der aber bei mir nicht ankommt.

Neben Fischen, Quallen und anderen im Meer lebenden Getier gibt es im Aquarium auch noch Schildkröten und Echsen. Man will dem Besucher damit einfach zeigen, dass es in Flüssen, Meeren, Ozeanen und drum herum einfach noch mehr gibt als nur Fische.

Plaza Americana


Wenn man, vom klimatisierten Aquarium kommend, zurück geht zur großen Straße (Paseo de la Delicias), ist man zunächst mal erstaunt über die Temperatur-Anzeige bei der Burger-King-Werbung. 41°C! Aber Ähnliches hatte ich hier auch vor zwei Jahren schon. Ich wusste also, worauf ich mich einlasse in der „Bratpfanne Spaniens“. Susanne hält tapfer mit.

Auf der anderen Seite der Straße kommt man automatisch auf den Plaza America, eine Parkanlage mit Teichen, Springbrunnen und fantastischen Gebäuden drum herum. Auch der Platz wurde 1929 anlässlich der iberoamerikanischen Ausstellung angelegt. Im Süden des Platzes befindet sich das Archäologisches Museum „Museo Arqueológico de Sevilla“, im Norden das Museum of Popular Arts and Traditions, Sevilla „Museo de Artes y Costumbres Populares de Sevilla“ und im Osten ein nicht minder attraktives Verwaltunsgebäude, der „Pabellón Real“. Direkt davor steht jeweils links und rechts auf mannshohen Säulen ein „Stein“-Adler.

Während man in Schwaben Greifvögel zur Vergrämung von Stadttauben einsetzt, sind die „Stein“-Adler von Sevilla sind dazu aber wohl nicht in der Lage, und so fallen täglich Hunderte – oder gar Tausende (?) – Tauben über Besucher her, die das auch noch toll finden.

Ein paar Meter nördlich des Plaza America, direkt hinter dem „Museo de Artes y Costumbres Populares de Sevilla“ liegt der „Fuente de los Leones“. Auch er stammt aus der Zeit der iberoamerikanischen Ausstellung, genau aus dem Jahr 1928. 1957 wurde die Löwen aber so stark beschädigt, dass wir heute mit Repliken Vorlieb nehmen müssen.

Im María Luisa Park in Sevilla bekommt man als Fotograf allmählich ´nen Krampf in den Auslösefinger, so viele Motive drängeln sich hier vor die Linse. Keine 100 Meter nördlich des Löwenbrunnens gibt es schon wieder einen Brunnen, der fotografiert werden möchte, der „Fuente de las Ranas“. Mit „Ranas“ konnte ich nun so überhaupt nichts anfangen und so war ich erleichtert, dass „Ranas“ offenbar Frösche sind.

Der „Frosch“-Brunnen ist der älteste Brunnen im María Luisa Park. Das Original stammt aus dem Jahr 1914. Der Brunnen zeigt acht, in einem Kreis um eine Ente herumsitzende Frösche. Da Vandalen auch hier keinen Halt machten ist heute nur noch ein Frosch ein „Über-Hundert-Jähriger“. Alle anderen sind Kopien.

Plaza España


Das größte und bemerkenswerteste Arrangement der iberoamerikanischen Ausstellung ist zweifelsohne der zwischen 1914 und 1928 errichtete Plaza España, neben der Kathedrale für mich das Wahrzeichen Sevillas schlechthin. Geschaffen hat die Anlage Aníbal González – aus Backstein und Keramik.

Um den halbkreisförmigen Platz herum verläuft ein 515 m langer Kanal, den man mit dem Ruderboot befahren kann.

Über den Kanal führen 4 Fußgängerbrücken, die an die 4 alten Königreiche Spaniens erinnern sollen. Über jede der Brücken kommt man zu der überdachten Galerie, die den Platz vom Gebäude trennt, welches diesen halbkreisförmig umgibt. In der Hitze ist kann man nur froh sein über den Schatten, den man dort findet.

