Mittwoch, 28. Dezember 1988
Ansichten eines Tricycle-Fahrers
Heute geht’s zurück nach Cebu, der Stadt, in der ich wieder auftanken kann.
Was mir aber jetzt auf dem Weg zum Hafen passiert ist, ist für mich so bemerkenswert, dass ich’s hier unbedingt niederschreiben muss. Ich bin also auf dem Weg zum Hafen, als ein Tricycle anhält (es ist das Tricycle mit der Nr. 849) und mich für 1 ₱ zum Hafen bringen will. Ich nehm’ an und frage, wie ich das mit den Preisdifferenzen verstehen soll. Gestern hab ich für die Fahrt vom Hafen zur Stadt 7 ₱ gezahlt. Da hab ich bei dem ungefähr 25jährigen Fahrer voll ins Wespennest gestochen. „It is really a shame how some tricycle and taxi drivers take out tourists and travelers . With this behaviour , they destroy the relationship between Filipinos and foreigners before it even can start good.“ Er, sagt er, hätte gerne Kontakt mit Fremden, und so schon so viel von der Welt erfahren, einer Welt, die er selbst wahrscheinlich nie zu Gesicht bekommen wird. „Cheated guests don’t talk“, sagt er. Hör ich da etwas Verärgerung oder doch Wehmut heraus? Beeindruckend war’s auf jeden Fall.
Mit dem Chief Officer auf Kurs
Ich bin jetzt an Bord des Trans-Asia-Schiffes. Ladung wird gelöscht und die letzten Passagiere kommen an Bord. Da lern’ lern einen kleinen Philippino kennen, ca. vierzig Jahre alt, drei Streifen auf der Schulter. Er gehört offenbar zur Mannschaft. Ich frag ihn, was er so macht auf dem Schiff, was sein Job ist. Er meint, er mache nichts mehr, er ließe machen, er sei der Chief Officer. Gut, sag ich, dann hab ich ja den richtigen, zeig mir mal dein Schiff. Er lacht und wir machen uns auf den weg. Fast die ganze Überfahrt verbring’ ich auf der Kommandobrücke. Das ist alles hochinteressant und so ist die Überfahrt für mich alles andere als langweilig. Für ein Foto stellt sich die Crew mitsamt dem Chief Officer und dem First Mate sogar extra für mich in Pose.
Irgendwie bin ich froh, dass der Urlaub langsam zu Ende geht. 14 Tage noch. Nachdem die AE-1 sich zerlegt hat und die AL-1 auch nur noch sporadisch tut, zerlegt sich nun auch die „Canon Top Shot“ bald in ihre Einzelteile. Ganz offensichtlich sind Menschen und Material für diese Art „Urlaub“ einfach nicht gemacht – zu feucht, zu dämpfig! Und jetzt? Jetzt stehe ich da, ohne die Chance, vernünftige Fotos zu machen? Ohne Kameras bin ich gezwungen, ganz im Augenblick zu sein. Klar spüre ich die Wellen und spür den Wind, aber wie soll ich das rüberbringen? Wenn ich zurückkehre, werde ich vielleicht nicht die tollsten Fotos haben, aber ich werde etwas Besseres haben: Meine Erinnerungen, die so tief in mir verankert sind, dass kein Bild sie jemals ersetzen können.
Nur noch vergnügungssüchtig?
Gegen 16:00 Uhr kommen wir in Cebu an. Ich gehe in den „Frankfurter Hof“, wo ich eigentlich noch was essen wollte. Da werd’ Zeuge eines am Nebentisch ablaufenden Gesprächs. Vier Deutsche, vom Alter und Aussehen her sicher keine Backpacker mehr, haben ganz offensichtlich nur ein Thema. Dass ich auch Deutscher bin und alles mitbekomme, kriegen sie in ihrem „Sich-gegenseitig-übertrumpfen“ anscheinend gar nicht mit. Deren Geschwätz widert mich aber dermaßen an, dass ich, ohne was zu essen, aufstehe und gehe.
Ich muss ja ohnehin bald raus zum Silangan, morgen soll’s ja nach Davao gehen. Laut Reise-Handbuch fährt um 19:30 Uhr vom Osmeña-Circle aus der „Loveburger Bus“ zum Flughafen raus. Doch ich warte und warte und warte, aber ein „Loveburger“ kommt nicht. Da sitze ich nun, bis mir einer sagt: „Die Gesellschaft fährt schon seit August nicht mehr zum Flughafen, hat sich nicht gelohnt.“
Vorfreude auf die nächste Insel
So bleibt mir nichts übrig, als mit ein PU zu rufen. So nennt man hier die kleineren, etwas billigeren Taxis. Und ich hab Glück! Lorenzo, der Fahrer des Taxis GAZ 845, macht gar keine Anstalten zu handeln, er bietet mir den Ride zum Flughafen für 25 ₱ an. Es tut richtig gut, wenn dir mal einer der Philippinos anständig entgegenkommt und dich nicht, wie sonst allgemein hier üblich, das Fell über die Ohren ziehen will. Ich werd’ ihn weiterempfehlen. Falls ihr ihn mal sucht, sein Wagen steht immer vorm Radjah Hotel am Osmeña Circle oder aber vorm Flughafen auf Mactan Island.
Ich übernachte im „Silangan Hotel“ in Lapu-Lapu, einem sehr, sehr sauberen Bungalow Hotel unmittelbar neben dem Flughafen. Der Flug nach Davao ist gebucht und ich kann in aller Ruhe bei einem Glas Calamansi und einem Cheeseburger den Abend genießen. Es ist jetzt 9 Uhr abends. Um 4:20 geht der Flug, d.h. 6 Stunden Schlaf, vielleicht. Aber ich kann „ums Verrecken“ nicht einschlafen, bin zu aufgekratzt. Aber ein Gläschen Johnny Walker und ein Bier ersetzt jede Schlaftablette.
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