Homepage / Suche / Gästebuch / Impressum

3. Wilhelmshavener Schweinswaltage (2019)

Montag 15.4.2019


Schweinswaltage, Wilhelmshaven – Treffen mit Günther Behrmann


Nach den „ewig langen Spaziergängen“ gestern in „eisiger Kälte“ ziehen wir es vor, heute mit dem Auto zum Parkplatz bei der KW-Brücke zu fahren. Als wir um kurz nach halb zehn dort ankommen, sind wir die Ersten und wir können uns den Parkplatz aussuchen. Hier kann man übrigens für 3 € einen ganzen Tag lang (24 Stunden) parken. Ab 15:00 Uhr nachmittags bis morgens 9.00 Uhr ist Parken hier sowieso frei.

Um 10:00 Uhr wollen wir uns beim Besucherzentrum mit Günther Behrmann und seiner Frau Gudrun treffen.

Günther Behrmann, wer ist das überhaupt? Behrmann ist für mich der Walexperte schlechthin. Am besten lernt man ihn, so finde ich, in einem 2014 bei den Meeresakrobaten erschienenen Artikel kennen. Lange Zeit war er Leiter des Nordseemuseums in Bremerhaven sowie Mitarbeiter des Zentrums für Walforschung und des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven, wo er die wissenschaftliche Sammlung betreute.

Über Jahrzehnte hinweg hat Behrmann – eigenen Angaben zufolge – mehr als 250 Waltiere präpariert. Unter seiner Anleitung wurden Präparatoren ausgebildet, Museumspädagogen beschäftigt und zahlreiche Unterrichtsmaterialien für Schulen herausgegeben.

Doch warum ist Behrmann für uns so wichtig? Angefangen hat alles damit, dass meine Frau, Susanne Gugeler, Ende der 1990er-Jahre als Praktikantin bei einer Forschungsstation für Schweinswale beschäftigt war, wo sie Behrmann erstmals traf. Über Jahre hinweg baute sich – nicht zuletzt dank Behrmanns Unterstützung für die Meeresakrobaten, wo er viel zur Rubrik „Anatomie“ beitrug –  eine (Fern)-Freundschaft auf.

2007 habe ich Behrmann dann erstmals selbst getroffen, im Dachgeschoss seiner Bremerhavener Wohnung. Ich war sofort fasziniert von diesem Mann. Kein „studierter Fuzzi“ sondern ein Mann der Tat, der mit autodidaktisch angeeignetem Fachwissen Maßstäbe setzt für jeden „Studierten“. Obwohl ich selbst mit Walen ja nicht so viel am Hut hatte, hat es Behrmann mit seiner ausgeprägten Didaktik geschafft, auch Laien wie mich, für die Meeressäuger zu begeistern.

Angefangen hat Behrmanns Präparatoren-Laufbahn seinen Worten zufolge mit einem Großen Tümmler. Das letzte Präparat, von dem ich weiß, war 2010 ein Pottwal, den Behrmann auf den Malediven präparierte.

Behrmann: „Eines Abends im Januar 2010 rief mich aus Gießen Professor Dr. Clauss an: »Ich suche im Auftrage eines Kollegen einen Fachmann, der beim Aufbau eines Pottwalskelettes helfen kann…« … (und) ob ich bereit wäre nach Kuramathi zu kommen, um dort mit Helfern die Arbeiten zu leiten. Nach einer Bedenkzeit sagte ich am nächsten Tage zu.“ (Quelle)

Was ist denn schon besonderes daran, wenn ein Experte angefragt und um die halbe Welt geflogen wird, um einem Pottwal zu präparieren? Eigentlich nichts! Nichts, wenn man ausblendet, dass die Tagestemperaturen auf den Malediven ganzjährig zwischen 29°C und 32°C liegen, es dort tropisch-warm und feucht ist und Günther – wir sind inzwischen per-Du – 2010 bereits 78 war. Inzwischen schreiben wir das Jahr 2019 und Günther ist 87! Wir sind stolz, dass er und seine Frau Gudrun extra von Bremerhaven nach Wilhelmshaven rübergefahren sind – um uns zu treffen.

Nach einer mehr als herzlichen Begrüßung führt unser Weg schnurstracks ins Wattenmeer-Besucherzentrum.

Im Erdgeschoss gleich hinter den Kassen – Günther geht ungefragt durch – kein Wunder, schließlich gäbe es das Präparat des 1994 vor Baltrum gestrandeten und jetzt hier ausgestellten Pottwals ohne sein Zutun nicht. Insofern finde ich es etwas schade, dass Günther neben dem „berühmten“ Gunther von Hagens, der – sicher, weltweit einzigartig, Herz und Lunge des hier ausgestellten Pottwals plastinierte – etwas untergeht.

