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Mit Schlafsack und Zelt in der Serengeti

Sonntag, 23. August 2009 (2/3)

Leopard


Als ob es so sein müsste, plötzlich ist er da, UNSER Leopard! Auf der Astgabel einer Akazie, etwa auf halber Höhe. Ich flipp aus! Noch niemals im Leben habe ich einen freilebenden Leoparden gesehen. Nach Elefant, Büffel und Löwe – jetzt der Leopard. Damit ist die Chance, auf dieser Safari die Big Five zu komplettieren, unwahrscheinlich gestiegen. Ich bin mir nämlich fast sicher, im Krater ein Nashorn sehen zu können. Bei so viel Glück stellt sich mir die Frage, ob ich das alles verdient habe.

Mag sein, dass ihr das alles gar nicht nachvollziehen könnt. Der ist doch viel zu weit weg, wird vielleicht der eine oder andere sagen. Das spielt aber gar keine Rolle! Wichtig ist, dass er da ist und wichtig ist, dass Lazaro auf den Wegen bleibt und nicht, nur weil zahlende Touristen in seinem Defender sitzen, alle Regeln missachtet und quer übers Feld hetzt.

Bei so viel Glück werd´ ich geleichzeitig auch immer recht sentimental. Während wir unser Glück kaum fassen können, muss Alouis im Camp bleiben, unsere Zelte abbauen und kochen. Warum darf der nicht mit? Na, weil er „nur“ der „zweite Mann“ ist. So einfach ist das in Afrika. Erst kommen wir, weil wir das Geld daher bringen, dann der Guide und zuletzt, wenn überhaupt, der Koch. Dabei hat Alouis nach afrikanischen Verhältnissen ebenfalls einen unheimlichen „Dusel“: Er hat nämlich bei Elefant Tours ein sicheres Einkommen.

Wir schießen noch ein paar Bilder und fahren weiter. Der Leopard ist (so sehr wir uns freuen) für „vernünftig“ Fotos einfach zu weit weg.

Giraffen


Inzwischen ist es kurz nach zehn. Die Giraffen sind gerade am Frühstücken und mit ihnen Rotschnabelmadenhacker, die ihrerseits wieder auf den Giraffen frühstücken. Von Madenhackern hat man sicher schon gehört, so mit Haut von parasiten befreien und so, dass sie sich in ihrem Tun aber auch dann nicht stören lassen, wenn von oben die „warme Dusche“ kommt, das habe ich so noch nicht gesehen.

Safari-Gedanken am Sonntag


Als wir vorhin den Leoparden gesehen haben, habe ich auf die Uhr geguckt. Es war Sonntag, der 23, August 2009, 9:39 Uhr tansanischer Zeit. Wenn das so stimmt, wär’ das heute dann der fünfte Tag? Kann sein, kann aber auch nicht sein. Die Tage fließen nur so ineinander und die Höhepunkte hier lassen dich nicht mehr zur Besinnung kommen. Ich für meinen Teil bin jetzt schon so was von voll mit Eindrücken, dass ich Sansibar nur noch herbeisehne. Endlich „alle Viere“ von mir strecken zu können und der Herrgott nen guten Mann sein lassen.

Zuhause wurde ich mehrfach gefragt, ob das nicht verrückt sei, nach Afrika zu fliegen, um nur eine einzige Woche Safari zu machen. Ich war mir auch ncht ganz sicher. Heute weiß ich’s. Kann kann ich (und ich spreche nur für mich) gar nicht mehr verarbeiten. Es ist alles wie im Rausch, alles so unglaublich.

Was habe ich schon geleistet, dass ich das erleben darf? Näher an der Natur geht nun wirklich nicht. Mit Schlafsack und Zelt in der Serengeti. Ein Luxus, den dir kein Hotel der Welt bieten kann. Ich schwebe „auf Wolke 7“. Und das Schöne bei Elefant-Tours: Wir sind nur zu viert, vier Leute einschließlich Fahrer. Bei der Buchung hatten Sie mir damals versichert: „ Selbst wenn Sie alleine fahren, die Tour wird durchgeführt!“

Während ich so am Schwärmen bin, kommen mir aber auch andere Gedanken in den Sinn: Ich bin, wie seinerzeit auf den Philippinen, fast allein auf Tour. Damals, vor 21 Jahren, war ich als Backpacker an Orten, die so abseits lagen, dass kaum ein Tourist jemals dorthin kam. Heute stehen dort Betonburgen. Ich befürchte, mit der Serengeti wird es ähnlich sein und ich habe durch meine Anwesenheit hier und heute auch mit dazu beigetragen, dass diese „Einmaligkeit“ weiter zerstört wird. Ich hab gehört, dass sie sogar eine Autobahn durch die Serengeti bauen wollen. Es ist immer ein Hin und Her. Einerseits möchte man das Paradies, das Grzimek seinerzeit vorgestellt hat, auch sehen, andererseits möchte man nicht schuld dran sein, wenn die letzten Paradiese weiter und weiter zerstört werden. Wenn ich zuhause dann noch meinen Internet-Bericht schreibe, animiere ich ja wieder welche, hierher zu kommen. Ein Teufelskreis. Schlussendlich denke ich aber, dass ich die „Entwicklung der Welt“ nicht beeinflussen kann.

Einschub 25.6.2011: Gestern ging die Nachricht durch die Medien, dass die Regierung die Pläne des Autobahnbaus durch die Serengeti verworfen hat

Hyänen


Was wie ein großer graubrauner Hund aussieht, ist eine Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta). In Ostafrika sagt man ihnen alles nach, nur nichts Gutes. Manche Legenden gehen sogar so weit, zu behaupten, Hyänen seien die Reittiere von Hexen. Kennen die keine Besen? Weiter nach Westen sieht’s für die Hyänen schon viel besser aus. In Zaire behauptet man, dass Hyänen seinerzeit die Sonne auf die Erde gebracht hätten, um diese zu wärmen, in Nigeria gelten Hyänen, die alles verschlingen, was andere Raubtiere noch hinterlassen haben, als Symbol der Vergänglichkeit. Was ich persönlich allerdings so richtig fies finde, ist das Massai-Wort für Hyäne: Fisi!

Tüpfelhyänen sind die größten aller Hyänen. Sie sind bei bewölktem, regnerischem Wetter auch tagsüber auf der Jagd. Meist aber, wenn wie heute die Sonne herunterknallt, hängen sie irgendwo rum. Meist in Erdbauten oder im Gebüsch. Fehlt beides, muss es zur Not auch der blanke Erdboden tun.

Tüpfelhyänen haben sehr kräftige Kiefer und ein kräftiges Gebiss. Wenn man sich demgegenüber mal das „Gemeinste“ vorstellt, dem man in Deutschland zwischen die Zähne kommen könnte, einem Rottweiler nämlich, dann ist dessen Beißkraft gegenüber der 3- bis 6-fach höheren Beißkraft von Tüpfelhyänen (je nach Literaturquelle) geradezu ein Klacks. Tüpfelhyänen sollen in der Lage sein, sogar die Beinknochen von Giraffen, Nashörnern und Flusspferden durchbeißen zu können – mit 34 Zähnen. Hunde haben wesentlich mehr, nämlich 42 Zähne.

Ich kann jetzt noch nicht mal erkennen, ob unser Tier ein Männchen oder ein Weibchen ist. Das liegt aber nicht an mir, das liegt vielmehr an den Hyänen selbst. Da die Klitoris der Weibchen leicht verlängert ist und die Schamlippen Ausbeulungen haben, die stark an einen Hodensack erinnern, ist die Bestimmung des Geschlechts auch für erfahrene Tierbeobachter sehr, sehr schwierig. Und näher ran mag ich nun wirklich nicht.

… und noch einmal Geparde


Inzwischen ist es halb elf geworden. Lange werden wir wohl nicht mehr „rumkurven“. Immerhin ist laut Reiseplan von Elefant-Tours im Seronera-Camp noch ein Brunch vorgesehen, und Richtung Ngorongoro-Krater wollen wir heute auch noch fahren? Hunger hat von uns dreien allerdings niemand. Was wir gesehen haben und immer noch sehen, ist so hammerhart, dass das Camp und Alouis in weite Ferne gerückt sind. Ich glaube, es gibt wirklich kein Tier, das wir noch nicht gesehen haben. Okay, Nashörner, fehlen noch, doch die gibt’s hier nicht. Die gibt’s sicher morgen im Krater. Und einen „näheren“Leoparden. Doch wir haben ja gesehen, wie schwierig das ist, sie zu erblicken, und wenn man sie sieht, sind sie sehr, sehr weit weg. 2002 jedenfalls hatten ich ja noch nicht mal einen in der Ferne gesehen. Allerdings hatten wir damals auch keine Geparden. Insofern hat die Reise mit Elefant-Tours jetzt schon alles, was ich jemals erlebt habe, bei weitem in den Schatten gestellt.

Apropos Schatten: Im Schatten einer Akazie entdecken wir vier dösende Geparde. Sie scheinen schon gefrühstückt zu haben und lassen sich von uns nicht stören. Ob es die gleichen Geparde sind, die wir heute früh sahen? Ich kann’s nicht sagen. Überhaupt bekommt man als Tourist nicht mit, wohin uns der Guide führt. Alles ist so gleich und doch wieder ganz anders.

Resümee


Die Frühpirsch neigt sich dem Ende zu, wie überhaupt die ganze Safari sich dem Ende zuneigt. Morgen noch in den Krater und am Dienstag dann weiter nach Sansibar. Ich habe wundervolle Tage hier erlebt, Tage und Erlebnisse, wie ich sie mir noch nicht mal erträumen konnte. Löwen und Elefanten im Tarangire, dann die Fahrt durch das wohl kärglichste Gebiet, das man sich vorstellen kann. Das Bad im Engare Sero. Die Flamingos am Lake Natron. Der Oldonyo Lengai, die Serengeti. Das alles in nur 5 Tagen. Das einzige Manko: Meine Frau ist nicht dabei. Wie gerne hätte ich diese Schönheit mit ihr geteilt. Aber sie ist kein Safari-Typ. Umso mehr danke ich ihr, dass sie mich diese Reise hat alleine machen lassen. In solch glücklichen Tagen kommt man schon ganz schön ins Schwärmen und man ist dankbar, dass man das alles erleben darf. Wir sichern unsere Aufnahmen (Image-Tank) und machen uns auf Richtung Seronera Camp.

