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3 Tage in Hamburg – Hamburger Fischmarkt und Heimfahrt

Aus dem Schlaf gerissen


Ich hab das Gefühl, ich habe heute Nacht überhaupt nicht geschlafen. Das kann doch nicht sein, dass jetzt schon das Handy klingelt! Aber die auf Frau getrimmte Computer-Stimme ist unerbittlich:

„Zeit aufzustehen – Pause – Es iiiieeeest – Pause – 4 Uhr dreißig“
„Zeit aufzustehen – Pause – Es iiiieeeest – Pause – 4 Uhr dreißig“
„Zeit aufzustehen – Pause – Es iiiieeeest – Pause – 4 Uhr dreißig“

Doch was Gutes hat der Weckruf dann doch auch. Jetzt lerne ich endlich mal die Frau kennen, die in meinem Handy wohnt und wir wollten´s ja nicht anders. Bevor´s am späten Vormittag nach Hause geht, wollen wir unbedingt noch zum Hamburger Fischmarkt. Trotzdem: 7½ Stunden Schlaf heute und der wenige Schlaf gestern und vorgestern – da merkt man dann doch, dass man nicht mehr der Jüngste ist. Nichtsdestotrotz geh´n wir kurz ins Bad, packen unsere Sachen zusammen und bringen alles gleich mal runter zum Auto, das nach wie vor in der Tiefgarage steht.

So, das wär erledigt. Für 5:30 Uhr haben wir den Shuttle-Bus zum Flughafen bestellt. Trotz der frühen Stunde sind wir nicht die Einzigen, die so früh weg müssen. Mit uns auch ein Paar, das wegen des Sturms „Irene“ im Hamburg Zwangsaufenthalt hatte. Sie wollten eigentlich gestern nach New York, aber „Irene“ hat ihnen gewaltig einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Vom Hamburger Flughafen zu den Landungsbrücken


Kaum fünf Minuten später sind wir am Hamburger Flughafen. Wir drücken dem jungen Glück fest die Daumen, sagen „Tschüß“ und stürzen runter zur S-Bahn. Aber die Anzeigetafel, auch hier drunten in der S-Bahn, verheißt nichts Gutes. Der Flug um 9:00 Uhr nach New York ist gecancelt.

Wir selbst haben noch ein paar Minuten Zeit und machen am Bahnsteig noch ein paar Fotos. Wegen des „Königs der Löwen“ sind wir ja eigentlich hergekommen und so bietet es sich förmlich an, dass ich mein Model noch vor der Werbetafel posieren lasse. Dann aber kommt auch schon der Zug und wir steigen ein. 13 Stationen sind´s bis zu den Landungsbrücken.

Richtung Hamburger Fischmarkt


Dort steigen wir aus. Den Weg bis zum Fischmarkt, an der Elbe entlang, gehen wir zu Fuß. Man sollte es nicht glauben, was in Hamburg Sonntagmorgens um halb sieben schon so alles los ist. Alle haben sie nur ein Ziel: Den Hamburger Fischmarkt, d.h. manche haben auch ein anderes Ziel: Nach durchzechter Nacht und anschließendem Fischmarkt nichts wie nach Hause. Die Jungs mit Bierflaschen in der Hand, die Mädels mit Stilettos – ebenfalls in der Hand.

Manche gehen in Strümpfen, andere waren wohl schon öfter da und haben wohlweislich Ballerinas mitgenommen für ihre geschwollenen Füße. Und obwohl Müdigkeit und Promille ihren Tribut zollen, sind alle außergewöhnlich friedlich, angenehm friedlich.

Endlich kommen wir am Fischmarkt an. Kurz nach dem Hamburger Beachclub Strandpauli geht´s links die Treppe runter und dann stecken wir schon im Gedränge. Menschen über Menschen. Frühaufsteher und Nachtschwärmer drängeln sich durcheinander. Aber als Hamburg-Besucher muss man einfach hier gewesen sein.

Auf´m Hamburger Fischmarkt


Am Hamburger Fischmarkt gibt es alles, was es auch auf ´nem Wochenmarkt oder ´ner Kirmes gibt, Dinge, die man brauchen kann und Dinge, die einfach nur Ramsch sind, die aber trotzdem dazugehören. Richtig auffallend in Hamburg sind für mich Bastkörbe mit Obst aus aller Herren Länder, windschiefe „Schietwetter-Kaffeetassen“ und blau-weiß-gestreifte Fischerhemden im Finkenwerder Stil. Alles zu erstaunlich passablen Preisen.

