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Samstag, 10. Dezember 1988

Morgenstimmung


5.30 Uhr. Noch ist es dunkel. Doch der Dschungel wird allmählich unruhig. Wenn die Sonne aus dem Meer taucht, will mich Aragon treffen und zum Underground River führen. Ich stehe auf und warte. Zum Frühstück gibts schwarzes heißes Wasser, Godfrey nennt es Kaffee, und Panzerplattenkekse, solche wie wir damals bei der Bundeswehr essen mussten. Nach dem Frühstück geh ich raus zum Meer. Der Strand ist menschenleer. Sand, soweit das Auge reicht. Links von mir der saftig grüne Dschungel, rechts ein Meer, das sich nicht entscheiden kann zwischen smaragdgrün, türkis und tiefblau. Und mittendrin ich, auf einem Sandteppich, weiß und eben, wie frisch gefallener Schnee. Ja, man kann schon ins träumen kommen hier.

Auf dem Monkey Trail


Gegen halb sieben kommt Aragon, mein Führer und er hat eine gute Nachricht im Gepäck: Das mit dem Boot morgen klappt. Ich bin überglücklich.

Doch erst mal ist heute, und heute geht es zum Underground River. Wieder geht es los durch den schwülheißen Dschungel. Mein Gepäck lasse ich heute in der Ranger-Station und nehm’ nur das notwendigste mit. Kamera, Blitz, Filme, Wasser und ein paar Kekse. Wie soll’s auch anders sein, der Weg geht wieder steil bergan. Auch ohne Gepäck eine Strapaze. Das Vorankommen ist mühsam und beschwerlich. Die Eingeborenen nennen diesen Pfad hier den Monkey-Trail.

Nach etwa einer Stunde sind wir am Underground River. Eigentlich heißt der Höhlenkomplex hier St. Pauls Cave, aber alle hier kennen ihn nur unter dem Namen Underground. Wie sollen wir in die Höhle hineinkommen?

Fahrt durch die Unterwelt


Zu Fuß geht das sicher nicht. Aber auch dafür ist vorgesorgt. Aus einem Versteck in einem Gebüsch zerrt Aragon ein kleines Boot hervor, ein sogenanntes Paddel-Banca, und zwei Kerosinlampen, die er am Bug festmacht und anzündet. Sind dafür seine 3 l Kerosin? Ruhig und gleichmäßig rudern wir hinein ins Ungewisse. Ein letzter Blick noch zurück, dann wird’s dunkel.

Der Wechsel vom grellen Tageslicht ins Dunkel der Höhle macht mich fast blind. Erst allmählich gewöhnen sich die Augen an die veränderten Lichtverhältnisse, und man kann erste Konturen erkennen. Tiefer und tiefer gleitet das Boot in den Schlund. Im Schein der Lampen erkenne ich erste Tropfsteine. Wir erreichen eine große Halle, die die Eingeborenen „Cathedral“ nennen.

Es wimmelt hier nur so von fliegenden Tieren, deren Geschrei das Dunkel durchdringt. Ich mein ja, es sind Fledermäuse. Aragon aber meint, es seien Vögel. Rhythmisch taucht das Paddel ins Wasser. Nach weiteren hundert Metern tauchen im Lampenschein eine Tropfstein-Palme und ein riesiger Elefantenschädel auf. Ein Elefant aus Tropfstein – Wahnsinn! Wir gleiten weiter in die Unterwelt.

Rückkehr aus der Unterwelt

Nach etwa zwei Stunden kehren wir um und paddeln den ganzen Weg wieder zurück. Der Ausflug in die Unterwelt war traumhaft. Neben der Schönheit der Höhle hab’ ich auch sehr deren Kühle genossen. Die Stille in der Höhle ist wie Balsam für die Seele. Jetzt geht es wieder hinaus in den Dschungel, wo uns die Hitze und das Summen unzähliger Insekten sofort einholen. Es fühlt sich an, als ob die feuchte Luft uns förmlich umarmt, doch ich bin froh, die Unterwelt – ich dachte schon auch an den Hades – wieder verlassen zu können und den freien Himmel zu sehen.

Rückkehr und Erholung


Von gestern merke ich noch alle Knochen. Jeder Schritt tut weh. Ich hab’ Muskelkater in Schultern, Waden und Stellen, die ich gar nicht kannte. Ich bin völlig ausgepumpt aber glücklich. Das war echt der Hammer! Wieder zurück in der Ranger Station gibt’s Essen. Wieder weiße Bohnen aus der Büchse, kalt, versteht sich, eine Delikatesse.

Das Meer beim Underground River

Bis zum Abend tu ich – außer daliegen – dann gar nichts mehr. Okay, wir reden noch ein bisschen, und trinken das eine oder andere Bier. Dann aber ist Feierabend. Gegen halb acht geh’ ich ins Bett, oder besser zu Boden, denn man schläft hier auf dem blanken Bretterboden. So kuschel’ ich mich unter mein Moskitonetz, höre dem tobenden Meer zu und dem Regen, der unaufhörlich auf das Palmendach trommelt. Irgendwie hat das alles einen beruhigenden monotonen Klang, so dass ich sehr bald einschlafe.


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