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… und hinterher nach Sansibar



Sonntag, 30.8.2009 – Teil 1/2

Delfintour, die zweite


Wie schon die ganze Woche ruft der Mudschaheddin auch heute wieder zum Morgengebet. Morgens um fünf! Da ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Aber das kenn´ ich ja schon. So steh ich eben wieder auf und schreib Tagebuch. Ich komm ohnehin kaum noch nach. Zu viele Eindrücke sind in den vergangenen 12 Tagen auf mich eingeprasselt. Selbst gestern, als ich doch eigentlich dem Müßiggang frönen wollte, gab es so viele Ereignisse, die ich alle aufschreiben musste. Ich denke nur an die Begegnung mit den wasserschöpfenden Jugendlichen. Welch ein emotionales Erlebnis!

In etwas mehr als einer Stunde geht’s ja auch schon wieder raus – zu meiner zweiten Delfintour. Um die Erfahrung vom Mittwoch reicher, lass ich die Spiegelreflex heute lieber zuhause und probiers mit meiner Billigst-UW-Kamera, wo wissend, dass damit die Bilder sicher nicht an die Bilder der Digi heran reichen (sind Dias, die später gescannt werden müssen) und man auch der Tour auch gar nicht weiß, ob die Bilder was geworden sind oder nicht. Aber die Digi am allerletzten Tag ruinieren, das muss ja dann auch nicht sein.

Es ist alles genauso wie am Mittwoch, nur dass heute Elisabeth mit von der Partie ist. Um sechs sind wir abgeholt worden und kurz nach Sonnenaufgang in Kizimkazi angekommen. Auch heute fahren Barama und Haruna. Ob sie sich noch an mich erinnern können? Keine Ahnung. Das ist aber auch nicht das Thema. Schließlich sind wir ja zum „Delfine-Gucken“ da und nicht zum „Kennst-Du-den-Hengl-noch?“

Nach kurzer Zeit tauchen auch schon die ersten Delfine auf. Zum Fotografieren (mit 35 mm Weitwinkel!) sind sie allerdings ungeschickt weit weg. Dafür hat man heute Gelegenheit, zu ihnen ins Wasser zu gehen. Manche machen das, Elisabeth und ich allerdings bleiben im Boot (Ich würde ohne Leiter nie wieder an Bord kommen).

Obwohl es nicht viel anders ist als am Mittwoch, bin ich heute irgendwie unzufrieden. Liegt sicher daran, dass ich mit der AS1 keine Chance habe, die Meeressäuger auch nur annähernd vernünftig aufs Bild zu bringen. Wenn Du nur 35 mm hast, Fixfokus und eine kamerabestimmte Belichtungszeit, dann nützen dir Prädikate wie „wasserdicht“ und „seewasserfest“ nämlich gar nichts. Die kannst Du dir in die Haare schmieren. Ich bin so was von grantig, dass ich der Schnapsidee „wasserdichte AS1“ verfallen bin.

Links vor uns kommt wieder einer genau auf uns zu und unsere Begleiter sind schon wieder im Wasser. Ich bin richtig grantig, dass ich a) zu unsportlich bin und b) nur die AS1 dabei habe. Deshalb Tipp an alle, die das vielleicht irgendwann lesen werden: Wenn „Delfine gucken“ dann nur mit vernünftiger Ausrüstung oder mit dem Risiko, die „gute Kamera“ dem Salzwasser zu opfern.

Auch wenn wir genug Delfine sehen, ist die heutige Tour für mich nicht so der Bringer. Zum Schluss hin regnets dann auch wieder: Wir sind patschenass und Barama ist wieder am Schöpfen. Liegt’s jetzt daran, dass die Südküste wohl immer ein Regenloch ist oder daran, dass heute wohl nicht so mein Tag ist?

Wenn ich jetzt schon am Brummeln bin, dann sollte ich auch noch erwähnen, dass das, was das Blue Oyster schreibt, nämlich dass man im Anschluss an die Delfintour ein im Preis inbegriffenes sansibarisches Menü bekommt, leider auch nicht stimmt …

Safari-Blues


Zurück im Blue Oyster geh ich mich dann erst mal frisch machen und frühstücken. Auch das will mir – obwohl es sicher nicht schlechter ist als die ganze vergangene Woche – heute auch nicht so richtig schmecken. Nach fast zwei Wochen Highlight, Highlight, Highlight ist meine Stimmung urplötzlich umgeschlagen. Alles, was es zu erleben gab, wurde erlebt. Kein Glanzpunkt wurde ausgelassen! Ein Feuerwerk an Emotionen, Affekten und Erregungen, wie ich sie in dieser Dichte noch niemals erlebte. Und jetzt ist alles Vergangenheit, vorbei, Erinnerung.

Nein! Nicht ganz! Mir bleiben immer noch mein Tagebuch und meine Bilder. Während ich diese Zeile hier niederschreibe, muss ich schon wieder mit den Tränen kämpfen – Safari-Blues nennt man das wohl … Ich denk’, es ist besser, jetzt ins Zimmer rüber zu gehen und mich ne Weile hinzulegen, schließlich will ich nachher, wenn ich mit Gerhard und Elisabeth ins Starfish zum Essen gehe, nicht mit verquollenen Augen rumlaufen. Auf dem Weg zum Zimmer werde ich aber noch kurz unten an der Rezeption vorbeigehen, meine Rechnung begleichen.

Als ich runterkomme, stehen Uli, Irene und Gabi (die drei waren am Donnerstag bei der Spice-Tour und in Stone-Town mit dabei) am Tresen und wie nicht anders zu erwarten, zicken die zwei Damen wieder rum, weil angeblich irgendwas mit ihrer Rechnung nicht stimmen soll. „Wir waren doch gestern gar nicht da, wir haben doch gestern gar nicht hier gegessen, das haben wir nicht gehabt, warum …“.

Da will ich mich jetzt nicht einklinken und zahl ich meine Rechnung lieber ein ander mal. Es will und will mir nicht in den Kopf, was die zwei jetzt schon wieder hatten. Wenn ich im Lauf der Woche im Blue Oyster was gegessen oder getrunken habe, dann musste ich den Betrag immer auf meiner Rechnung gegenzeichnen. Damit habe ich’s dann auch gehabt. Ob´s bei den Damen anders gehandhabt wurde oder ob sie nur gewohnheitsmäßig rumzicken, ich weiß es nicht.

Brunch mit Freunden


Gegen 11 treff ich mich mit Elisabeth und Gerhard zum Abschiedsessen im Starfish. Draußen der Indische Ozean und hier drin wir drei mutterseelenallein. Vor uns ein paar Flaschen eisgekühltes Safari-Lager. So lässt sich’s leben. Allzuoft werden wir dieses Bier wohl nicht mehr trinken, schließlich geht’s morgen nach 13 Tagen (für mich) bzw. 20 Tagen Afrika (für Elisabeth und Gerhard) wieder nach Hause. Wir lassen die Seele baumeln und die vergangenen Tage nochmal Revue passieren. Ich kann eigentlich nur für mich sprechen. Was ich in der Zeit erlebt habe, konnte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen. Alles habe ich gesehen: Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe, ja sogar den seltenen Leoparden. Dazu unzählige Tiere, von deren Existenz ich gar nichts wusste (ich nenne beispielhaft nur den Zwergichneuman, die Gabelracke, die Sand-Snake oder die Feuerlibelle). Ich bin durch die Steinwüste des Ostafrikanischen Grabenbruchs gefahren und habe in einem Wasserfall gebadet und nachts kletterten Paviane über unsere Zelte. Hier in Sansibar habe ich Delfine beobachten können und Stummelaffen und, und, und … Dazu habe ich hier unheimlich freundliche Menschen kennengelernt, die vom Tourismus noch nicht so „versaut“ sind wie viele weiter nördlich in Kenia.

Alles in allem war (warum schreib ich war, schließlich bin ich ja noch da) diese Reise ein Traum. Alle Ereignisse komprimiert auf noch nicht mal zwei Wochen, das muss man erst mal verarbeiten. Ich hab vor, alles zuhause zu einem Internet-Report zusammenzustellen: Meine Tagebuch-Notizen, meine Tonbandaufzeichnungen und natürlich meine Bilder. Da Bilder und Tonaufnahmen automatisch mit Aufnahmezeiten gekoppelt sind, lässt sich das sicher gut zu einem Bericht zusammenstellen.

Elisabeth und Gerhard waren mit einem anderen Anbieter unterwegs. Sie haben aber im Wesentlichen die gleiche Tour gemacht wie ich, allerdings ohne Oldonyo Lengai und die Fahrt im Ostafrikanischen Grabenbruch. Dafür waren beide auf dem Kilimanjaro, wo sie angeblich auch Helmut und Werner getroffen haben, meine beiden Safari-Kumpels, die jetzt irgendwo im Norden von Sansibars Ostküste logieren.