Hamburger Marktschreier


Das Besondere am Hamburger Fischmarkt aber sind die dortigen, leider nur noch wenigen, Marktschreier. Die einen verkaufen Obst, andere Blumen, wieder andere Fisch. Aber alle verkaufen sie Stimmung und gute Laune.

Der Obstverkäufer beispielsweise hat vorne an seinem Wagen etwa 10 – 12 Bast-Einkaufstaschen aufgereiht, in die er eine um die andere Steige verschiedenster Obstsorten verteilt: Orangen, Äpfel, Bananen. Die dienen als Basis für unten drin. Darauf kommen dann die etwas teurer aussehenden und mit heißerer Stimme angepriesenen „besseren“ Produkte. „Leute schaut her, einmal die Riesen-Traube noch mit dabei, Mangos dazu und noch einmal die Riesen-Ananas obendrauf. 10 € für alles!“ Die Körbe quellen über und 10 Euro für einen Korb, den man mitnehmen kann, mit 5 bis 6 Kilo Obst darin, scheint ja auch ein Schnäppchen zu sein. Ich glaub aber nicht, dass die Marktschreier draufzahlen. Standgebühr ja, aber keine Lagerkosten, keine Ladenmieten, keine Gehälter, da lässt sich´s bestimmt nicht schlecht von leben. Trotzdem, mein Job wär´s nicht.

„Ja komm her, 10 Euro“, ruft mich der Schrei des Fischhändlers vom Obstwagen weg, „10 Euro“, brüllt er in die Menge, während er einen um den andern Fisch parallel auf ein Holzbrett knallt. „Hier einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal. Fünf für 10 € und noch einen geschenkt obenzu“, preist er seine Ware an. Sechs Fische für 10 €, das bekomme ich ja noch nicht mal bei Lidl, Aldi oder Netto. Und hier sind sie alle (so hoff´ ich doch) fangfrisch, zumindest aber auch nicht älter als die Tiefkühlware zuhause. Aber was soll ich hier und jetzt mit sechs Fischen? Würd´ich in Hamburg leben, ich glaube, es gäb´ mehrmals die Woche Fisch. So aber wend´ ich mich notgedrungen einfach ab. Aber er lässt nicht locker. „Komm noch ma ran min Jung! Wo kommst Du denn her?“ „Aus Augsburg.“ „Na, dann fahr bloß wieder hin da!“ Verkauft hat er mir leider nichts, aber die Lacher hat er auf seiner Seite und so wird´s beim Nächsten weitergehen. Aber keine Sorge, irgendwann hat er auch wieder einen Kunden und verhungern tut der sicher nicht. Aber wir vielleicht. Und so kommt, was kommen muss.

Erstes Frühstück


Was wäre der Hamburger Fischmarkt ohne ein Fischbrötchen. Während es bei uns zu Hause am Jahrmarkt mal ein Heringsbrötchen mit Zwiebelringen gibt, gibt es hier Brötchen mit Backfisch, Shrimps, Schillerlocken, Aal, usw., usw. Susanne entscheidet sich für ein Shrimpsbrötchen und ich mich für eins mit Bismarkhering. Auf nüchternen Magen. Oh Gott, wenn das nur drin bleibt, denn gefrühstückt haben wir heute ja noch nichts.

„Sollen wir noch nen Kaffee trinken?“ Susanne meint, dass Sie ohne Kaffee nicht in die Pötte käme und so kaufen wir uns bei einem Dreadlock (ich hab da seit Afrika, als ich Mbaraka kennenlernte, immer noch so meine Probleme mit den Rastas) zwei Becher Kaffee, zu einem stolzen Preis, aber immerhin mit Reggae-Untermalung. Die dröhnt aus dem schwach dimensionierten, aber bis zum Anschlag aufgedrehten Ghetto-Blaster, in dem Bob Marley sein „Stir it up, little darling, stir it up. Come on baby, come on and stir it up …” zum Besten gibt.

… und wieder ein Marktschreier – Aale Kai, für mich der Beste


Wir gehen weiter, zwischen allerlei sich auf dem Nachhauseweg befindlichen Benjamini Fici hindurch zu Aale-Kai, einem der „härtesten“ Marktschreier auf dem Fischmarkt überhaupt. „Kommt nach vorne, ich brauch Geld! Schmeißt das Geld nicht weg, gibt mir das. Ich kann das brauchen, ich hab teure Hobbies“, kommt er gleich zur Sache. „Zwei Aale uffs Papier, 20 €, Makrele mit dabei, 20 €, Heilbutt bei, 20 €, Hering bei, 20 € und ´n Kleinlachs auch noch mit dabei, 20 €. Hier komm her, alles zusammen 20! 20 €!“ Bei jedem Fisch, den er zulegt, schlägt er mit der rechten Hand so aufs Papier, dass es schlussendlich zerreißt. Das ist ihm wohl nicht zum ersten Mal passiert, denn kurz bevor die Fische auf den Boden purzeln, hat er schon ein zweites Papier um sein Paket gewickelt und dann alles in ner Plastiktüte gesichert. „20 €!“.

