2025-AHBF-Adventskalender-24
Heilig Abend am verlassenen Anhalter Bahnhof
Bittere Kälte hängt über dem Bahnhofsvorfeld, so klar und trocken, dass selbst der Atem kaum zu sehen ist. Die Standlaternen auf den Bahnsteigen werfen ihr warmes, ruhiges Licht auf die Schienen und lassen die alten Güterwagen in weichen, bernsteinfarbenen Tönen aufleuchten. Keine Schneeflocke stört den Anblick, kein Mensch stolpert über die Gleise — es ist unendlich still.
Vom südlichen Portal des Anhalter Bahnhofs bis hinauf zum leicht erhöhten Bahnsteig des S-Bahnhofs Möckernstraße ist niemand zu sehen. Die Lampen brennen gleichmäßig, egal ob jemand hinsieht oder nicht. Kein Schritt hallt, kein Zug fährt ein, kein Ruf zerreißt die Stille. Nur die Lichter stehen da wie geduldige, etwas pedantische Wächter einer Nacht, die es an Heiligabend besonders ernst meint.
Und gerade diese Einsamkeit ist es, die dem Ort eine unerwartete Wärme verleiht. Zwischen den ruhenden Güterwagen, unter den brennenden Laternen, in dieser klaren, unbewegten Luft liegt ein Hauch von Erinnerung — oder vielleicht auch Hoffnung. Nicht laut, nicht sichtbar, dafür leise, fast ehrfürchtig.
Wenn man genau hinsieht, sieht man eine freche Stadttaube über das Bahnhofsvorfeld stolzieren. Sie scharrt neugierig zwischen den Gleisen und hat dabei eine kleine Brotkrume gefunden. Stolz pickt sie darauf herum, als hätte sie gerade das wertvollste Weihnachtsgeschenk der Welt entdeckt. Man kann sich fast vorstellen, wie sie sich heimlich freut über diese kleine Überraschung.
Heiligabend ohne Jubel, ohne Stimmen, ganz ohne Bewegung — nur die Lichter, die beständig brennen. Und vielleicht, ganz leise, ein kleines Schmunzeln in der frostigen Luft. So bleibt die Stille stehen wie ein Versprechen, nämlich dem, dass auch dort, wo niemand ist, ein wenig Weihnachten sein kann.
Allen Modellbahnern und allen Betrachtern meines Adventskalenders wünsche ich ein warmes, humorvolles Weihnachtsfest, stille Momente voller Licht — und ein glückliches, gesundes neues Jahr 2026.
