Mittwoch, 17.8.2016
Nach Montag nun zweiter Anlauf zu einer Orca-Tour in Tarifa
Heute ist d-e-r große Tag des Urlaubs. Heute wollen wir beim Whalewatching versuchen, Orcas zu finden. In freier Natur habe ich Orcas noch nie gesehen. Ich bin mächtig gespannt, ob das überhaupt klappt, erst mal die Ausfahrt selbst und dann natürlich, ob wir auch tatsächlich Orcas sehen werden. Um 4:45 Uhr hält mich nichts mehr im Bett. Duschen, anziehen, Kamera checken, dann geht´s los. Wie so häufig diese Woche auch heute wieder mal ohne Frühstück. Wieder auf die E 5 und wieder nach Süden, genauso wie gestern und vorgestern, und wieder bei Lomopardo zunächst von der Autobahn runter, dann 100 m bis zum Kreisverkehr, einmal drum rum und dann wieder zurück. Nur so kommt man von der AP-4 (E5) auf die A-384.
Um 5.55 Uhr kann ich dann nicht mehr. Ich brauche unbedingt nen Kaffee und was in den Magen. Die neu geschaffene Campsa Estaciones de Servico S. A. an der Autovia A-381, PK 20 (auf Google Maps noch gar nicht vorhanden) ist dazu geradezu ideal. Hier gibt es einen wunderbaren Cappuccino und ein Croissant. Das weckt die Lebensgeister. Jetzt geht´s mir schon erheblich besser und ich bin bereit für den Tag.
Um kurz nach Viertel acht bin ich wieder am Lidl-Kreisverkehr, dort wo ich gestern 7 km nach dem Mirador Estrecho erstmals wenden konnte. Es ist noch kuhnacht.
Um zum Parkplatz in der Calle Joaquín Tena Artigas zu kommen, lotst mich das Navi 600 m nach dem „Lidl“-Kreisverkehr links runter in die „Calle Calzadilla de Téllez“. Und obwohl ich hier am Montag bereits runterfuhr und am Montag auch hier spazieren ging, fällt´s mir jetzt richtig auf. Nach noch nicht mal 200 m den Berg runter ist linker Hand ein Parkplatz ausgeschildert, in der „Paseo del Retiro“. Den Parkplatz gibt´s weder bei Google Maps (Stand 2016) noch bei mir auf dem Navi. Ich schau mir den mal an und bin begeistert. Falls ihr auch mal hier parken wollt, was ich empfehlen kann, hier die GPS-Koordinaten 36.014457, -5.601079.
Der Tag erwacht
Vom Parkplatz aus geht geht es zunächst die Calle Gral Copons runter, an irgendeinem „Napoleon (?)“-Denkmal vorbei und dann durch die Altstadt Richtung Hafen. Die Bürgersteige sind noch hochgeklappt, derweil es allmählich hell wird. Ich hab noch genügend Zeit und geh erst mal wieder raus zum Damm vor der Isla de las Palomas. Heute ist das Wetter deutlich angenehmer und ich kann schließlich doch noch das Foto machen, das am Montag nicht möglich war: Rüdiger zwischen Meer und Ozean.
Turmares – Whalewatcher aus Leidenschaft
8:30 Uhr. Endlich öffnet auch Turmares sein Büro. Ich bin schon so heiß auf die Orca-Tour heute und Turmares ist ein Traum. Allein schon das Interieur ihres liebevoll gestalteten Büros zeigt, dass man bei Turmares offenbar mit Herzblut bei der Sache ist: Die gelben Wände, die Info-Säulen und die aufgemalte „Straße von Gibraltar“ links neben dem Eingang, das ist schon etwas Besonderes. Dieses Büro hat einfach das gewisse Etwas.
Mit Turmares auf der Suche nach Orcas
Dann ist es endlich soweit! Ich halte meine Bordkarte in der Hand wie eine Auszeichnung, wie eine Trophäe und freu mich riesig auf die Ausfahrt. Ein Traum wird wahr! Doch ob ich Orcas sehen werde?
Pünktlich um 9:00 Uhr geht’s los und nach einer dreiviertel Stunde machen erst mal Streifendelfine ihre Aufwartung. Das könnten welche aus der gleichen Schule sein, die wir bereits am Montagabend gesehen haben. Da sahen wir auch Streifendelfine, auch knapp eine Stunde von Tarifa entfernt. Die Position (8 km süd-südöstlich von Tarifa) würde ja auch passen.
Und dann: 1 ½ Stunden nachdem wir den Hafen von Tarifa verlassen haben, treffen wir tatsächlich auf Orcas. Ich bin total happy! Wer wissen will, wo man in der Straße von Gibraltar Orcas sehen kann, dem empfehle ich den Artikel „Interactions with artisanal fisheries affect the social structure of a killer whale society“. Dort kann man auf Figure 1 sehen, wo sich die in 5 Pods lebenden 59 Orcas zu welcher Jahreszeit aufhalten: Im Frühjahr westlich der Straße von Gibraltar (Bild 1b), im Sommer eher mittendrin. Dass es sich tatsächlich um 59 Individuen in 5 Pods handelt, ist in diesem Artikel auf Seite 285 nachzulesen. Laut der Untersuchung soll der Grund der verschiedenen Aufenthaltsorte darin liegen, dass sich im Sommer auch der Rote Thun (Thunnus thynnus) – die Hauptbeute der Orcas – mitten in der Straße von Gibraltar tummelt. Wenn man die dort von den Leinen der Fischer stibitzen kann, ohne Sie selbst jagen zu müssen, dann zeigt das schon auch eine gewisse Cleverness bei den Tieren.
Bei der 30 th Annual Conference of the European Cetacean Society in Funchal, Madeira berichtete Ruth Esteban am 14. 3.2016 von interessanten Beobachtungen, die sie und ihre Kollegen in den Sommermonaten in der Straße von Gibraltar machen konnten (nachzulesen hier auf S. 58). Während 3 der 5 Schulen auch in der Straße von Gibraltar aktiv Jagd machen, haben sich Mitglieder der anderen beiden Schulen dazu entschieden, sich auch an den Fangleinen der marokkanischen und spanischen Fischer zu bedienen.
Ganz schön clever, finde ich. Warum denn jagen, wenn man viel einfach an Nahrung kommen kann? Wie Esteban berichtet, versorgen sich zumindest 2 der 5 Pods auf diese Weise. Auch sollen in diesen beiden Pods mehr Nachkommen gesehen worden sein. Kein Wunder, schließlich hat man, wenn man nicht die ganze Zeit auf Jagd ist, noch Zeit für die wichtigen Dinge im Leben.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das den Fischern so gar nicht passt. Aber solange ständig Whalewatchingboote draußen sind, können Sie, selbst wenn sie wollten, nichts weiter machen.
Solltet ihr euch detektivisch engagieren und herausfinden wollen, wer die „Diebe“ sind, dann schaut doch einfach mal in die Identifizierungs-Liste, ob ihr irgendwelche Tiere zuordnen könnt.
Thunfischfangmethoden in der Straße von Gibraltar
Interessant sind für mich auch die unterschiedlichen Fangmethoden der marokkanischen und der spanischen Fischer. Während die Marokkaner mit Handleinen agieren, arbeiten die Spanier mit sogenannten Schleppangeln, die hinter dem Boot hergezogen und von hydraulisch angetriebenen Winden wieder eingezogen werden. Postiv allerdings bei beiden Methoden, dass es eigentlich zu keinem Delfin-Beifang kommen kann.
11:00 Uhr. Die Zeit ist rasend schnell verflogen. Ich habe gar nicht gemerkt, dass wir schon über 1½ Stunden Orcas fotografieren. Ob ich zu Hause irgendeinen Orca irgendeinem Pod zuordnen kann? Aber darum geht es letztendlich gar nicht. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich freilebende Orcas gesehen. Selbst Jungtiere waren dabei. Das lässt hoffen für die Population in der Straße von Gibraltar. Um 11:02 Uhr nimmt Antonio Kurs Richtung Norden. Als Bonbon – Kinder murren leicht, wenn etwas zu Ende geht – darf jeder der Kleinen im Beisein von Antonio eine Zeit lang „Kapitän“ sein. Und die Kleinen machen ihren Job echt nicht schlecht, denn nach ziemlich genau einer halben Stunde sehen wir Delfine, Gemeine Delfine.
Gemeine Delfine haben wir bei der Ausfahrt am Montag nicht gesehen. Einesteils freue ich mich, andernteils habe ich immer noch im Kopf, dass die Mittelmeer-Subpopulation des Delphinus delphis – ich hab’s gestern in Gibraltar schon geschrieben – extrem gefährdet und vom Aussterben bedroht ist.
Um 11:51 Uhr umrunden wir – vom Atlantik her kommend – die Südspitze der Isla de las Palomas. Gefühlt müssen wir ein ganz schönes Stück im Atlantik gewesen sein.
1½ km vielleicht noch bis zum Hafen. Diego von der Crew ist am „Wuseln“ und bringt am Heck der „Pirata Solvara“ eine Glocke an. Das hat er auch schon am Montag gemacht, als wir von der Ausfahrt zurückkamen. Ein nautisches Manöver? Ich frag ihn, doch leider spricht er kein Englisch oder Deutsch genauso wenig wie ich Spanisch. Muss ich nachher eben den Käpt´n fragen, doch der ist momentan beschäftigt. Um 12:06 Uhr legen wir an. Mehr als 3 Stunden waren wir draußen. Es war einfach fantastisch! Ich lasse die anderen Passagiere vor, damit ich noch in Ruhe meine Frage anbringen kann.
„Just before arriving in the harbour I saw a crew member fixing a bell at the rear oft he boat, on Monday just as today. Why does he do this? Is that part of a nautical maneuvers?“ „No, not really.“ the captain answers laughing, „but when guests leave the boat, especially children, they can ring the bell. That´s making fun and that´s all!“
Die Ausfahrt hat wirklich „fun“ gemacht, auch wenn ich selbst die Glocke nicht läute, möchte ich mich ganz herzlich und ganz persönlich bei der Turmares-Crew bedanken, bei Cristina und Ezequiel, die von ihren Beobachtungen auch in Funchal berichteten
sowie bei Kapitän Antonio und Crew-Mitglied Diego. Die Fahrt war einfach super und ich hoffe, dass ich irgendwann noch mal hierherkomme und mit euch mitfahre. Vielen herzlichen Dank.
Auch jetzt sammeln sich bereits wieder neue Gäste für eine neue Tour vorm Turmares-Büro. Ich wünsche auch diesen Meeres-Freunden viele Sichtungen und viel „fun“ mit den Profis von Turmares.
Centro de Interpretación de cetáceos y aula del mar
Im Centro de Interpretación de cetáceos y aula del mar, das in der gleichen Straße wie Turmares etwa 200 m Richtung Isla de las Palomas liegt, gibt es eine kleine Wal- und Delfin-Austellung. Bisher habe ich allerdings noch nicht herausbekommen, wer das Museum betreibt. Meine Anfrage auf der Facebook-Seite des Centro de Interpretación de cetáceos y aula del mar blieb bislang unbeantwortet.
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