Die Lautstärke sinkt und man könnte fast Mitleid mit ihm haben, wenn er sagt:„Kauft doch was, ich bin ja nicht hier, weil zu Hause nichts im Fernsehen läuft. Nein.“ Und dann wieder der Brüller, dass dir fast das Toupet wegfliegt: „Ich will euer Geld!“ Abermals dreht er die Lautstärke runter:„Keine Sorge, euer Geld ist nicht weg, es ist dann nur woanders!“ Wie der mit den Menschen spielt, ist schon beachtlich. Wir schlendern weiter, obwohl wir Aale-Kai noch stundenlang zuhören könnten.

Fischmarkthalle


Am Ende des Markt-Gewühles steht die 1895 erbaute Fischmarkthalle. Hier wurde früher Fisch gehandelt, heute ist der aus Stahlträgern und Ziegeln erstellte Bau ein Veranstaltungsort, an dem jeden Sonntagmorgen Live-Bands auftreten. Ebenerdig stehen wie in einem Bierzelt etliche Biertischgarnituren. Hier kann man etwas trinken, etwas essen oder einfach nur sitzen – tja, wenn Platz wäre. Oben, in der Galerie sind dann die Plätze, wo man brunchen kann – und auch muss, wenn man dort sitzen will. Auf der Bühne spielt eine Altherren-Band Lieder aus ihrer eigenen Jugend. Mann, das fetzt. Da kann selbst ich die Beine nicht mehr ruhig halten.

Zurück zum Hotel


Doch es hilft alles nichts. Wir müssen daran denken, dass wir nachher noch ins Hotel müssen frühstücken, was nicht so schlimm wäre, weil´s Frühstück bis um 11:00 Uhr gibt, aber wir müssen danach ja auch noch knapp 800 km nach Hause fahren. Um 7:45 Uhr ist das selbstgesteckte Limit erreicht und wir gehen zurück zu den Landungsbrücken und fahren mit der S1 hoch zum Hotel.

Hotel


Das Frühstück ist, wie nicht anders gewohnt im Ibis, super lecker. In n-tv laufen ununterbrochen Nachrichten vom Riesen-Hurrikan „Irene“, der derzeit New York lahm legt. Ob man will oder nicht, die Bilder lassen dich nicht einfach wegschauen. „U-Bahn-Linien geschlossen“, „Bisher 10 Todesopfer“. Die Nachrichten überschlagen sich. Da mag einem auch das beste Frühstück nicht mehr schmecken.

Heimfahrt


Um 10:00 Uhr kommen wir dann endlich los. Fängt gut an. Die 10 km bis Schnelsen Nord ziehen sich wie Kaugummi. ´ne halbe Stunde sind wir nun schon unterwegs. Im CD-Player läuft „König der Löwen“ in einer Lautstärke, dass dem Panda fast das Blech wegfliegt. Endlich Autobahn! Vorm Elbtunnel wieder Stau. Das kann ja was werden. Zum Glück haben wir die CD dabei, die so abgemischt tausendmal besser klingt als vorgestern die Aufführung in der Musical-Halle. So, in dem Sound, verbreitet sie richtig gute Laune,  sodass uns auch die Staus nicht im geringsten stören, auch dann nicht, wenn wir für die 360 km bis zum Wildpark Knüll bei Homburg-Effze über 4 Stunden brauchen. Inzwischen ist es fast 15:00 Uhr und wir haben noch nicht mal die Hälfte der Strecke.

Hilft alles nichts. Wir müssen Pause machen, was essen und was trinken. Allerdings sollten wir spätestens um 16:00 Uhr wieder aufbrechen, wenn wir noch zu einer einigermaßen akzeptablen Zeit in Mering ankommen wollen.

Um 20:30 Uhr endlich kommen wir in Mering an. Die wenigen Tage in Hamburg waren klasse, aber um das richtig zu realisieren müssen wir erst mal wieder zu Hause ankommen. War ganz schön anstrengend, das Ganze.


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3 TAGE IN HAMBURG
REISEBERICHTE AUS DEUTSCHLAND