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Montag, 9. Januar 1989


Vorbereitungen für den Heimflug


Heut’ hab’ ich mir den Wecker nicht gestellt. ich wollte einfach schlafen, bis ich von alleine aufwache. schließlich will ich heute Abend fit sein, wenn ich mich mit Jane zum „Despedida“ im „Kamayan“ treffe. Solche Abschiedsfeste können lange dauern – bis in die Puppen – hat mir Rolf gesagt. Ein letztes Mal sitz’ ich beim Frühstück. Danach hab’ ich mir von Rolf den Rucksack hochbringen lassen. Jetzt sitz’ ich da in meinem Zimmer rund versuch’ für den Heimflug alles einigermaßen geordnet herzurichten.

Eintrittskarte zum Nayong Filipino

Wenn ich morgen nach Frankfurt fliege, werde ich bestimmt meine Trekking-Jacke brauchen, meine Wanderstiefel und das Rückflug-Jeanshemd und das schwarze T-Shirt (Hemd und T-Shirt habe ich extra für den Rückflug in Folie eingeschweißt). Auch wenn mir mein Verstand sagt, dass im Januar in Deutschland sicher Minus-Temperaturen herrschen, kann ich mir ein Rumlaufen in Stiefeln und Trekking-Jacke beim besten Willen nicht vorstellen. Hier in Manila ist es auch am Morgen schon wieder brütend heiß. Nachdem ich mein Zeug gepackt und nun auch schon zu Mittag gegessen habe, geh’ ich ein letztes Mal rüber ins „Nayong Filipino“. Für eine größere Aktion fehlt mir einfach der Antrieb. In der einzigartigen Atmosphäre des Kunsthandwerk-Marktes lass ich bei philippinischen Häppchen und Calamansi-Juice in tropischer Hitze meine Reise ausklingen.

Heute les’ ich dann in der Zeitung, dass gestern der Mount Mayon ausgebrochen sein soll. Dichte Aschewolken seien in die Atmosphäre aufgestiegen und hätten die umliegende Gebiete mit Vulkanasche bedeckt. Etliche Dörfer seien evakuiert worden. Ist das der Grund, dass wir vergangenen Dienstag nicht nach Legazpi haben fliegen können?

Despedida – Abschied im Kamayan


19:30 Uhr. „Despedida“ mit Jane. Vor ein paar Tagen hatte sie mich während meines Besuchs im „Maripola Building“ dazu eingeladen. Das „Kamayan“, wo wir uns treffen wollen, ist nicht weit von „Naber’s Biergarten“, also gehe ich zu Fuß. Zwar soll das Lokal rustikal sein, aber ich traue mich nicht, mit meinen seit sechs Wochen durchgeschwitzten Klamotten zu erscheinen. Also ziehe ich ein frisches T-Shirt an, hab aber leider keine saubere Hose mehr. Da muss ich jetzt durch.

Als ich im „Kamayan“ ankomme und nach Mrs. Uy frage, habe ich das Gefühl, dass alle Blicke auf mich gerichtet sind. Man behandelt mich auffallend zuvorkommend, was ich so gar nicht gewohnt bin. Ich setze mich und bestelle ein Sprite. Jane ist noch nicht da. Im Hintergrund spielt eine Combo. Eine halbe Stunde später kommt Jane dann, in einem glänzenden, champagnerfarbenen Kleid. Ich fühle mich in meinem schwarzen T-Shirt und den Jeans ziemlich deplatziert. Dann kommt das Essen: Talaba (Austern mit Knoblauch), Bangus (gefüllter Fisch) und Grüne Mangos mit Fischcreme.

Beim Essen erzähle ich Jane von meinen Erlebnissen mit Aragon, dem Underground River und anderen Stationen meiner Reise. Sie beneidet mich, da sie nur Cebu und die Chocolat Hills kennt. Sie fragt, ob ich die Black-Nazarene-Prozession in Quiapo gesehen habe, die heute war, aber davon weiß ich nichts. Wär vielleicht was gewesen, stattdessen war ich nur im Nayang Filipino.

Kontraste


Samuel

Gegen 22:00 Uhr kommt Janes Bruder Samuel, ebenfalls herausgeputzt im „Barong Tagalog“. Er möchte nichts mehr essen und schlägt vor, noch in eine Diskothek zu gehen. Warum nicht? Dort ist es dunkel, da fällt mein Outfit nicht auf. Samuel holt den Wagen – nobel, nobel, nobel – und wir fahren zum „Shangri-La-Hotel“. Das Hotel ist so was von Protz, ich fühle mich wie bei der Oscar-Verleihung. Im obersten Stock, wo es dunkel ist, fühlen wir uns wieder gleich. Im Hintergrund spielt eine Live-Band.

Samuel fragt nach meinen Erlebnissen in den letzten sechs Wochen, und ich erzähle nochmal die Geschichte. Wie ich so am Plaudern bin, erzähl ich, dass ich als Remstäler abends schon das eine oder andere Mal meinen „Trollinger“ vermisst hätte und ich mir morgen, wenn ich in Frankfurt gelandet bin, erst mal ein „Viertele“ reinziehen werde. Ich hab den Mund noch nicht zugemacht, da lässt Samuel einen „Cháteau Chalon 1978“ auffahren, dabei habe ich französische Weine noch nie gemocht, die kratzen mich im Hals immer so, als ob ich Schmirgelpapier trinke. Doch nachdem Samuel den Wein gekostet und dieser den Test bestanden hat, wird eingeschenkt. Der Wein kratzt zwar nicht, aber er riecht – wie ich – irgendwie nach Käse und Hefe.

Gegen 23:00 Uhr bringt mich ein Taxi nach Hause. Jane und Samuel bleiben noch. Als wir die Manila Bay entlang fahren, bitte ich den Fahrer in Höhe „Pedro Gil“ mich aussteigen zu lassen. „Could you please be so kind and let me get out here? I’d like to stretch my legs.“ Bis Naber’s Biergarten ist es von hier nicht weit.

Ein bodenständiger Ausklang


Bis zu „Naber’s Biergarten“ sind’s von hier aus nur knapp 10 Minuten. Eins kann ich euch sagen: Ich bin heilfroh, dass Rolf noch auf hat und ich in „angepasster Umgebung“ und aus einem Halbliter-Glas mein „Gute-Nacht-Bier“ trinken kann.


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