Ich frage mich, wo von Hagens seine „Innereien“ hätte aufhängen können, gäbe es nicht das Pottwalskelett, das Günther – neben weit über 250 anderen Exponaten, die er in seinem langen Leben gestaltete – nicht mitbearbeitet und präpariert hätte. Nichtsdetotrotz erklärt uns Günther – mit aus meiner Sicht sehr berechtigtem Stolz – das Exponat und wir sind stolz, diese Exklusiv-Führung zu bekommen.

„Der kleinste der über 200 Knochen liegt im Mittelohr. Er wiegt gerade mal ein halbes Gramm. Der größte Knochen ist der Oberkiefer. Der wiegt gut 1,6 Tonnen.“ Während andere die Skelettteile nummerieren müssen, hat Behrmann Lage und Funktion jedes einzelnen Knochens im Kopf.

Ohne Günther wären wir wahrscheinlich achtlos an dem Tentakel eines Riesenkalmars, der vom Meereszoologen Dipl.-Biol. Volker Miske, Leiter des Deutschen Tintenfisch-Archivs, zur Verfügung gestellt wurde,  vorbeigegangen. Dabei sieht man Derartiges überaus selten. In Deutschland gibt es nur noch 2 Museen, die Vergleichbares zeigen. 3 Meter lang ist das Teil. Das ganze Tier dürfte demnach um die 7 Meter gehabt haben.

Nach einer ausgiebigen und sehr persönlichen Führung durchs Museum gehen wir in kleinem Kreis in einem angrenzenden Lokal Mittagessen.

Leider müssen wir uns danach aber auch schon verabschieden, da wir für heute Nachmittag eine Fahrt auf dem Weserkahn Franzius gebucht haben. Aber Günther wäre nicht Günther, wenn er für Susanne nicht noch ein außergewöhnliches Geschenk hätte, eines, das man nirgendwo kaufen kann: Eine von Günther präparierte Brustflosse eines Weißschnauzen-Delfins.

Wenn ihr mehr über Günthers Arbeit wissen wollt, dann empfehle ich euch nachfolgend 5 (von unzähligen!) Veröffentlichungen Behrmanns, vielleicht versteht ihr dann, warum ich diesem Mann so faszinierend finde. Allein nur die Zeichnungen, die macht heute keiner mehr, von den Erklärungen ganz zu schweigen.

Hinweis:
Bei manchen Rechnern kann es z.T. etwas länger dauern bis die z. T.
sehr umfangreichen Veröffentlichungen (.pdf) geöffnet sind.

Nachdem die Behrmanns wieder abgereist sind, treffen wir uns um 13.00 Uhr am Südende der Kaiser-Wilhelm-Brücke mit Frank. Zusammen wollen wir in einer Stunde mit dem Bremer Weserkahn Franzius aufs Wattenmeer hinaussegeln und vielleicht Schweinswale treffen.

Schweinswaltage, Wilhelmshaven – Fahrt auf der Franzius


Anlässlich der 3. Wilhelmshavener Schweinswaltage fährt der Weserkahn Franzius vom Bremer Weserkahn Franzius e. V. heute extra raus auf den Jadebusen. Natürlich wollen wir da – die Teilnehmerzahl ist auf 30 begrenzt – auch dabei sein. Aus diesem Grund haben wir uns bereits Anfang März für die Fahrt angemeldet.

Die Franzius ist ein Nachbau der traditionellen Weserkähne, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie aufgrund ihres geringen Tiefgangs nicht nur bestens geeignet sind für Fahrten in flachen Gewässern, sondern sich auch dadurch auszeichnen, dass sie in Tidengewässern „Trockenfallen“, d. h. auf dem flachen Grund aufsetzen können, ohne beschädigt zu werden.

Die Kaiser-Wilhelm-Brücke ist eine Drehbrücke – früher war die 440 t schwere Brücke die größte Drehbrücke Europas! Beeindruckend.

Auch wenn das Licht uns einen warmen Sonnentag vorgaukelt, ist es lausig kalt. Ich habe meinen dicken gestrickten Winterpulli an und auch die anderen stehen mir kleidungstechnisch in nichts nach.

Wegen der 3. Schweinswal-Tage sind heute auch exklusiv Wal-Experten auf dem Schiff, die informieren und uns darauf hinweisen werden, wenn sie mit ihren geschulten Augen einen Schweinswal sehen, der zum Luftholen gerade mal ein paar Zehntelsekunden zu sehen und entsprechend schwierig zu fotografieren sein wird.

Eines aber überschattet den Tag. Leider kann Susanne nicht mit. Ihr ist es seit gestern Abend, als sie im total verrauchten Kling-Klang ihren Kakao trank, nur noch übel. Allein die Tatsache, sich heute früh mit Günther zu treffen, hat sie alle 28 Zähne zusammenbeißen und „überleben“ lassen. Jetzt aber fühlt sie sich für einen Segeltörn einfach zu schwach. So gehen Frank und ich alleine an Bord. Susanne – sie hatte sich so auf die Fahrt gefreut – muss notgedrungen zurückbleiben.

Der Wind weht kräftig und der Kapitän erklärt uns bei einer intensiven Einführung, dass man auf einem Segelschiff durchaus auch mal Wasser von oben abbekommen kann. Sollte einer über Bord gehen, so erfahren wir, hat er bei 10°C Wassertemperatur gerade mal 10 Minuten zum Überleben, bei 5°C fünf Minuten. So wie die Sache aussieht – vorgestern auf der Herfahrt hatten wir Schnee – sieht es eher nach 5 Minuten Überleben aus.

Im Anschluss an den Kapitän, der uns auf nordische Art sehr deutlich macht, dass – im Notfall – er und nur er das Sagen hat, wendet sich Roger an uns. Er erklärt uns, wie wir – schließlich sind wir rund 30 Walbeobachter an Deck – uns verhalten sollen, wenn wir – was sehr, sehr schwierig ist – tatsächlich mal einen Schweinswal sehen sollten.

Dann, um kurz vor halb drei heißt es „Leinen los“. Das große Abenteuer beginnt.

Bereits nach 8 Minuten, wir sind noch keine 200 m gefahren und noch nicht mal richtig aus dem durch die Flutmole geschützten Fluthafen raus, sehen wir nördlich des Turms, der das Ende der Flutmole nach Osten hin markiert, unseren ersten Schweinswal.

Und dann noch einen und noch einen! Sind es tatsächlich mehrere? Ich weiß es nicht, Denn eigentlich kann man ja nur sicher sein, mehrere Schweinswale zu sehen, wenn man sie gleichzeitig sieht. Anhand der Bilder und der unterschiedlichen Zeichnungen der Tiere bin ich aber ziemlich sicher, dass wir zumindest zwei verschiedene Individuen gesehen haben.

Frank – das muss ich neidlos anerkennen – hat sogar ein Foto, auf dem gleichzeitig zwei Schweinswale zu sehen sind. Im Spaß zieht er mich damit natürlich auf. Ich selbst bin froh, überhaupt einen wildlebenden Schweinswal fotografiert zu haben.

Nach dieser wirklich glücklichen Sichtung sind die Tiere plötzlich weg. Wir fahren weiter, weiter hinaus. Unter Deck – und man glaubt nicht, wie geräumig das Schiff unter Deck ist – kann man sich mit Gebäck, Tee, Kaffee und Suppe stärken.

Beim Leuchtturm Oberfeuer Jappensand sehen wir dann auf einer Sandbank einen Seehund liegen.

Die Fahrt bietet jetzt schon – wir sind etwa ´ne Dreiviertelstunde auf dem Wasser – mehr als ich zu träumen wagte. Das Wetter wird zunehmend besser, sodass wir den Motor abstellen und sogar segeln können.

Wir hatten riesiges Glück mit unseren Sichtungen. Die See war ruhig und so konnten wir die typischen Rückenflossen der Schweinswale gut erkennen. Wer mehr erwartet – etwa einen 5 m aus dem Meer springenden Wal – der ist hier fehl am Platz oder eben noch nicht ausreichend informiert.

Gegen 17:30 Uhr kommen wir von unserem Törn wieder in den Nassauhafen zurück. Leider können wir nicht anlanden, weil ein anderes Schiff den Liegeplatz blockiert. Nach einem ewigen Hin- und Her mit der Hafenmeisterei räumt das Schiff dann endlich den Platz, sodass wir gegen sechs das Schiff verlassen können.

Susanne wartet schon die ganze Zeit durchgefroren auf das Schiff, das kommen und ihr den einen bringen wird… Hoff ich doch.

Schweinswaltage, Wilhelmshaven – Jadewale


Auf dem Weg zum Parkplatz machen wir noch kurz Station beim Stand der Jadewale, wo man nicht nur ausführlichst über das Wattenmeer und die Schweinswale informiert wird, sondern wo man auch Ferngläser ausleihen und von Land aus Ausschau nach Schweinswalen halten kann. Für ganz Ungeduldige gibt es sogar eine Einrichtung mit Sichtungsgarantie.

Wilhelmshaven – Bootshaus am Stadtpark


So eine Seefahrt macht ziemlich hungrig. Bereits zu Hause habe ich mir für die Abende in Wilhelmshaven ein Lokal ausgesucht. Eins hat mich richtig angemacht, und wie so oft bei meinen Planungen hatte ich auch hier den richtigen Riecher. Frank begleitet uns zum Bootshaus am Stadtpark. Vom Parkplatz am Südstrand aus ´ne Viertelstunde. Aber das lohnt sich!

Auch Susanne geht es inzwischen wieder besser– nachdem sie gegen alle Widerstände aber auf mein Drängen hin eine Tablette genommen hatte. Wir speisen fürstlich!


< zurück weiter >
3. Wilhelmshavener Schweinswaltgage (2019) – INHALTSVERZEICHNIS
HAUPTGRUPPE BERICHTE

Einen Kommentar schreiben