Züge, Zoos und Zärtlichkeit 6
Freitag, 16. August 2019
Fahrt zum Zoo Leipzig
Um 6:38 bei Kilometerstand 198.297 kommen wir los. Die Fahrt geht fast schnurstracks nach Osten. Fast wäre es unsere letzte Fahrt überhaupt geworden! Zum Glück konnte ich in der 80er-Zone des „Tunnels der deutschen Einheit“ Punkt 7:17 Uhr den Panda auf die freie Spur nach links wegreißen Wer weiß, ob uns der mit hoher Geschwindigkeit auf der rechten Spur licht- und schallhupend daherkommende Autotransporter mit Wolfenbütteler Kennzeichen dann nicht zermalmt hätte. Jedenfalls fuhr er – nach meinem Ausweichmanöver – ungebremst rechts an uns vorbei. Ich wechsle wieder nach rechts und sehe zu, dass ich möglichst weit hinter diesem „ *** “ bleibe. (Das Kennzeichen habe ich mir selbstverständlich in meinem Tagebuch notiert.)
Bei einer Pause um 8:43 Uhr am Parkplatz Geiseltal stellt Susanne fest, dass mein linkes Fahrlicht nicht tut (wahrscheinlich habe ich deswegen letzte Nacht so wenig gesehen!). Ansonsten verläuft die weitere Fahrt – insbesondere auf der A38 – entspannt. Um 9:03 Uhr überschreiten wir die Grenze nach Sachsen und um 9:35 Uhr kommen wir im Parkhaus am Zoo Leipzig an.
Zoo Leipzig – Parkhaus
Das Parkhaus des Zoos ist genau gegenüber dem Zoo-Eingang, sodass man nachher nur noch über die Straße muss. Das sind keine 50 Meter. Zuvor muss ich aber die Lampe meines Pandas erneuern, nicht dass ich heute Abend wieder „blind“ über die Autobahn fahre.
Beim Panda geht so ein Lampenwechsel ruck-zuck. Noch kurz testen, ob die Lichtaustrittskante höhenmäßig mit der der rechten Lampen fluchtet (passt!), dann kann unser Abenteuer „Zoo Leipzig“ beginnen.
Zoo Leipzig
Eingang
Der Eintritt in den Zoo kostet 21€ und damit genau 1€ mehr, als auf der Karte abgedruckt. Dieser 1 € ist ein sogenannter „freiwilliger Artenschutz-Euro“, der helfen soll, Projekte zum Artenschutz zu unterstützen. So ganz freiwillig ist dieser „Artenschutz-Euro“ meiner Ansicht nach aber nicht, denn gefragt, ob wir diesen entrichten wollen, wurden wir an der Kasse nicht. Das wird einfach stillschweigend vorausgesetzt.
Leipzig hat, wie wir bereits bei unserem Besuch vor 3 Jahren feststellen konnten, so einiges zu bieten. Heute gilt unser Interesse aber in allererster Linie, dem am 25. Januar 2019 geborenen Elefantenbullen Bền Lòng. Susanne hat dessen Entwicklung minutiös auf der Homepage und der Facebookseite des Leipziger Zoos verfolgt und ist nun mächtig gespannt, wie es dem Kleinen geht.
Dass es am Weg auch andere Tiere gibt, scheint Susanne relativ egal zu sein. Sie kennt nur einen Weg: An Aquarium und Terrarium vorbei 300 m geradeaus, und dann beim Neuen Vogelhaus und der Seebärenanlage scharf rechts. Von dort sind´s nur noch 250 m geradeaus bis zum Elefantentempel Ganesha. Während ich Susanne hinterher hetze, kann ich nur kurz ein paar Aufnahmen von einem Bartaffen und einem Graureiher schießen.
Im Reich der Elefanten
Im Elefantenhaus ist nicht ein einziges Tier, vorm Tempel nur ein einziger älterer Elefant.
Aber dann rechts drüben. Susanne ist ganz aus dem Häuschen und ich bin natürlich mächtig happy, dass ich den Kleinen so gut vor die Linse bekomme und dass es ihm offensichtlich gut geht. Dabei gab es in Bền Lòngs kurzem Leben bereits mehr Widrigkeiten, als so einem kleinen Elefanten gut tun.
Am 25. Januar 2019 kam der kleine Elefant als drittes Kalb seiner Mutter Hoa zur Welt. Das erste Junge (2012) hat Hoa getötet, das zweite (2015) starb an einer Krankheit. Dieses Mal wollten die Elefantenbetreuer aus Leipzig nichts dem Zufall überlassen. Anfangs sah alles auch ganz gut aus. Hoa hat den Kleinen sogar gesäugt. Dann aber hat sie ihn verstoßen. Mutter und Kind mussten – zur Sicherheit des Jungen – getrennt und der Kleine fortan mit der Flasche aufgezogen werden.
Dann ein weiteres Drama. Das Elefantenkind hatte einen Nabelbruch, der dringend operiert werden musste. Damit hatte man in Leipzig nun gar keine Erfahrung, außerdem war das Tier aus Sicht des Zoos für eine OP noch viel zu klein. Erst als es deutlich gewachsen war, hat man am 7. Mai die Operation gewagt- mit Erfolg! Bereits Stunden nach der OP hat Bền Lòng wieder Ersatzmilch genuckelt.
Am 3. Juni, 4 Wochen nach der Operation, wurde der Junge getauft. Über 5.500 Namensvorschläge gingen beim Zoo Leipzig ein. Entschieden hat man sich schließlich für den Namen Bền Lòng, was in etwa so viel bedeutet wie „Durchhalten trotz Widrigkeiten“. Ein passender Name, wie ich finde, auch wenn ich die Sonderzeichen (auf dem e gleich zwei!) nicht mag.
Heute ist Bền Lòng überm Berg. Dass es ihm gut geht, dafür sorgen die Elefantenkühe Don Chung und Rani. Vom ebenfalls auf der Anlage lebenden Elefantenbullen Voi Nam wird er zumindest toleriert und Elefantenkuh Trinh tut ihm nichts. Problem ist nach wie vor Mutter Hoa, die noch immer vom Rest der Herde getrennt gehalten werden muss.
Insgesamt leben im Zoo Leipzig etwa 850 Tierarten. Wenn wir uns bei allen so lange aufhalten, wie jetzt hier bei den Elefanten (okay, es waren nur 20 Minuten, aber immerhin), dann müssten wir 12 Tage hier bleiben, Tag und Nacht – ohne Schlaf. Fraglich, ob das mit einem Tagesticket überhaupt zulässig ist.
Gondwana-Land
Lungenfische
Die aus meiner Sicht großartigste Anlage im ganzen Leipziger Zoo ist Gondwana-Land. Hier sind die tropischen Regenwälder dreier Kontinente (Asien, Afrika, Südamerika) im wahrsten Sinne des Wortes untere einem Dach zusammengefasst. Ein zwei Fußballfelder großes Tropenhaus unter einem Dach – einfach nur Wahnsinn!
Man betritt Gondwanaland durch einen – meiner Ansicht nach – viel zu langen und zu dunklen Stollen. Hier leben neben nachtaktiven Tieren wie dem Zwergplumplori auch noch Tiere, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Oder kennt ihr den Westafrikanischen oder Südamerikanischen Lungenfisch?
Die Lungenfische sind übrigens die einzigen Tiere, die ich in diesem Stollen fotografieren konnte. Alles andere ist für die Kamera – und auch für meine Augen – viel zu dunkel. Ich mag auch nicht, wenn mir Personen, die ich nicht sehe, näher sind, als mein eigenes Hemd. Zum Glück ist meine Geldbörse in einer durch Reißverschluss verschlossenen Tasche meiner Fotojacke, wo sie zusätzlich noch an einer Kette hängt.
Komodowarane
Am Ende der „Dunkelkammer“ kommen wir an ein Gehege mit Komodowaranen, die freilebend nur auf wenigen der Kleinen Sundainseln vorkommen. Komodowarane sind Schuppenkriechtiere, gehören also zur gleichen Ordnung wie unsere heimische Zauneidechse. Doch während unsere Zauneidechsen lediglich Heuschrecken, Zikaden, Käfer und Regenwürmer fressen, frisst ein ausgewachsener Komodowaran regelmäßig größere Säugetiere wie Mähnenhirsche oder Wildschweine. Da er aber über wenig Beißkraft verfügt (deutlich weniger als beispielsweise ein Leistenkrokodil), arbeitet er mit Gift. Dieses Gift hemmt bei den Beutetieren die Blutgerinnung und verursacht einen Schock. Die früher verbreitete These, dass die Beutetiere aufgrund von Bakterien an einer Blutvergiftung sterben, wird heute nicht mehr vertreten.