Der Super-Guide


Dass der Leopard heute Morgen so weit weg war, das hat Lazaro schon gewurmt und Lazaro wäre ein schlechter Guide, würde er nicht auch noch das Unmögliche wahr machen. Auf einer kahlen Akazie, in einer Astgabel liegt, worauf wir so lange gewartet haben: Ein „naher“ Leopard. Ich kann meine Tränen nicht mehr unterdrücken. Von den Big Five ist der Leopard immer der am schwierigsten zu bekommende. Elefant, Löwe, Büffel, Nashorn, das alles habe ich 2002 schon gesehen. Der Leopard blieb mir immer verwehrt. Heute Morgen hat er schon einen entdeckt und jetzt setzt er dem ganzen noch eins drauf. Lazaro ist ein echter Teufelskerl. Wie er die Katze im gleißenden Mittagslicht hat ausmachen können, ist und bleibt mir ein absolutes Rätsel. Ich habe schon Schwierigkeiten, überhaupt noch etwas zu sehen. Meine Augen sind nur noch zusammengekniffene, tränende Schlitze hinterm Kamerasucher. Ein Leopard auf einer Akazie! Ich halte drauf und löse aus und löse aus. Zu Hause werde ich dann sehen, dass ich 62 nahezu identische Bilder gemacht habe.

Weil der gleißende Himmel das Fotografieren für uns schwierig macht, sucht Lazaro noch einen anderen Standort, sodass wir mehr Blattwerk im Hintergrund haben. Ob das Bild nun besser ist, mag jeder selbst entscheiden.

Lazaro hat uns Tiere gezeigt, von denen Existenz wir noch nicht mal wussten. Auch wenn er’s nicht offen zeigt, ich glaube, dass er mächtig stolz ist und dass die Aussicht auf ein gutes Trinkgeld ihm auch nicht zuwider sein wird. Lächelnd dreht er den Zündschlüssel und wir fahren zurück Richtung Seronera Camp. Nach all den Eindrücken tut es richtig gut, mal nicht mehr „fotografieren zu müssen“. Entspannt lehne ich mich im Fond des Landcruisers zurück. Gegen halb eins passieren wir dann den Wegweiser zur Campsite und kurze Zeit später sind wir auch schon da.

Zurück im Camp


Als wir Camp ankommen, sind unsere Zelte schon längst abgebaut und Alouis ist im Küchenhaus gerade dabei, unseren Brunch zuzubereiten. Es duftet herrlich! Mit welcher Akribie Alouis die Spießchen macht und mit welcher Leidenschaft, das ist einfach fantastisch – mit einfachsten Mitteln auf Holzkohleglut. Wenn ich dagegen die Küchenshows im Fernsehen anseh, da muss immer alles vom Feinsten sein: Beste Messer, beste Zutaten, beste Heißluft- und Induktions-Herde. Hier in Afrika lerne ich, wo wirkliche Könner sind und wo Blender.

Unzählige Finken helfen Alouis,dabei, dass das Werk auch gelingt, und alle versuchen natürlich von Alouis’ „Kuchen“ etwas abzubekommen.

Beim Anblick des Gerichts kommt der „vergessene“ Appetit sofort wieder zurück. Alouis hat sich zum wiederholten Mal selbst übertroffen. Gleich einem Sternekoch kredenzt er uns seine Speisen. „We have meat skewer with flatcake, cumcumbers and carrot-salad in yoghurt dressing.” Es gehört zum guten Ton, dass wir vorkosten und „hmmm!!“ sagen, was uns bei Alouis´ Gerichten besonders leicht fällt. Erst wenn alle zufrieden und voll des Lobes sind, wird aufgetan.

Dann kommt wieder die afrikanische „Zweiklassen-Gesellschaft“, mit der ich mich so gar nicht anfreunden kann. Während Lazaro mit uns am Tisch isst, zieht sich Alouis zurück. Er ist und bleibt dem Guide gegenüber immer nachrangig. Dabei macht Alouis – genau wie Lazaro auf seinem Gebiet – einen herausragenden Job. Wenn man sich vorstellt, dass wir hier in der Wildnis sind, wo es keinen Strom gibt, keinen Backofen, keinen Herd, dann ist das der blanke Wahnsinn, was der kleine Mann Tag für Tag auftischt. Ich nehm’ mir noch Pommes und noch etwas Salat. Es ist einfach zu lecker. Nichts bleibt übrig! Zum Nachtisch gibt es dann noch Kaffee und frisches Obst, Melone, Ananas und Mango.


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MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA