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… und hinterher nach Sansibar



Montag, 31.8.2009 – Teil 1/2

Das letzte Frühstück


Es ist 10 vor fünf. In Erwartung der Mudschahedin-Rufe und vielleicht auch wegen der Heimreise nachher, bin ich heute „ganz von alleine“ aufgewacht. Tja, gegen 9:30 Uhr werden wir nach Frankfurt zurückfliegen und heute Abend schon werde ich wieder bei meiner Familie (Susanne und Simon) sowie Hund Chicco sein.

Da so früh noch niemand Dienst hat im Hotel, hat man denen, die heute heimreisen, gestern Abend noch Thermoskannen mit Kaffee hingestellt, dazu Zucker, eine Semmel, zwei kleine Bananen und ein Eckchen Käse. Das ist zwar alles lieb und nett gemeint, aber der Kaffee ist trotz Thermoskanne und umgebenden Tropen eiskalt, abgestanden und absolut untrinkbar. Da wär´ ein Fruchtsaft oder auch nur eine Flasche Mineralwasser vielleicht die bessere Wahl gewesen. Nun denn, aber momentan ist niemand da, demgegenüber man solche Wünsche äußern könnte.

Heute ist zum letzten Mal im Urlaub eine Lariam fällig. Viele machen ja den Fehler und setzen die Malariaprophilaxe ab, wenn´s nach Hause geht. Ich halte mich da lieber an den Beipackzettel und schieb´ die Pillen wie vorgeschreiben in mich rein, zumal ich ja auch noch nie irgendwelche Nebenwirkungen hatte. Da mache ich mir also gar keine Gedanken drüber. Einzige Sorge ist, ob ich den Schluck Kaffee, mit dem ich die Tablette runterspül, überleb. Im Nachbar-Bungalow bei Gerhard und Elisabeth brennt inzwischen auch schon Licht, ansonsten ist alles noch stockdunkel in der Anlage.

Boah, nicht schon wieder! Obwohl ich heute nicht mehr schlafe und aufgrund der Woche hier daran gewöhnt sein müsste, nervt´s, als zehn nach fünf der Mudschahedin wieder lautsprecherunterstützt sein Gebet durch den Ort brüllt. Zum sechsten Mal inzwischen. Ich kann mich immer noch nicht damit anfreunden.

„Freeze!“


Inzwischen ist es halb sechs geworden. Meine Sachen sind gepackt und das, was sich Frühstück nannte ist auch verputzt (bis auf den Kaffee, den kann ich echt nicht trinken). Keine Ahnung, wo ich abgeholt werde. So schlendere ich einfach mal rüber Richtung Haupthaus. Vielleicht kann mir dort ja jemand sagen, wie´s weitergeht.

Draußen ist´s noch Kuhnacht. Nur ein paar wenige Funzeln beleuchten den Sandweg zwischen Haupttor und Strand. Nichts ist zu sehen. Entsprechend fahr´ ich zusammen, als plötzlich ein schwerbewaffneter Wachmann vor mir steht und „Freeze!“ ruft. Das hätt´ er gar nicht sagen müssen, das mit dem „Freeze!“, mir gefriert auch so das Blut in den Adern. So was kann man doch nicht machen, da kannst du ja leicht ´n Herzinfarkt kriegen! Zum Glück erkennt mich der Wachmann gleich als Hotelgast und lässt seine Waffe sinken. Pfffff!

Ansich ist es ja nicht schlecht, wenn das Hotel rund um die Uhr bewacht ist, aber wenn man plötzlich selber zum „Verdächtigen“ wird, dann ist das kein so angenehmes Gefühl mehr. Erleichtert versuch ich´s mit ein bisschen Smalltalk, aber leider passen sein und mein Englisch so überhaupt nicht zusammen und in Kisuaheli probier ich´s dann gleich gar nicht mehr.

Obwohl mir eben noch das Blut gefror, ist´s inzwischen wieder heiß, dass mir der Schweiß in „Sturzbächen“ am Körper runter läuft. Es geht einfach nicht anders. Für die Rückreise muss ich meine dicke und schwere Fotojacke aber notgedrungen anziehen. Für´s Reisegepäck ist die viel zu schwer! In den Jackentaschen hab ich alles verstaut, was ich nachher vielleicht noch brauchen könnte: Weitwinkelobjektiv, Akkus, Voice-Recorder, Epson und natürlich Flugticket, Pass und Hausschlüssel von zuhause. Die Schlüssel von hier hab ich einfach stecken lassen.

Transfer zum Flughafen


Inzwischen sind auch Elisabeth und Gerhard nach draußen gekommen und der Fahrer unseres Transfers ist auch schon da. Kann die Rückreise also beginnen.

Ich glaube, wir sind das einzige Auto weit und breit. Außer ein paar Radfahrern und Fußgängern regt sich in Afrika noch gar nichts. Bei uns in Deutschland würde dir vielleicht hin und wieder ein Wagen entgegenkommen. Aber in Afrika: Fehlanzeige. Wenn wir hier ´ne Panne hätten, wären wir wohl aufgeschmissen.

Gegen halb sieben (es ist inzwischen hell geworden) sind wir schon kurz vor Stone-Town. Es regnet. Das Wetter passt richtig gut zu meiner Stimmung. Einesteils freut man sich, nach fast zwei Wochen endlich wieder nach Hause zu kommen, andernteils geht ein grandioser Urlaub zu Ende. Ein Urlaub, wie ich ihn noch niemals zuvor erlebt habe. Je näher wir zur Stadt kommen, desto dichter wird auch der Verkehr. Fahrradfahrer oder auch Mopedfahrer fahren zur Arbeit, Marktbeschicker transportieren ihre Waren. Das ist so ein Durcheinander, dass der Verkehr fast zum Erliegen kommt.

Vor den Schaltern des Kisauni Airports, Sansibar


Gegen 7:00 kommen wir am Flughafen an. Irgendwo an einem der vielen Kioske (es sieht tatsächlich eher aus wie eine Aneinanderreihung von Verkaufsbuden als ein Flughafen) steht doch tatsächlich CONDOR. Dort stellen wir uns in die Reihe und siehe da, außer Geduld und einem Flugticket braucht man eigentlich nichts. Auch wenn man absolut nichts versteht und den Betrieb nicht nachvollziehen kann, es läuft. Irgendwie läuft´s. Zentimeter um Zentimeter kommt man nach vorne. Immer wieder gerät man an Typen, die fast nicht gehen können, weil ihnen „Tonnen von Münzgeld“ die Hosentaschen nach unten ziehen. Viele Urlauber glauben nämlich, sie tun den Hotelangestellten oder auch anderen einen Gefallen, wenn sie ihnen einen Euro oder 50 Cent geben. Mit europäischem Münzgeld können die die Menschen in Afrika aber gar nichts anfangen und so sieht man eben auch hier – wie bereits bei der Ankunft am Kilimanjaro-Airport – die „Goldhamster“, die hoffen, die eine oder andere Handvoll Münzen in US-Dollars umtauschen zu können.

Endlich bin auch ich vorne am Schalter angekommen. Man muss nicht viel reden, einfach seine Bescheinigung von CONDOR abgeben und abwarten. Irgendwann bekommt man dann einen anderen Zettel und mit dem kann man an den Schaltern vorbei in den Raum dahinter gelangen. Dort ist linkerhand ein weiterer Schalter, an dem man Geld abdrücken muss (ich glaube 25 US-$) und dafür dann einen Ausreisestempel in den Pass erhält – fertig.

Bakschisch


Das ist soweit alles ganz normal und nichts Außergewöhnliches. Was aber jetzt kommt, wenn man in der Reihe vor der Waage ansteht und wartet, ist schon erwähnenswert: Das läuft nämlich wie geschmiert, etwas „Bakschisch“ und schon ist man durch. Ich find´ das bodenlos, aber ich habe keine Wahl. Blöd ist nur, dass ich nicht einen einzigen kleinen Schein mehr habe. Das letzte tansanische Geld habe ich den Mädchen am Brunnen gegeben und 1$-Noten habe ich nicht mehr. Natürlich würden die (ohne Rausgeld!) auch 10$-Noten nehmen, aber das wäre des Guten dann doch zuviel. Zum Glück kann mir Gerhard ein paar 1$-Scheine leihen. Doch gerade als ich dran bin mit Wiegen und Röntgen, kommt just in diesem Moment ein Polizist vorbei. Und siehe da: Plötzlich geht die Gepäckkontrolle auch ohne „Bakschisch“. Nun, ein Versuch ist´s allemal wert und ob der allgemeinen Armut in Tansania ist das Tun der „Wieger“ für mich zumindest nachvollziehbar.

Lange kann´s nicht mehr dauern


Fünf nach acht. Endlich, nur noch eine Glasscheibe trennt uns vom Flughafenvorfeld. Das Gepäck ist abgegeben, der Boarding-Pass in der Hand hocken wir da und warten. Elisabeth, Gerhard und Uschi, eine Bekannte, die die beiden Schwaben noch von der Kilimanjaro-Besteigung kennen. Auch ich treff alte Bekannte wieder: Jacqueline und Dogan aus Hamburg. Mit den beiden hat vor 13 Tagen alles begonnen. Damals saßen wir drei morgens um halb sieben und alle total übermüdet, im Transferbus vom Kilimanjaro-Airport Richtung Arusha und später dann beim Briefing in Henning Schmids Oasis Lodge. Damals wussten wir noch nicht, dass diese Reise für uns alle das allergrößte werden sollte. Auch sie bestätigen: Wenn jemals wieder Afrika, dann nur mit Elefant-Tours!

Bis der Flieger geht, dauert´s noch 1½ Stunden. Die Zeit nutze ich, um in einem Kiosk noch nach einem afrikanischen Kochbuch zu suchen. Bei „Safari-Kitchen“ werde ich schwach, obwohl das Buch mit rund 40 $ im Flughafenstore total überteuert ist. Doch was soll’s? Wenn ich zuhause daraus kochen werde, werde ich immer an unseren fantastischen Alouis erinnert werden! Eine Woche lang war er unser „Sterne-Koch“. Welcher andere Küchenchef hat diese Bezeichnung ehrlicher verdient, als der kleine Mann, der uns unter den Sternen Afrikas mit allerlei Köstlichkeiten verzauberte? Ich erinnere nur an gestern vor einer Woche, als er am Ngorongoro (Werner hatte Geburtstag) aus dem Nichts eine Torte zauberte. Solche Erinnerungen kommen, wenn man Zeit hat nachzudenken. Dann wird einem erst bewusst, welch tolle zwei Wochen hinter einem liegen.

Inzwischen ist draußen eine CONDOR gelandet. Ich bin sicher, dass das unsere Maschine ist. Glaub´ kaum, dass nahezu gleichzeitig zwei so große Maschinen hier rumstehen könnten. Da reicht allein der Platz gar nicht aus. Wir beobachten, wie die ankommenden Passagiere aussteigen und das Gepäck ausgeladen wird, dann sind wir dran. Anders als in Deutschland muss man hier quer übers Rollfeld gehen und dann eine Treppe hochsteigen. Da merkt man erst, wie hoch die Maschinen überhaupt sind.

 

< Mit Mbaraka beim Medizinmann Rückflug >
MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA


Eine Reaktion zu “… und hinterher nach Sansibar”

  1. Gerhard

    Hallo Rüdiger,

    bevor ich in einigen Tagen hoffentlich Zeit haben werde, Dein Werk zu würdigen, schicke ich Dir eine Anmerkung:

    Uschi und ihr Mann waren nicht mit uns auf dem Kili, sondern zuvor in den Usambara-Bergen. Ich hoffe, die Schreibe stimmt. Wir haben die beiden erst im Blue Oyster kennengelernt.

    Viele Grüße

    Gerhard