Der Halbkreis der Gebäude wird von zwei hohen Türmen abgeschlossen, von denen man den Südturm im Bild links sieht. Damit kein Zweifel aufkommt: Der Turm im Bild rechts ist nicht der Nord-Turm. Dieser Turm gehört zu einem Gebäude in der Mitte des Halbkreisbogens, demjenigen, in dem heute das „Headquarters of the Army Ground Force“, das „Instituto Geografico Nacional“ und einige Behörden untergebracht sind.

Ich bin von der Farbe und der Anordnung der Gebäude so begeistert, dass ich schon 2016 wusste, da musst Du nochmal hin und heute bin ich mit Susanne da.

Und ich bin nicht der Einzige, der begeistert war vom Plaza España und den Gebäuden drumrum? Kein geringerer als George Lucas hat hier 2002 einige Szenen für den Star-Wars-Film „Episode II – Angriff der Klonkrieger“ gedreht. Damals waren der Plaza España und der Säulengang für wenige Augenblicke Teil des Palastes von Naboo. Genau da, wo Susanne und ich jetzt gehen, schritten damals Padmé Amidala (Natalie Portman), Anakin Skywalker (Hayden Christensen) und Roboter R2D2.

Wenn man Glück hat, und wir sind in diesem Urlaub offenbar wirklich nur vom Glück geküsst, trifft man im Säulengang auch auf Künstler, wie Gitarristen und die Flamenco-Tänzerinnen. Ursprünglicher kann man die „guitarra flamenca“ (die spanische Gitarre) und den „baile“ (den typischen Tanz) nicht mehr erleben.

Manche Menschen schreiben in Internet-Kritiken ja, dass der Plaza España überlaufen sei, sie schreiben von Touristen-Nepp und dass man von fliegenden Händlern bedrängt würde. Das alles kann ich nicht bestätigen. Sicher, in den Arkaden versuchen Händler Fächer zu verkaufen, aber die Händler sind freundlich, die Preise moderat und niemals war auch nur irgendjemand zu irgendeiner Zeit aufdringlich. Ich habe mich auf dem Plaza España sehr, sehr wohl gefühlt.

Jetzt brauche ich aber dringend was zu trinken. Du hältst es sonst nicht aus! Es ist mörderisch heiß! Im Cafe Citroen beim Kreisverkehr südlich der Avenue El Cid trinken wir heute unser – gefühlt – zehntes oder vierzehntes Wasser.

Auf dem Weg zum Real Alcazár


Als ich 2016 in Andalusien war, war einer der Höhepunkte die Alhambra in Granada und so habe ich mir auch dieses Mal lange überlegt, ob ich wieder nach Granada brettere. Susanne muss das einfach mal gesehen haben, wie die maurische Kultur und Bauweise seinerzeit mit der christlichen kombiniert wurde.

Aber, wenn man bedenkt, dass Granada 250 km weg ist (einfach!) und dass ich vor zwei Jahren (nach endloser Fahrt) nachts um halb zwei total fertig im Hotel ankam, da fragt man sich schon, ob das sein muss. Außerdem, ohne Vorbestellung kommen wir da niemals rein.

Dann wenigstens in Sevilla das Alcazár. „Wenn Du um Karten anstehen willst? Bitte!“

Zum Alcazár – ich mein damit jetzt zum Eingang des Alcazárs, zum „Löwentor“ (37.384509, -5.992329) – ist es nicht weit. Einfach an der Uni vorbei zur „Puerta de Jerez“ und dann rechts rein. Das dauert etwa ´ne Viertelstunde. Und egal, wo man in Sevilla marschiert, immer sieht man irgendetwas Beeindruckendes, beispielsweise links den San-Telmo-Palast, wo heute die autonome Regierung Sevillas ihren Sitz hat oder den „Fuente de Híspalis“, einen Brunnen, der die Stadt Sevilla darstellen soll. Die von Manuel Delgado Brackenburg ebenfalls für die iberoamerikaische Ausstellung 1929 gestalteten Figuren sind sogenannte Allegorien, d.h. menschliche Figuren, welche Tugenden oder Charakteristika darstellen, welche die Stadt charakterisierten sollen. Allegorien kennen wir z. B. von der Figur „Justizia“, welche die Gerechtigkeit darstellen soll.