Fahrt auf dem Gamanil
Etwas weiter kommen wir in ein angedeutetes asiatisches Dorf, von wo aus man für 1,50€ auf einem Urwaldfluss (Gamanil = Ganges, Amazonas, Nil) eine 13minütige Bootsfahrt machen kann. Dabei wird – kombiniert aus Videoleinwänden und echten Tieren (oft kann man gar nicht mehr unterscheiden, was echt und was Illusion ist) – die Entstehung der Welt erklärt.
Toll ist, dass zusammengehörende Besucher (Pärchen, Familien) immer so aufgeteilt werden, dass sie für sich alleine eine Bank im Boot haben. Kleine Menschen dürfen dabei in der Regel vorne sitzen und …
… man hat genügend Platz, die Boote werden also nicht vollgestopft.
Man kann den Urwald (später) auch auf Hängebrücken durchqueren, das ist für mich mit Höhenangst allerdings die weniger geeignete Variante.
Totenkopfäffchen
Dann geht es weniger bequem weiter durch den Regenwald, zu Fuß. Es ist sehr, sehr heiß und noch mehr feucht. Auf einer Insel, die blockweise immer nur für kleine Besuchergruppen geöffnet und dann wieder abgesperrt wird, klettern und springen Totenkopfäffchen umher. In Leipzig ist es eine reine Männergruppe. Da in freier Wildbahn meist nur eins oder wenige Männchen in einer Gruppe mit vielen Weibchen leben, herrscht in Zoos Männerüberschuss. Die Männergruppe in Leipzig stellt also einen Gen-Pool dar, deren Mitglieder bei Bedarf an andere Zoos vermittelt werden.
Ozelots
Der Ozelot (Leopardus pardalis) ist eine in Mittel- und Südamerika beheimatete Raubkatze in der Größe etwa eines Beagles. Da sie generell nachtaktiv ist, sieht man sie in Zoos meist nur rumhängen.
Zweifinger-Faultier
Wer jetzt glaubt, dass der Ozelot der absolut chillige Typ sei, der kennt dessen Nachbarn noch nicht, das Zweifinger-Faultier. Das Zweifinger-Faultier kommt etwa in der gleichen Gegend vor wie der Ozelot. Häufig sieht man sie, wie auch hier, mit dem Rücken nach unten an einem Ast hängen. Zweifinger-Faultiere machen alles am Ast hängend: Fressen, schlafen und sich begatten. Selbst die Geburt verläuft hängend am Ast. Herunter kommen sie nur, wenn sie zum „Stillen Örtchen“ (etwa einmal die Woche) oder zu einem anderen Baum wollen.
Zweifinger-Faultiere sind „rasend schnell“. Stellt euch vor, sie würden zum Einkaufen gehen, so 1 km weit weg. Für Hin- und Rückweg braucht ihr dazu vielleicht 30 bis 35 Minuten. Das Zweifinger-Faultier bräuchte dazu vielleicht 6 bis 7 Stunden. Das ist natürlich uncool. Aus diesem Grund haben Zweifinger-Faultiere quasi einen „gestaffelten Lieferservice“. Im Fell der Zweifinger-Faultiere leben Motten, die Stickstoffverbindungen abgeben. Diese Stickstoffverbindungen mögen die ebenfalls im Fell lebende Algen. Und die Faultiere mögen die Algen, die sie einfach abschlecken.
Tropische Pflanzen
Eine ganz besondere Pflanze des Brasilianischen Urwalds ist die Gespensterpflanze. Der gelbe Fleck auf ihrer Blüte und auch ihr Geruch (ich habe trotz beinahem Nasenkontakt nichts gerochen) soll angeblich Insekten anlocken. Dann schlägt die Gespensterpflanze zu. Da drei ihrer Kelchblätter zu einer Röhre verwachsen und innen behaart sind, sind die Insekten darin gefangen. Im Gegensatz zu fleischfressenden Pflanzen bringen Gespensterpflanzen ihre Opfer aber nicht um, sondern halten sie lediglich als „Geiseln“ fest. So lange, bis der Blütenstempel mit Pollen bedeckt ist – dann werden die Insekten wieder in die Freiheit entlassen.
Die Hummerschere (Heliconia rostrata) ist eine tropische Pflanze aus Südamerika, die irgendwie – so habe ich zumindest gelesen – mit der Banane verwandt ist. Sie bildet ebenfalls Stauden, bei der der Stamm nicht verholzt. Im Gondwana-Land ist sie wahrscheinlich deshalb angesiedelt, weil sie mit ihren angeordneten rot-gelben Deckblättern die Fotografen – mich eingeschlossen – einfach anlockt.
Nach den Pflanzen geht´s links über einen kleinen Bachlauf. Tief unter uns spielen Riesenotter. Es ist zwar relativ dunkel, dennoch versuche ich, die Tiere abzulichten.
Riesenotter
Europäische Otter habe ich im Wildtierpark Bad Mergentheim schon mal gesehen, aber Riesenotter noch nie. Geschätzt sind sie weit über einen Meter lang (den Schwanz gar nicht mitgerechnet). Das ist schon beeindruckend. Riesenotter sollen – so liest man – tagaktiv und äußerst gesellig sein. Den Eindruck vermitteln sie auch im Gondwana-Land. Hier leben sie ja auch im „Paradies“.
Ganz anders ihre Artgenossen in freier Wildbahn. Während sie früher im gesamten tropischen Teil Südamerikas anzutreffen waren, ist ihre Population heute auf kümmerliche Reste in Brasilien und Peru zusammengeschrumpft. Die Gründe liegen in der Zerstörung ihres Lebensraums, in der Wasserverschmutzung, der Wilderei – aber auch – und das ist nicht zu unterschätzen (!) im Tourismus! – All dies setzt ihnen ungeheuer zu, sodass sie die IUNC (International Union for Conservation of Nature; zu Deutsch „Internationale Union zur Bewahrung der Natur“) auf der Roten Liste gefährdeter Arten als EN (endangered. d.h. als stark gefährdet mit einem sehr hohen Risiko in unmittelbarer Zukunft in der Natur auszusterben).
Im Dschungel zwischen Asien und Afrika
Auf dem Weg nach „Afrika“ sieht man unten immer wieder den „Ganmanil“ (Kunstwort aus Ganges, Amazonas und Nil) und oben den Baumwipfelpfad mit den Hängebrücken, die oberhalb des Flusses angeordnet sind.
Es ist bestialisch heiß, der Schweiß läuft in Strömen und wir sind – der Karte nach zu urteilen – gerade mal halb durch. Die Affen (Kronenmakis und Meerkatzen), die im Afrika-Bereich zu Hause sein sollen, sehen wir leider nicht, dafür aber einen Schabrackentapir.
Schabrackentapir
Was der Schabrackentapir jetzt in Afrika macht, ist mir nicht ganz klar. Kann natürlich auch sein, dass wir bereits durch Afrika sind und die Grenze nach Asien gar nicht bemerkt haben. Es muss so sein! Schabrackentapire sind die größten aller Tapire. Sie kommen ausschließlich in Südostasien vor. (Andere Tapire z. B. Kabomani-Tapire leben in Süd-, Mittelamerikanische Tapire in Mittelamerika). Ihr Name leitet sich von der dunklen Rückenpartie ab, die an eine Satteldecke aus dem Reitsport (Schabracke) erinnert.
Auch Schabrackentapire sind nach IUNC (International Union for Conservation of Nature; zu Deutsch „Internationale Union zur Bewahrung der Natur“) stark gefährdet. Die Anzahl wild lebender Schabrackentapire wird auf etwa 2000 geschätzt.
Sunda-Gavial
Gaviale gehören zur Ordnung der Krokodile. Sie leben ausschließlich im Süßwasser und stellen eine eigene Familie dar. Der Sunda-Gavial ist die südostasiatische Variante der Gaviale, die andere Variante lebt in Nepal und Nordindien. Im Unterschied zu anderen Krokodilen haben Gaviale, die in erster Linie Fisch fressen, eine dieser Beute angepasste extrem lange und schmale Schnauze.
Man kann es schon fast nicht mehr hören. Auch der Sunda-Gavial – wie viele andere Tiere, die wir heute im Gondwana-Land sahen – ist vom Aussterben bedroht. Die IUNC (International Union for Conservation of Nature; zu Deutsch „Internationale Union zur Bewahrung der Natur“) schätzt die Zahl der wildlebenden Sunda-Gaviale auf etwa 2500.
Rosa Feder
Die Rosa Feder (Wallisia cyanea) ist eine Bromelienart, die in den Regenwäldern Ecuadors zu Hause ist. Da sie keine Wurzeln haben bzw. die „Wurzeln“ nur zum Festhalten an Bäumen dienen, nehmen diese baumbewohnenden Pflanzen die erforderliche Feuchtigkeit und die erforderlichen Nährstoffe über ihre Blätter auf.
Pfeilgiftfrösche
Goldfröschchen (Mantella aurantiaca) sind leuchtend orange gefärbte, sehr, sehr kleine, aber giftige Fröschchen. Selbst ausgewachsene Frösche haben gut auf einer 1€-Münze Platz. Wild kommen sie nur in einem winzig kleinen Gebiet im östlichen Madagaskar vor und sonst nirgendwo. Kein Wunder, dass sie auf der Roten Liste der International Union for Conservation of Nature (IUCN) als critically endangered (akut vom Aussterben bedroht) eingestuft werden. Früher wurden sie ja noch als Terrarientiere gehandelt – auch bei uns – doch seit 2006 ist eine Einfuhr wildgefangener Exemplare in die EU aufgrund des Washingtoner Artenschutz-Übereinkommens (CITES) komplett verboten. Inwieweit sich die Politik in Madagaskar allerdings um Artenschutzbestimmungen kümmert, steht auf einem anderen Blatt. Derzeit haben weltweit etwa 35 Zoos die Erlaubnis, Goldfröschchen zu züchten.
Der Gelbgebänderte Baumsteiger (Dendrobates leucomelas) lebt in den tropischen Regenwäldern Venezuelas, Kolumbiens und Guayanas. Der tagaktive Frosch ist deutlich größer als das Goldfröschchen. Auch er ist – wie das Goldfröschchen – giftig. Im Gegensatz zum Goldfröschchen kommen Gelbgebänderte Baumsteiger häufig vor und werden deshalb als nicht gefährdet eingestuft.
Ausgang
1½ Stunden schleppen wir uns inzwischen durch die feuchtwarme Hitze. So schön – und einzigartig – das Gondwana-Land auch ist, bin ich froh, als ich nach dem Ausgang endlich wieder ein laues Lüftchen auf meiner Haut spüre.
Gegen „was zu trinken“ und eine Kleinigkeit zu essen hätte ich jetzt auch nichts einzuwenden.
Mittagessen in der Hacienda las Casas
Zum Mittagessen gehen wir ins „Hacienda las Casas“, neben 11 Verpflegungsstationen mit Selbstbedienung, eines von zwei Restaurants im Zoo. Das im Jugendstil gehaltene Gebäude bietet vornehmlich südamerikanische Speisen an. Zuerst aber trinken. Radler und Apfelsaftschorle verdampfen nach der Stunde in den Tropen förmlich im Hals.
Da wir so großen Hunger eigentlich nicht haben und im Tiergarten Nürnberg mit der dortigen Ofenkartoffel immer sehr gut gefahren sind, entscheiden wir uns hier für deren südamerikanische Variante. Susanne wählt die vegetarische Variante der mit frischem Gemüse gefüllten und Reibekäse überbackenen Ofenkartoffel mit Kräuterschmand, ich die vegane. Diese ist mit Chimichurri gratiniert, dazu gibt´s Guacamole. Weder von Chimichurri noch von Guacamole hatte ich jemals zuvor etwas gehört. Meinen Erfahrungsschatz besonders bereichert haben die unbekannten Gerichte aber nicht.
Meiner Meinung nach versucht das Restaurant etwas Besonderes zu sein. Das Jugendstil-Ambiente ist auch sicher klasse, aber das Essen wirkte auf mich etwas lieblos zusammengestellt und die Kellner, die auf mich den Charme von Schnell-Restaurant-Aushilfen versprühten, schienen mir bei zwei verschiedenen Gerichten und zwei verschiedenen Getränken an ein und demselben Tisch aber etwas überfordert.
Tiger-Taiga
Wir gehen nochmal hoch zum Elefantentempel Ganesha, weil wir hoffen, die Elefanten beim Baden zu sehen, doch Baden fällt heute aus. Auch vom Formosa-Ohrenschuppentier, das im Untergeschoss des Tempels wohnt, bekomme ich recht wenig mit. Es ist so dunkel, dass ich mit 1/15 Sekunde fotografieren müsste. Dass das bei sich bewegenden Tieren nichts wird, erklärt sich von selbst.
Wir gehen weiter, rüber zu den Amur-Tigern in der Tiger-Taiga. Dort soll – laut Homepage des Zoos – jeden Tag um 14:00 Uhr Fütterungs- bzw. Kommentierungs-Zeit sein. Es ist 14:00 Uhr, aber von Fütterung bzw. Kommentierung ist nichts zu sehen.
So begnügen wir uns damit, den recht schläfrig wirkenden Tiger und die umso emsigeren Chinesischen Baumstreifenhörnchen und Chinasittiche anzusehen, deren Voliere neben dem Ausgang der Tiger-Taiga anzutreffen ist.
Chinesische Streifenhörnchen und Sittiche
Nicht nur Tiger haben schwarze Streifen, auch die Chinesischen Baumstreifenhörnchen (Tamiops). Bei diesen sind die schwarzen Streifen allerdings nicht (wie beim Tiger) quer zur Körper-Längsachse, sondern längs. Wer kennt nicht die Disney-Figuren Chip an’ Dale (zu Deutsch: A-Hörnchen und B-Hörnchen)? Ist das der Grund, weswegen Chinesische Baumstreifenhörnchen heute zunehmend als Haustiere gehalten werden? Sie sind ja auch so niedlich und da sie tagaktiv sind, kann man sie auch gut tagsüber beobachten. Allerdings sollten die quirligen Tiere einen Käfig haben, der mindestens so groß ist wie eine Telefonzelle (ach, die kennt ja keiner mehr!) – dann eben so groß wie ein Dixi-Klo. Und wer hat in einer Mietwohnung schon so viel Platz?
Chinasittiche (Psittacula derbiana) sind wohl die farbenprächtigsten Edelsittiche. In freier Natur leben sie in den Bergregionen Chinas oder Tibets. Bei erwachsenen Männchen ist der Oberschnabel leuchtend rot, wogegen Weibchen einen schwarzen Oberschnabel haben (aus diesem Grund kann auch ich bei meinem Bild klugscheißern). Die Tiere sind sehr gesellig. In freier Wildbahn leben sie in Schwärmen von 4 bis 5 Dutzend. Dazu kommt, dass Chinasittiche dem Artenschutzrecht (Anhang B) unterliegen und für deren Haltung ein Herkunftsnachweis erforderlich ist. Aus Tierschutzgründen lehne ich daher jede Einzelhaltung von Chinasittichen in Privathaushalten ab.
Leoparden-Tal
Nachdem wir heute früh mit dem Elefantenjungen Bền Lòng ein wahnsinniges Glück hatten, wollen sich die Tiere heute Nachmittag offenbar nicht so gern zeigen. Von den Leoparden, die wir im Anschluss an die Tiger-Taiga im Leoparden-Tal antreffen wollten, fehlt jede Spur. Auch der Safari-Truck, der zwischen Tiger-Taiga und Pongo-Land steht, ist außer Betrieb.
Pongo-Land
Auf Holzbohlen führt der weitere Weg an Wasserläufen vorbei durch das riesige, 3 ha große Areal des Pongo-Lands, wovon mehr als 10% der Fläche ein sogenanntes „Warm-Haus“ einnimmt. Doch was bedeutet „Pongo“?
Der namensgebende Begriff „Pongo“, stammt aus der Bantusprache Kigongo, einer Sprache, die vor allem im Westen der Demokratischen Republik Kongo, in der Republik Kongo, in Cabinda und in Nordwest-Angola gesprochen wurde, bevor diese Länder von der Kolonialmacht Frankreich vereinnahmt wurden. „Pongo“ beschrieb ein „großes Tier im Wald“, das dem Menschen sehr ähnlich sei. Möglicherweise bezog man sich seinerzeit auf den Gorilla, denn das Tier „Pongo pygmaeus“ (so lautet der wissenschaftliche Name des auf Borneo lebenden Orang-Utans) konnte man im Kongo unmöglich meinen.
Pongo-Land ist also ein Menschenaffen-Land – und was für eins! Nach meinem Kenntnisstand ist das Pongo-Land des Zoos Leipzig die größte Primatenanlage weltweit. Hier befindet sich auch das Primatenforschungszentrum des Max-Planck-Institutes für Evolutionäre Anthropologie (ein Institut, das – so würde ich dessen Aufgabe definieren – der Frage nachgeht, wie sich der Mensch allmählich entwickelt hat). Eine interessante Frage, wie ich finde, denn schließlich sind die Gene der hier lebenden Orang-Utans zu 97% und die der hier lebenden Gorillas und Schimpansen sogar zu 98% mit den unseren identisch.
Unzählige Erkenntnisse haben die Wissenschaftler hier im Pongo-Land gewonnen, die uns nur in Erstaunen versetzen können:
Allen gemein ist, dass sie ganz offenbar vorausschauend denken können und Gefühle haben – zumindest könnte man deren Verhalten so interpretieren:
Gorillas (Gorilla gorilla)
Orang-Utans
- Um an eine Nuss zu kommen, die in einem tiefen, engen Schacht lag, soll ein Orang-Utan-Mädchen den Schacht so lange mit Wasser gefüllt haben bis es die Nuss erreichen konnte. Woher wusste das Affenmädchen, dass eine Nuss schwimmt? Kannte sie Archimedes?
- Bei Orang-Utans will man außerdem beobachtet haben, dass diese den Arm heben, wenn sie was Bekanntes sehen. Besonders aufgeregt werden sie angeblich, wenn sie rothaarige Menschen sehen.
Schimpansen und Bonobos
Bein Schimpansen und Bonobos tu ich mir unheimlich schwer. Wahrscheinlich, weil ich fast ausschließlich ein visueller Mensch bin. Vielleicht würde ich Unterschiede erkennen, wenn ich sie länger beobachtete. So sollen Schimpansen eher faul und die – zumindest für mich – fast ähnlich aussehenden Bonobos sehr begeisterungsfähig sein.
Primatenforscher Frans de Waal vergleicht Bonobos mit Diplomaten und Schimpansen mit Aggressoren, sein Kollege Daniel Hanus spricht bei den einen von Kamasutra-Leuten und bei den anderen von einer Haudrauf-Fraktion. (Quelle: ZEIT: Die zwei Gesichter des Menschen). So gesehen befürchte ich, dass wir – zumindest wir Deutschen – wohl näher mit den Schimpansen verwandt sind.
- Von einem Test mit einem Bonobo möchte ich noch berichten. Auf einen Tisch wurde ein Stück Eis und eine Weintraube gelegt. Dann wurden über Eis und Weintraube je ein Becher gestülpt. Ein weiterer Becher – mit nichts drunter – war ebenfalls mit im Spiel. Durfte der Bonobo sofort wählen, wählte er das Eis, musste er eine Zeit lang warten, wählte er die Weintraube. Den leeren Becher nahm er nie. Wusste er, dass das Eis nach einer gewissen Zeit geschmolzen und damit weg ist?
Zusammenfassung
Im Pongo-Land leben also Gorillas (Gorilla gorilla), Orang-Utans (Pongo pygmaeus), Schimpansen (Pan troglodytes) und Bonobos (Pan paniscus). Allen gemein ist, dass sie …
- … sich offenbar gerne Bilder oder Filme über Artgenossen ansehen.
- … im Falle des Todes eines Familienmitglieds teils unruhig sind, teils lange beim Leichnam verweilen, als ob sie eine Totenwache hielten. Sie wir Menschen da so viel anders?
- … Werkzeuge umhertragen, obwohl sie diese erst „Stunden später“ brauchen können.
Ich weiß nicht, ob Menschenaffen nun clever sind oder nicht. Auf alle Fälle sind sie ungeheuer beeindruckend für mich. Nach dem Besuch des Pongo-Landes sieht man die „haarigen Waldbewohner“ plötzlich in einem ganz anderen Licht.
Auf dem Weg zurück
Afrika und das ganze Gebiet um die Kiwara-Lodge müssen wir heute aus Zeitgründen auslassen. Der Zoo Leipzig ist für einen Tag einfach viel zu groß (Grund wiederzukommen).
Bartaffe
Bartaffen leben in den Wipfeln der Regen- und Monsunwälder in Südwest-Indien. Weil sie ständig Angst vor Räubern haben müssen, stopfen sie sich beim Fressen ihr Futter zunächst hastig in eine Art Backentaschen (die eine komplette Mahlzeit aufnehmen können) und fressen das Sammelgut dann in Ruhe an sicherer Stelle. Ihren Wasserbedarf decken sie dadurch, dass sie Tau von den Blättern ablecken.
In freier Wildbahn stehen Bartaffen kurz vor der Ausrottung. Die Weltnaturschutzunion stuft sie als endangered (stark gefährdet) ein. Wie oft haben wir das heute auch schon bei anderen im Leipziger Zoo beheimateten Tieren lesen müssen. Grund ist auch hier der Mensch, der mit Anbau von Tee, Kaffee und Eukalyptus, aber auch durch die Holzindustrie den Lebensraum der Makaken immer mehr zerstückelt. Vereinzelt werden Bartaffen auch gejagt, weil ihr Fleisch als Delikatesse gilt. Einzelne Populationen sollen nur noch 250 betragen, in Summe sollen es nicht mehr als 2500 sein.
Erneut in Südamerika
Eh wir uns versehen, sind wir schon wieder in „Südamerika“, wo wir Große Maras, Chaco Pekaris und Nandus antreffen.
Große Maras
Große Maras (oder auch Große Pampashasen) sind riesengroße, ausschließlich in Argentinien lebende Meerschweinchen (ich glaube sogar, die größten). Dass man sie „Hase“ nennt, liegt wohl an ihren recht langen Ohren, ihren noch längeren Beinen und der Tatsache, dass sie wie Hasen auf dem Hintern sitzen oder beim Liegen die Vorderpfoten unter der Brust verschränken – eben wie Hasen.
Was das Familienleben anbelangt, sind Große Maras monogam, d. h. sie sind lebenslang mit ein und demselben Partner zusammen. Das hat einen ganz einfachen Grund. Ein Weibchen wird innerhalb einer Jahres nur 3 oder 4 mal „heiß“ und das dann auch nur für etwa jeweils eine halbe Stunde. Sollte ausgerechnet in der Zeit der „Gatte“ mit Kumpels unterwegs sein, dann war´s das mit der Familienplanung. Aus diesem Grund lässt ein Großer Mara seine Partnerin keinen Moment aus den Augen. Trotz der 3- bis 4-maligen Paarungsbereitschaft pro Jahr tragen Tiere in freier Wildbahn in der Regel nur einen Wurf mit im Mittel 2 Jungtieren aus. Zur Jungen-Aufzucht errichten bis zu 30 Paare ein gemeinsames Lager, in das die Mütter nur hin und wieder kommen, um ihren eigenen Nachwuchs zu säugen. Diesen erkennen sie an Pfiffen. Die Todesrate bei Großen Maras ist hoch, doch je größer das Lager, desto höher die Überlebenschancen.
Chako-Pekaris und Nandus
Das Chaco-Pekari (Catagonus wagneri) ist eine Art südamerikanischer „Wildschweine“. Chaco-Pekaris leben in Gruppen von rund einem Dutzend Individuen und werden von einem dominanten Eber angeführt. Durch Jagd und Konkurrenz mit Weidevieh sind ihre Bestände allerdings stark zurückgegangen, sodass der Chako-Pekari heute zu den stark gefährdeten Schweinearten gehört. Die Rote Liste der IUCN sieht Chaco-Pekaris als stark gefährdet (EN, endangered).
Nandus sind die größten Vögel der sogenannten Neuen Welt. Ihre Heimat liegt in Südamerika, nördlich des 40. Breitengrads. Aufgrund von Bejagung und Zerstörung seines Lebensraums sind sie laut IUCN potenziell gefährdet (NT, Near Threatened).
Souvenir-Laden
Wie in jedem Zoo gibt es auch am Ausgang des Leipziger Zoos eine große Auswahl an Plüsch-Souvenirs. Wenn ich mit Susanne unterwegs bin, muss ich das immer einplanen. Da geht´s mir dann wie der Deutschen Bahn, wo es dann schon mal heißen kann: „Die Heimreise verzögert sich auf unbestimmte Zeit.“
Rückfahrt
Um kurz vor vier kommen wir aus dem Zoo raus. Noch schnell tanken und zwei Flaschen Becks (man weiß ja nie, wie spät man im Hotel ankommt, und wie gesagt, 4,10 € für 0,5 l sind mir einfach zu viel). Die Fahrt verläuft ohne Probleme. Um halb acht sind wir am Lohfeldener Kreisel bei unserer inzwischen „Heimat-Tankstelle“. Auch hier nochmal aufgetankt und dann lassen wir den Abend gemütlich vorm Fernseher ausklingen. Morgen haben wir die kürzeste Tour der ganzen Reise vor uns, morgen wollen wir zum Edersee.
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