Tansania Safari – Teil 5
Ngorongoro Sopa Lodge
Die Lodge befindet sich im Südosten des weltberühmten Ngorongoro Kraters direkt auf dem Kraterrand. Sie ist genau so bombastisch wie alle anderen Lodges zuvor auch schon und ich frag‘ mich, muss das sein, in einem Land, in dem überwiegend Armut herrscht, derartige Protzbauten hinzustellen. Das ist nicht meine Welt. Sollte ich jemals wieder hierherkommen, werde ich versuchen, ob ich irgendwie eine Zeltsafari machen kann. Da kann es ja gar nicht ausbleiben, dass die hier lebenden und arbeitenden Menschen ein völlig falsches Bild von uns Europäern bekommen. Wer sich Urlaub in einen solchen Protz leisten kann, der muss doch reich sein. Da kann es doch gar nicht ausbleiben, dass Neid und Missgunst geschürt wird. Jetzt ist aber erst mal jetzt und ich muss versuchen,mich so gut als möglich anzupassen.
Zur Begrüßung erhalten wir, um den gröbsten Staub zu entfernen, fürs Gesicht erst mal ein feuchtes Heißes Handtuch und für die Kehle ein Glas frischgepressten Orangensaft. Beides eine echte Wohltat. da merkt man erst, wie anstrengend so eine Safari, obwohl man eigentlich nur sitzt, im Grunde genommen doch ist. Das Foyer der Lodge ist zweigeteilt und erscheint mir fast noch gewaltiger als das der Serengeti Sopa Lodge gestern. Das Foyer wird gekrönt von einer Glaskuppel. Die gläsernen Seitenwände geben den Blick frei auf einen ausgedehnten Rasen, einen riesigen Pool und den gleich dahinterliegenden Steilabfall in den Krater.
Von der Ngorongoro Sopa Lodge aus man den wohl überwältigendsten Blick über die große Caldera, in der riesige Herden von Büffeln, Gnus und Zebras leben sollen, aber auch so seltene Tiere wie Spitzmaulnashorn, Gepard, Leopard und Löwe.
Nach dem Begrüßungsschluck werden wir auf unsere Häuser verteilt, die auch hier, wie bereits in der Lake Manyara Lodge, im Stil afrikanischer Rundhütten erbaut sind. Mein Zimmer ist dezent braun gestrichen und wirkt sehr entspannend. Ausgestattet ist der Raum mit dunklen Holzmöbeln. Und auch hier wieder zwei Betten im Super-Super-XXL-Format. Glasschiebetüren geben den Blick frei zum gewaltigen Krater.
Dort muss ich unbedingt noch hin. Ich gebe dem Boy sein Trinkgeld und bevor ich auch noch irgendetwas im Zimmer unternehme, schnappe ich mir meine Kamera und gehe raus zum Krater. Dort treffe ich Michael und Christina wieder, die die gleiche Idee hatten. Vom Kraterrand geht es 600 Meter runter in die angeblich größten Caldera der Welt, 260 km² Bodenfläche. Links kann man den Lake Magadi erkennen und in jeder Richtung die das ganze Gebiet begrenzenden über 2000 Meter hohen Gebirgszüge. Da wir am östlichen Kraterrand sind und bis zum westlichen Kraterrand nichts zwischen uns ist, erwarten wir hinter den Bergen einen super Sonnenuntergang.
Auf dem Weg zurück zu meiner Hütte (die Berliner liegen in der anderen Richtung), treffe ich Massod, einen Angestellten, der mir ein Chamäleon entgegenhält. Gegen Cash darf ich das dann auch fotografieren. Da ich einem Chamäleon noch nie so nahe war, gehe ich eben auf den Deal ein. Was sind schon ein paar Euro für dieses Erlebnis? Ich darf das Chamäleon sogar anfassen und bin total begeistert. „Na was bist du denn für ein Süßer?“ Ob der Ansprache wickelt das Chamäleon nur noch seinen Schwanz um meinen Mittelfinger und verdreht die Augen …
Kurz noch geduscht und was anderes angezogen, denn es ist schon wieder Zeit fürs Abendessen. Die Decke des Speisesaals erinnert mich an einen aufgespannten Schirm. Die Wände sind auch hier riesige Fenster, durch die man fast den ganzen Krater überblicken kann. Das Abendessen, Vorspeise, Hauptgang und Nachspeise, kann man sich aus einer Menü-Karte auswählen. Zum Glück machen sie hier nicht so ein Brimborium wie gestern in der Serengeti Sopa Lodge.
Nach dem Essen, das, wie in allen Lodges der Sopa-Gruppe, auch hier äußerst lecker schmeckt, geh ich in die gleich neben dem Speisesaal liegende Bar und genehmige mir, am offenen Kamin sitzend, mit Christina und Michael gemütlich ein Feierabendbier. Heute mal ein Safari-Lager. Um das „Safari-Lager“ draußen abzuhalten, ist es am Krater abends einfach zu kühl. Immerhin befinden wir uns auf 2400 Metern Meereshöhe. Morgen früh werden wir dann in den Krater hinunterfahren. Darauf freue ich mich jetzt schon. Löwe, Elefant und Büffel haben wir bereits gesehen. Vom Leoparden hat uns Abbas gesagt, dass wir ihn gesehen hätten. Ob wir dort ein Nashorn sehen und die „Big Five“ komplettieren können?
Ngorongoro Ngorongoro Krater
Um 6:00 Uhr gibt’s Frühstück und um halb sieben geht’s auch schon los. Über eine Privatstraße fahren wir zwischen Buschwerk und Akazien hindurch runter in den Krater. Ist man erst mal unten, kann man sich, ganz anders als draußen in der Serengeti, eigentlich nicht mehr verlaufen. Egal, in welche Richtung man geht, nach spätestens 20 Kilometern kommt man an eine 600 Meter hohe Kraterwand, an der es dann heißt: umkehren. Denn raus kommt man (außer an den wenigen Serpentinenstraßen, die hinaufführen) nicht.
„Eingesperrt“ sind auch die etwa 8000 Gnus, die hier unten leben. Sie nehmen nicht an der großen Wanderung ihrer Artgenossen draußen in der Serengeti teil. Das brauchen sie auch nicht, denn Gras und Wasser sind im Krater das ganze Jahr über ausreichend vorhanden. Das freut nicht nur die Gnus, sondern auch die Zebras. Sie sind auf ihren täglichen Schluck Wasser angewiesen. Insofern ist der Krater für Gnus und Zebras ideal. Fresstechnisch kommen sie sich auch nicht ins Gehege, da Zebras und Gnus unterschiedliche Gräser bevorzugen. Probleme bereiten nur Löwen und Hyänen, denen fast ein Viertel aller Kälber hier unten zum Opfer fällt.
Und obwohl im Ngorongorokrater auch die Löwen mehr als genug zu fressen bekommen, besteht für die Gnu- oder Zebraherden als solche keinerlei Problem. Durch die unwahrscheinliche Anzahl von Geburten ist deren Bestand gesichert. Natürlich ist man geschockt, wenn man sieht, wie ein Löwe an einem Gnu nagt, dessen Größe darauf schließen lässt, dass es besonders alt noch nicht gewesen sein kann. Zum Glück haben wir den Riss selbst nicht gesehen. Doch wenn wir ehrlich sind, ist es doch genau das, was die meisten Safari-Teilnehmer als Foto mit nach hause bringen wollen. Wir Menschen sind Voyeure. Doch so mit dem Tod konfrontiert, wird’s mir klar, wie gespalten wir Menschen (und ich kann mich da nicht ausnehmen) eigentlich sind.
Geparde, die oben in der Serengeti den Grasfressern nachstellen, gibt’s hier unten nicht. (Die würden bei ihrem schnellen Sprint vor der Kraterwand auch nicht mehr rechtzeitig bremsen können.) Spaß beiseite: Der Krater hat 20 km Durchmesser, Geparde rennen bei einem Sprint gerade mal 300 Meter. Da bestünde (von wegen Anstoßen) also keine Gefahr. Weswegen es aber im Ngorongoro tatsächlich keine Geparde gibt, konnte mir niemand sagen. Es gibt hier unten übrigens auch keine Giraffen.
Dafür gibt es sehr viele Strauße. Zusammen mit Gnus und Zebras bilden sie eine Art Wachgemeinschaft. Während die Säugetiere über einen ausgeprägten Geruchsinn verfügen, überblicken die Strauße mit ihren in 2,50 Meter Höhe angebrachten, scharfen Augen das Gelände wie von einem Wachturm aus. Und so harmlos wie man glaubt, sind die Vögel anscheinend gar nicht. Abbas meint, dass ein zorniger Strauß mit einem einzigen Fußtritt sogar einen Löwen töten könnte. Unseren Straußen ist aber nicht nach töten, sondern nach was ganz anderem zumute. Es ist schon was Besonderes, wenn man dem Balzspiel der Straußenhähne zusehen kann, wenn er seine weißen Flügel abspreizt und sich wie ein Tänzer verbiegt, um seiner Auserwählten zu gefallen.
Die Fahrt durch den Krater verlangt Fahrzeug und Fahrer einiges ab. Nach einem kurzen Regen wird der als „black cotton“ gefürchtete Lehm nämlich so schmierig und glatt, dass es viele auch mit Allrad nicht mehr schaffen.
In diesem Gebiet treffen wir auf Junglöwen, von denen sich einer auffällig die rechte Vorderpfote leckt. Als wir näher hinfahren, sehen wir, dass die Tatze offensichtlich von einer Drahtschlinge eingeschnitten wurde. Abbas gibt seine Beobachtung über Funk bekannt.
Nicht lange und plötzlich werden hält ein Jeep der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt unmittelbar neben uns. Die Leute wirken sehr eifrig, um nicht zu sagen übereifrig. Ich weiß nicht, was sie und Abbas sich zu erzählen haben, jedenfalls wirken die Jagdaufseher recht ungehalten. Ich hätte ja jetzt gerne gesehen, was sie mit dem Löwen machen, aber wir werden weggeschickt und Abbas bleibt nichts anderes übrig als zu fahren.
Das Nashorn am Ngorongoro Visitor Center, wo Abbas „etwas zu erledigen hat“ wirkt so echt, dass man fast schon Angst bekommt, wenn man an ihm vorbeigeht. Während Abbas beschäftigt ist, erhalten wir anderen einen Überblick über das, was im Krater so alles zu sehen ist. Ob wir auch ein echtes Nashorn sehen werden? In unserer Gier sind wir richtig unersättlich geworden.
Abbas ist fertig und es geht weiter. Nachdem wir unendlich im Krater umhergekurvt sind, erreichen wir einen flachen See. Hier sehen wir zum ersten Mal Flusspferde auch außerhalb des Wassers. Bisher haben wir ja nur Augen, Ohren, Nasenlöcher und Rücken gesehen. Dass Flusspferde tagsüber an Land sind, ist selten. Da sie kein Fell haben, bekommen sie nämlich leicht einen Sonnenbrand. Während ein Flusspferd bäuchlings im Matsch liegt, steht das andere unmittelbar am Wasser. Vor ihm im Wasser ein Klumpen, der mich an einen größeren Brotleib erinnert. Plötzlich bewegt sich dieser Klumpen und steht auf. Ich bin ja kein Experte, aber wenn ich mir die Bilder von neugeborenen Nilpferden in Zoos ansehe, dann dürfte „unser Klumpen“ auch erst dieser Tage geboren sein, so winzig, wie er ist.
Am Lake Magadi treffen wir auf eine riesige Kolonie Flamingos. Es sind sicher mehrere Tausende. Dort ernähren sie sich hauptsächlich von wirbellosen Wasser- und Krustentieren, die er aus dem im Schlamm des Seebodens ausfiltern.
Die Elenantilope ist mit über 900 kg Gewicht Afrikas größte Antilope (sie wiegt sogar noch mehr als die massig aussehenden Kaffernbüffel). Die Elenantilope hat spiralig gewundenen Hörner, eine kurze Nackenmähne und rötliches Fell mit deutlichen Markierungen.