Überall auf den Straßen Sevillas sieht man Pferdedroschken, mit denen für 45 € pro Nase und Stunde Touristen durch die Straßen Sevillas kutschiert werden. Ob das bei diesen Temperaturen sein muss (vorhin hatten wir bei einer Anzeige 41°C im Schatten!), darüber sollten die, die sich diese „romantische“ Fahrt antun, mal nachdenken. Ich jedenfalls unterstütze diese „Touristenattraktion“ nicht.

Real Alcazár


Wer in Andalusien – und insbesondere in Sevilla – ist, kommt um einen Besuch des „Reales Alcázares de Sevilla“ nicht herum. Alles andere wäre ein Frevel! Schließlich ist der Palast – neben der Alhambra in Granada, die aber weit, weit weg ist – nicht nur UNESCO-Welterbe, sondern begeh- und begreifbare, pure spanische Geschichte.

Die Geschichte des Königspalasts „Reales Alcázares de Sevilla“ erstreckt sich von der maurischen Zeit bis hin in die Gegenwart. Noch heute ist der Palast offizielle Residenz der spanischen Königsfamilie, wenn sich die Königsfamilie in Sevilla aufhält.

Karten für den Besuch des Alcázars sollte man eigentlich im Vorfeld kaufen. Da uns im letzten Urlaub in Ligurien jedoch im Vorverkauf erstandenen Karten verfielen, weil ich ohne meine Zustimmung krank wurde, haben wir in diesem Sommerurlaub auf Vorab-Käufe verzichtet.

Und so heißt es anstehen. Habe ich vorhin noch die Droschkenpferde bedauert, bin ich nun selbst so etwas wie ein „Opfer“. Ich ziehe zwar keine Droschke, aber allein nur vorm „Löwentor“ anstehen bei 41°C– in der prallen Sonne – ist auch kein Vergnügen. Ich hab´s mir im Nachhinein mal beim Zusammenstellen der Bildern angesehen, die RGB-Farbwerte beim Tor und bei meinem Gesicht, sind genau die gleichen: 226/120/111.

Susanne, die derweil im Schatten wartet, kann sich ein gewisses Schmunzeln nicht verkneifen. Ich weiß jetzt bloß nicht, ob sie meinetwegen schmunzelt oder wegen der anderen Touristen, die jeder auf seine Art versuchen, ihre rote Gesichtsfarbe besser nicht zu zeigen.

Nach 35 Minuten bin ich endlich dran. 11,50 kostet der Eintritt pro Nase. Danach gibt´s noch eine Kontrolle, gründlicher als letztes Jahr bei der Einreise nach Russland: Passkontrolle, sowie Röntgen von Kamera und Rucksack. Aber wenigstens sind wir jetzt im Schatten. (Löwentor: 37.384553, -5.992406)

Den Bau des Real Alcazár begann vor über 1000 Jahren durch den Kalifen von Cordoba Abd ar-Rahman III.. Als die Christen im Jahre 1248 Sevilla wieder zurückeroberten, kamen weitere Paläste dazu, u.a. der „gotische Palast“ von König Alfons X. und der „Mujedar-Palast“ von Peter I. Das bekannteste Bauwerk aus dieser Zeit ist der „Salón de Embajadores“ (Saal der Botschafter). Dadurch, dass „jahrhundertelang“ gebaut und verändert wurde, findet man heute allerlei Baustile im Alcázar, u.a. Mudéjar, Gotik, Barock und Renaissance.

Um das Real Alcazár kennenzulernen, kann man sich entweder einer geführten Tour anschließen, sich einen Audio-Guide mieten oder einfach nur so durchgehen. Wir haben uns für Letzteres entschieden, da der Audioguide – so etliche Einträge im internet- miserabel schlecht sein soll und insbesondere ich der Meinung bin, dass man sich vor Ort eh nicht alles merken kann und, sollte das eine oder andere hinterher doch noch mehr interessieren, man alles Dank Internet nachrecherchieren kann.

Wenn man in den Alcazár hineinkommt, läuft man zunächst mal durch eine Parkanlage, welche nach nur 60 Metern an einer sehr alten Mauer mit 3 Torbogen endet.

Patio de la Monteria


Kurz hinter der Mauer kommt man auf den „Patio de la Montería“. Dort gehen wir rechts in das „Casa de la Contratación“, das „Handelshaus“. Das Haus wurde 1503 als königliche Behörde zur Regelung aller spanischen Entdeckungs- und Eroberungsexpeditionen in die Neue Welt erschaffen. Hier wurden u.a. auch Daten über neue Reiserouten gesammelt.

Cuarto del Almirante und Capilla de la Virgin de los Navegantes


Im „Casa de la Contratación“ gibt es neben dem „Cuerto del Almirante“ (Admiralszimmer) noch die „Capilla de la Virgen de los Navegantes“ (Kapelle des Admirals). Was aber detailliert wo beginnt und was wo aufhört, kann ich mir einfach nicht merken. Jedenfalls gibt es hier fantastische Gemälde, u. a. ein riesiges Bild des aus Sevilla stammenden Malers Virgilio Mattoni (1842-1923), welches das Ende von König Ferdinand III. von Kastilien darstellt und das Mattoni für die Nationalausstellung von 1887 gemalt haben soll sowie ein Bild von Alfonso Grosso, welches die Einweihung der iberoamerikanischen Ausstellung von 1929 durch Alfonso XIII. und die königliche Familie zeigt.

Das Bild stellt das Ende von König Ferdinand III. von Kastilien († 1252) dar, der am 30. Mai 1252 in der Stadt Sevilla starb. Das Bild gilt als Meisterwerk des aus Sevilla stammenden Malers Virgilio Mattoni (1842-1923), der das Bild für die Nationalausstellung von 1887 gemalt haben soll.

im Osten von „Die Einweihung der königlichen Familie von Alfonso XIII der iberoamerikanischen Ausstellung von 1929“, Arbeit des Malers Alfonso Grosso.

In der „Capilla de la Virgen de los Navegantes (Kapelle des Admirals) gibt es dann dieses Bild, eigentlich einen Altar, das in der Mitte die Jungfrau der Seefahrer zeigt und außen herum die 4 Heiligen San Telmo, San Juan (der Evangelist Johannes), San Sebastian und Santiago, den Schutzpatron Spaniens. Die Bilder des Altars stammen von Alejo Fernández (1475 – 1545), der vor allem dadurch bekannt wurde, dass er Christoph Columbus porträtiert haben soll.

Patio del Asistente und Patio de Levies


Hinter der „Capilla de la Virgen de los Navegantes“ kommt man in den „Patio de Levies“ und den herum das „Casa de Assistente“ liegt. Hier residierte der Bürgermeister von Sevilla.

Heute sind hier allerlei Bilder und Gegenstände aus ausgestellt, die man aus dem Alcazár hierher zusammengetragen hat, u.a. auch das Bild rechts oben, von dem ich leider nur weiß, von wem es ist, nicht aber, wen es darstellt. (der blaue Teller)

Patio de la Montería und Pedro I Palast


Über den „Patio de la Montería“ (Jagd-Hof), einen etwa 25 x 30 m großer Platz im Zentrum der Palastanlage, wo sich seinerzeit Ritter, Jäger und Pferde versammelten, wenn zur Jagd gerufen wurde, kommen wir zum Haupteingang des „Mudéjar oder Pedro I Palast“, der rechter Hand liegt.

Der Palast, wurde zwischen 1334 und 1369 vom spanischen König Pedro I. (der Grausame“ oder auch „der Gerechte“, je nach Übersetzung) im sogenannten Mudéjar-Stil gebaut. Der Mudéjar-Stil hat seinen Ursprung im 11. Jahrhundert zurück und verbindet das Beste aus der arabischen und der christlichen Bauweise.

Im Grunde ist der Palast zweigeteilt. Der erste Teil mit dem Patio de las Doncellas in der Mitte, diente dem offiziellen Leben, der andere Teil mit dem Patio de las Muñecas in der Mitte, war eher der Private Bereich.

Auch heute kann man noch nicht überall hingehen. Während man als Tourist tatsächlich weite Teile des Palastes besuchen kann, ist der zum Park hin liegende Bereich für Besucher gesperrt. Gelegentlich wohnen nämlich König Felipe VI., Königin Letizia und die Kinder Leonor und Sofia hier, sollten sie mal in Sevilla sein.

Von der Haupthalle aus kommt man in den „Patio de Doncellas“ (Garten der Jungfrauen).

Patio de las Doncellas und Alcoba Real


Von hier aus hat man dann Zugang zu praktisch allen drum herum liegenden Räumen.

Im Zentrum des rechteckigen Platzes liegt in Längsrichtung ein von einer ca. 60 cm hohen Mauer umgebenes Wasserbecken. Etwas tiefer als der Wasserspiegel liegt um das Becken herum ein Garten. Beides hat man erst 2002 entdeckt. Bis dahin war alles von einem offenbar im 16. Jahrhundert verlegten Pflaster bedeckt.

Um den Garten herum liegen in zwei Etagen übereinanderliegende Säulen. Die Bögen im unteren Stockwerk werden von sehr dünnen Säulen gestürzt. Dies und die filigranen Dekoration mit orientalischen Ornamenten sind typisch für den Mudejar-Stil.

Das im Renaissancestil gehaltene obere Stockwerk wurde vom späteren spanischen König Carlos V. errichtet, angeblich zwischen 1540 und 1572. Und obwohl beide Stockwerke völlig verschiedene Baustile zuzuordnen sind, passt das irgendwie. Irgendwie ist eine Harmonie da.

Salón de los Embajadores


Geht man vom Patio de las Doncellas nach Süden und dann durch die Holztüren, die noch original von 1366 stammen sollen, kommt man in den wohl schönsten und bekanntesten Raum des Real Alcázars, in den Salón de los Embajadores. Das weiß nicht nur das Internet, das wissen wohl alle Besucher des Real Alcázars. Insofern hast Du als Fotograf keine Chance, dort ein von Personen freies Bild zu schießen. Immer steht dir irgendjemand vor der Linse.

Auffallend sind die bis Augenhöhe reichenden typisch maurischen Fliesen und- wenn man nach oben blickt- das beeindruckende, von Diego Ruiz im 15. Jhdt. geschaffene Gewölbe. Manche Quellen sagen Lärchenholz, andere Zedernholz. Was es genau ist, weiß ich nicht. Als noch keine Touristen hierher kamen, wurde der Saal auch des öfteren für öffentliche Veranstaltungen und Staatsangelegenheiten genutzt. Egal, wohin man will, man muss immer wieder raus auf den Patio de las Doncellas, der quasi als Verteiler zu allen anderen Räumen gilt.

Alcoba Real


Geht man vom Patio de Doncellas nach Westen, kommt man in den Alcoba Real, den Schlafsaal der maurischen Könige. Der Saal besteht im Wesentlichen aus zwei links und rechts von den drei Hufeisenbögen liegenden Nischen.

Hier ist es wie im Salón de los Embajadores: Ein Foto ohne Selfie-schießende Touristen drauf zu machen, ist nahezu unmöglich. Das nervt gewaltig. Susanne ist ohnehin nur mir zuliebe mitgegangen, weil ich sie am Freitag und gestern zu den Delfinen brachte und weil ich sie heute früh mit ins Aquarium begleitet habe. Insofern denke ich, dass wir’s dabei belassen sollten. Mein Ziel war es ohnehin nur, euch einen groben Einblick von der Stadtburg zu geben.

Geht man aus dem Palast wieder raus auf den „Patio de la Montería“ und dann rechts durch den Torbogen des orange-gelben Hauses, kommt man auf den „Patio del Crucero“, von wo aus man dann auch gleich die Fassade des „Palacio gótico“ sieht. Da gehen wir kurz noch rein und dann soll´s das mit dem Real Alcázar gewesen sein.

Palacio Gótico


Den „Palacio Gótico“ hat König Alfons X. in der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts im gotischen Stil erbauen lassen – daher auch der Name „Palacio Gótico“. Beim Jahrtausend-Erdbeben 1755, das unter dem Namen „Erdbeben von Lissabon“ in die Geschichte einging, wurden viele Teile des Gebäudes aber so stark zerstört, dass man vom ursprünglichen Baustil heute nicht mehr viel erkennen kann.

Nach allem, was ich zuvor gesehen habe, war mir der Laubengang des „Palacio Gótico“ dann viel zu modern und vor allem viel zu wenig beeindruckend und viel zu wenig „maurisch“. Aus diesem Grund haben wir das Gebäude über den „Patio del Crucero“ recht schnell wieder verlassen, ohne zu wissen, dass uns dadurch die Kapelle mit dem Altarbild der „Virgen de la Antigua“ (Jungfrau von Antigua) – angeblich eine Kopie (!!!) und der „Salón de Tapices“ (Raum mit Wandteppichen) durch die Lappen ging.

Verabschiedung


Der Garten „Patio del Crucero“,der seinen Namen der Kreuzform verdankt, soll ursprünglich auch mal anders gewesen sein, als man ihn jetzt zu sehen bekommt, insofern sind wir darüber auch nicht traurig.

Zurück zum Parkhaus


Über den Patio de Banderas kommen wir aus der Geschichte wieder raus in die „Aktuell-Welt“. Kreuz und quer laufen wir nun durch die Gassen Sevillas um schnellstmöglich zum Parking Paseo de Colón zu kommen, wo unser Auto steht. Es ist noch immer scheißheiß in Sevilla, aber da müssen wir jetzt ein letztes Mal durch. Im Wagen können wir nachher zum Glück die Klimaanlage anwerfen.

Kurz vorm Parkhaus wirft Susanne noch die obligatorischen Postkarten an unsere besten Freunde. Den Seat hat keiner geklaut und so kommen wir gegen halb sieben von Sevilla weg. Wenn alles korrekt zugeht, sollten wir so gegen neun am Abend im Hotel sein. Doch bis dorthin halten wir es nicht aus. Außer dem Hot Dog heute Mittag im Aquarium haben wir noch nichts gegessen. Und die Mägen knurren. Beide! Vielleicht finden wir ja unterwegs was. Aber wie immer, wenn man partout etwas sucht, hat man keine Chance.

Da ich unbedingt noch Wasser kaufen muss und den Lidl in Jerez de la Frontera kenne, der unweit unserer direkten Strecke ist, versuchen wir nach einem Restaurant, bei dem man auch vernünftig parken kann, in der Nähe vom Lidl in Jerez de la Frontera. Aber Fehlanzeige. Die Restaurants haben entweder allesamt zu oder aber sie liegen in so kleinen Gässchen, dass man dort unmöglich parken kann. Die Tankstelle bei El Mojo, dort wo ich vor zwei Jahren meinen Überlebens-Kaffee getrunken habe, gibt speisetechnisch nichts her. Also fahren wir weiter.

Inzwischen deutet es sich an, dass recht rechter Hand bald die Sonne untergehen wird. Vielleicht können wir ja wenigstens den Sonnenuntergang fotografieren. Bei der Abfahrt „Medina Sidona“ fahren wir deshalb raus. Klingt doch unheimlich romantisch, das „Medina Sidona“, nicht?

Die Einbahnstraßen zwingen uns aber bald wieder aus „Medina Sidona“ raus, rechts den Berg runter. Zum Glück, den von hier aus bekomm ich den Sonnenuntergang über der Küste von Cadiz perfekt aufs Bild.

Irgendwie kommen wir dann wieder rauf, aber die Straßen, z.B. die „Calla la Loba“ sind so schmal, dass mich die Einbahnstraßenregelung nicht wundert. Am Plaza de España gäbe es dann Lokale, aber die haben zu und so fahren wir einfach weiter, bis wir dann aus dem Ort raus sind.

Das war wohl nichts! Aber – Wunder über Wunder – kommt 1½ km nach dem Ort, dort, wo es kein Mensch mehr vermuten würde, das Restaurant „El Rincon del Gordo“, wo wir dann zu Abend essen.


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