Über all dem Nachsinnen vergessen wir die Zeit und alsbald wird auch schon das Essen aufgetragen. Ich probier heute Tintenfisch, der zuhauf an Jambianis Küste gefangen wird. Er ist zwar relativ einfach angerichtet, aber er ist ungeheuer frisch und schmeckt außergewöhnlich lecker. Heute Abend essen wir dann noch mal im Blue Oyster und dann war’s das dann mit sansibarischen Menüs. Gerhard und Elisabeth fliegen übrigens auch morgen nach Hause mir dem gleichen Flieger wie ich. Da werden wir uns sicher nochmal sehen.

Ich habe so viele Tiere gesehen, so viele fantastische Menschen kennengelernt, aber hier im Starfish ist alles ein klein wenig anders. Hier ist alles ein bisschen „Rasta“, ich hab den Eindruck, man lebt hier nach dem Motto „´ have a problem? Make a point! Take it easy, smoke a Joint.” Okay, ich hab nie einen rauchen seh’n, aber dubios war mir Mbarakas Auftritt gestern schon, als er mir (ständig Körperkontakt suchend) fast „das Ohr abkaute“.

Derart ungewollte Nähe ist mir sehr, sehr unangenehm, zumal ich immer das Gefühl hatte, Mbaraka sei „nicht ganz allein“. Vielleicht waren die Geister, Ahnen und Dämonen, von denen er immer erzählte, mitten unter uns und ich hab sie ohne „Tüte“ und „gelb-rot-grüner Häkelmütze“ einfach nicht gesehen. Heute ist Mbaraka (zum Glück) noch nicht da, aber so richtig wohl ist mir (auch wenn er körperlich nicht da ist) dennoch nicht in meiner Haut. Hat etwa heute die Katze seinen Platz eingenommen. Schwarz, aufdringlich, mit den stechenden Augen und gefletschten Zähnen hockt sie neben mir und verlangt Aufmerksamkeit. Ich glaube schon fast an Seelenwanderung. Vielleicht bin ich auch nur ein bisschen „balla, balla“. Dennoch kommt mir gerade jetzt der alte Seeräuberspruch in den Sinn „Katze an Bord, Glück geht fort.“ Wir wollen’s nicht hoffen!

Abschied vom Paradies


Heute Nachmittag um drei will ich mich mit dem magischen, mystischen Mbaraka treffen. Er will mir den Ort zeigen. Bis dahin ist aber noch etwas Zeit. Elisabeth und Gerhard wollen wieder rüber ins Blue Oyster, etwas für sich alleine sein und ich werde, wie so oft, in Jambiani meine Runden drehen!

Es ist (wie immer) ein Traum! Kein Mensch ist unterwegs. In der brütenden Hitze ziehen es die meisten vor, im Schatten zu bleiben, aber hätt’ ich tatsächlich im Zimmer bleiben und mir diesen Anblick entgehen lassen sollen? Nee, ein letztes Mal zieh ich alles in mich rein und bedanke mich, dass ich hier sein durfte.

Tschüß Kühe, es war toll bei euch. Tschüß Strand, einen schöneren hab ich kaum geseh’n. Tschüß Palmen … Ich pendel inzwischen zwischen Wehmut und Glückseligkeit. Nein, ich hab keinen Sonnenstich (hab ja schließlich meinen Hut auf). Die Welt ist richtig schön (aber bei uns zuhause nicht minder).

Zurück im Blue Oyster zahle ich meine Rechnung und packe im Zimmer meine sieben Sachen. Komisch, dass die Reisetaschen im Urlaub immer schrumpfen und man sein Zeug fast nicht mehr hineinbekommt und das, obwohl man vieles verbraucht oder weggegeben hat. Die Kameras haben den ganzen Urlaub über gehalten, die Akkus auch. Ich hatte tolle Reisebegleiter, habe super Menschen kennengelernt und – ganz wichtig – ich bin nicht krank geworden. Von meinen ursprünglich 1410 US-$ habe ich noch mehr als die Hälfte und von den unzähligen Eindrücken habe ich tausende auf Chip festgehalten und etliche in meinem Tagebuch niedergeschrieben. Während ich in meinem Epson die Bilder „durchblättere“ könnte ich heulen. Einen ähnlichen Urlaub habe ich noch nie erlebt und einen ähnlichen Urlaub wird es auch nie wieder geben.


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MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA