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Sonntag, 25. Dezember 1988


Erster Weihnachtsfeiertag


Rechnung des Town & Country

Erster Weihnachtsfeiertag. Hab’ vor, mit dem Schiff rüber nach Bohol zu fahren und mir die sagenumwobenen „Chocolat Hills“ anzusehen und was es sonst noch gibt auf Bohol. Da ich das „Town & Country“ ab 29. Dezember wieder habe, kann ich etliche Dinge hier lassen. Wanderstiefel, Gaskocher und vieles anderes mehr, werden einfach in einen sack gestopft und dann irgendwo eingeschlossen. Ich hab ohnehin bisher schon immer zu viel mit mir rumgeschleppt.

Wie schon so oft, sitz’ ich auch heute wieder ganz allein im Speisesaal. So früh frühstückt keiner, schon gar nicht an Weihnachten. Der Frühstücks-Boy, fragt mich, ob ich gestern Abend auch den Stromausfall mitbekommen habe. Ich sag ihm, dass ich genau hier mit meinem Calamansi-Juice saß, als es passierte. Dann erzählt er mir, dass es gestern einen Anschlag auf einen philippinischen Politiker gab, hier im Osmeña Boulevard, und deshalb der Strom ausfiel. Mir wird ganz anders. Das Frühstück war – wie immer – grandios lecker. Anschließend lasse ich mich mit einem Taxi zum Kai der Sweet Lines bringen lassen. Der Taxifahrer war überaus nett, weswegen ich ihm – ohne zu handeln – 50 ₱ gegeben. Ist ja schließlich Weihnachten.

Fährüberfahrt nach Bohol


Von Cebu nach Tagbilaran

Laut meinem Reise-Handbuch fährt Sweet Lines täglich nach Tagbilaran. Jetzt sitz ich da und hoffe, dass das auch auf den ersten Weihnachtsfeiertag zutrifft. Sieht so aus. Immerhin steht auf einer Tafel mit Kreide angeschrieben: PEARL, Tagbilaran, 12:00. Kann aber auch der Anschrieb von gestern sein. Dann ein riesen Gewusel. Ich krieg’ nicht mit mehr, was hier abgeht. Immer wieder geben Leute am Schalter Zettel ab. Ich frage mich, was das soll. Das sieht weder nach Geld aus, noch sind es Coupons, und Tickets schon gleich gar nicht.

Nach einer Ewigkeit habe ich’s dann kapiert: Auf den Zetteln stehen Namen und Adressen. Wer also ein Ticket will, muss sich vorher registrieren lassen, indem er einen Zettel mit seinem Namen drauf in den Eimer wirft. Was da drauf steht, kontrolliert allerdings keiner. Da könnte man wohl auch Micky Mouse drauf schreiben. Trotzdem schreib in brav meinen richtigen Namen und meine richtige Adresse drauf, werf’ den Zettel in den Eimer, zahl 47,55 ₱ (warum denn so krumme Beträge?) und bekomm’ dann mein gelbes „Tourist Ordinary-Ticket.“

Ticket der Sweet Lines Inc.

Ab 11:30 Uhr geht’s dann über eine schwankende Planke im Gänsemarsch an Bord. Auch hier merkt man, dass „Sicherheit“ groß geschrieben wird, denn jeder, der die Planken betritt und ein Ticket vorweisen kann, bekommt einen Stempel auf den Handrücken. Vielleicht will man so blinde Passagiere fernhalten. Vielleicht dient es aber auch dazu, dass, wenn man über Bord fällt, man nur dann gerettet wird, wenn der winkende Arm einen Stempel hat.

Ein Steward führt mich zur Kabine. Mein Gott, was hab ich da gebucht? Bei „Ordinary“ dachte ich einfach an einen Sitzplatz irgendwo, das hier aber ist ein Schlafsaal mit zwölf Stockbetten drin. Mein Bett ist Nummer 2. Und ich frage mich, was ich tagsüber mit einem Bett anfangen soll. Schließlich sollten wir doch weit vor Sonnenuntergang in Tagbilaran ankommen. Oder doch nicht? Also das mit dem Bett ist ja ein Witz. Ich geh’ raus, kauf mir ein Bier und stell mich aufs Oberdeck. Ich mach das immer so. Das Gefühl von Weite und Unendlichkeit, die frische, salzige Meeresluft, da geht nichts drüber.

Eine halbe Stunde später gibt’s dann richtig Ärger. Kommt doch da so ein Rotzlöffel daher und will Streit mit mir anfangen. Er behauptet doch glatt, ich hätte mein Bier nicht bezahlt und würde ihm 10 ₱ schulden. Ich spüre, wie mir die Hitze in den Kopf steigt. Obwohl ich weiß, dass es oft besser ist, die Ruhe zu bewahren, aber dieser kleine Mistkerl treibt’s echt auf die Spitze. Ich bin kurz davor, die Beherrschung zu verlieren und mache ihm eine klare Ansage. Als ich dann richtig energisch werde, macht er sich so schnell wie möglich vom Acker. Das ist so typisch hier: Erst große Klappe und dann Schwanz einziehen! Genau wie am 13. In Manila, wo ich mit Karin und Rolf mit dem Taxi zum „Royal Palm“ fuhr. Auch wenn’s jetzt vorbei ist, das nagt an mir. Ich geh runter und leg mich auf mein Bett. Kurz danach kommt ein zweiter Passagier in den Schlafsaal:

Wir begrüßen uns und stellen uns gegenseitig vor: „Li Wei. from China.“ „Nice to meet you, Rüdiger from Germany.“ „Lydigel?“ Na ja, das ist in Ordnung.

Ein Weilchen legen wir beide uns flach in unseren Betten, aber dann ist es mir aber zu doof, mittags im Bett zu liegen. Ich geh wieder an Deck. Dort treff’ ich ein Pärchen aus Kempten, das ich bereits von Boracay kenne: Eike und Wolfgang. Mit denen verbring’ ich dann den restlichen Tag. Es ist ein wunderbarer Tag und die Sonne brennt. In der Ferne kann man auf einer der Inseln schon die „Chocolat Hills“ herauslugen sehen. Dort will ich die Tage hin.

Das einfache Leben der Backpacker


Gegen 16:30 Uhr kommen wir im Hafen von Tagbilaran an. Ich hab vor, zum Hotel zu laufen, Eike und Wolfgang sind aber so fertig, sagen sie, dass sie lieber ein Tricycle nehmen. Im „Travellers Inn“ treffen wir uns dann wieder.

Die erste Etage des „Traveller’s Inn“, dort, wo die Zimmer sind, ist funktional und budgetfreundlich aufgebaut. Sie strahlt so eine Mischung aus „Gemeinschaftsgefühl“ und „rudimentärem Privatschutz“ aus: Links drei Betten, rechts drei Betten. Um jedes Bett herum eine Art „Privatbereiche“, die sehr spartanisch eingerichtet sind und mich mit ihren Lattentrennwänden eher an Keller-Verschläge als an Zimmer erinnern. In jedem „Verschlag“ gibt es ein einfaches Bett mit einer Strohmatratze und an der Decke einen Ventilator. Die Tür, ebenfalls aus Dachlatten, kann man mit einem „Überfallbügel“ und – wenn man will – mit einem Vorhängeschloss verschließen, sofern der Backpacker eines bei sich hat. Gestellt wird es nicht.

Der erste „Verschlag“ rechts ist meiner, Eike und Wolfgang wohnen diagonal gegenüber. Ich hänge ein Handtuch und T-Shirts an die Latten, um wenigsten ein bisschen für mich zu sein. Vorm „Schlafbereich“, also dort, wo man in die erste Etage hochkommt, gibt es einen Gemeinschaftsbereich mit Sitzgelegenheiten.

Fußweg zum Gie Gardens

Leider hat das „Traveller’s Inn“ keine Küche, sodass wir außer Haus müssen. 300 Meter die Tagbilaran North Road rauf finden wir dann das „Gie Gardens’-Restaurant. Hier kann man sehr gepflegt essen. Die Steaks vom heißen Stein, sind so was von lecker, dass ich mir gleich nachdem ich vom ersten Steak ein Stückchen abgeschnitten und gekostet habe, gleich noch ein zweites bestelle. Dauert „well done“ ja auch rund zehn Minuten. Hier könnt ich mich festsetzen, für Eike und Wolfgang – so sagen sie – ist es hier aber zu teuer. Dass ich sie einlade, kommt mir aber auch nicht in den Sinn.

Im Aufenthaltsraum treff’ ich die beiden dann wieder und wir erzählen uns gegenseitig bei einem Bier gegenseitig unsere „Traveller-Geschichten“.

Lust auf Berge von Schokolade


Morgen will ich dann mal rein in den Ort und gucken, wie ich zu den „Chocolat Hills“ komme. Im „Travellers Inn“ ist am Feiertag nämlich nur Notbesetzung und die können mir zu den „Chocolat Hills“ und wie man da hinkommt, leider gar nichts sagen. So bin ich mal wieder auf mich alleine gestellt.


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