Lerai-Forest
Im Lerai-Forest treffen wir auf eine Kolonie Elefanten, die dem Wald schon mächtig zugesetzt haben. Viele Bäume sind von Elefanten geschält, geknickt oder umgeworfen. Doch am sechsten Tag unserer Safari haben wir schon vieles gesehen, dass sich wegen Elefanten in 50 Meter Entfernung kaum mehr einer im Defender erhebt.
Ein gewisser Sättigungseffekt hat sich breit gemacht. „Guck mal, Strauße“, murmelt einer. „Mir doch egal, ein anderer…“. „Schau mal, ein Gnu mit einem Jungen.“ „Langweilig“.
Dass die Touristen müde sind, erkennt auch Abbas und steuert einen Rastplatz an.
Rastplatz Ngoitokitok Springs
Der Rastplatz Ngoitokitok Springs, wo wir für eine Brotzeit aussteigen und auch ein WC aufsuchen können, liegt mitten im Ngorongoro Krater. Erinnerungsfotos werden geschossen. Für das obligatorische Gruppenfoto muss der Fahrer des anderen Defenders herhalten, schließlich muss Abbas unbedingt mit aufs Bild. In den letzten sechs Tagen sind wir sieben eine richtig dufte Truppe geworden. Ich denke, wenn es anstünde mitten in der Wildnis auszusteigen und den festgefahrenen Defender aus dem Dreck zu schieben, alle wären dazu bereit, Michael und Christina aus Berlin, Abbas aus Arusha, Inge aus Dresden, die Safari Girls Margret und Mechthild aus dem Ruhrgebiet und ich sowieso (Bild unten rechts von rechts).
Nach dem Lunch geht’s weiter. Wir erreichen den Munge-River, der auf meiner Karte aussieht, als wäre er der Rhein oder doch zumindest die Donau. In Wirklichkeit ist er etwa zwei bis drei Meter breit. Das spielt aber keine Rolle. Viel wichtiger ist, was wir jetzt beobachten können. Zebras stellen sich an, den Fluss zu überqueren und da sieht man, dass unter den Tausenden Zebras im Ngorngoro doch jedes eine eigene Persönlichkeit hat.
Manche kümmern sich überhaupt nicht um den Bach und latschen einfach durch, andere sind ängstlich und trauen sich nur mit Widerwillen und ein Einzelner macht uns gar die Freude und springt direkt aus dem Stand von einer Seite auf die andere. Während wir ob dieser Leistung applaudieren, ist plötzlich irgend etwas im Funk. Wir haben natürlich kein Wort verstanden aber Abbas wendet den Defender und prescht los! In letzter Sekunde kann ich noch zwei Aufnahmen vom Sattelstorch im Munge-River machen, dann ist er auch schon aus dem Blickfeld verschwunden.
Nun sehen wir, warum es Abbas so eilig hatte: Wir haben Gelegenheit, eines der letzten Spitzmaul-Nashörner im Ngoro Ngoro zu sehen. Diese Tiere wurden mittlerweile dermaßen dezimiert, dass es 1998 nur noch 8 Exemplare im Ngoro Ngoro Krater gegeben haben soll (neuere Daten liegen mir leider nicht vor). Heute gehören Spitzmaulnashörner zu den am meisten gefährdeten Tieren weltweit. Obwohl Ranger die Tiere permanent bewachen, schaffen es gut organisierte Wilderer doch immer wieder, Tiere abzuschießen – Wegen des Horn, eines Horns, das für niemanden einen Nutzen hat (außer natürlich für das Tier selbst). Im Mittleren Osten (vor allem im Yemen) werden Dolchgriffe daraus gemacht und in Asien zahlt man astronomische Preise für ein Aphrodisiakum. das aus dem Horn des Tieres hergestellt wird.
Black Rhinos, wie Spitzmaulnashörner auch genannt werden, sind kleiner als ihre „weißen Brüder“, aber auch deutlich angriffslustiger. Kennzeichnend für sie ist ihre dreieckförmige Oberlippe mit der sie Zweige greifen und Blätter abrupfen können, während die Breitmaulnashörner eher Gras bevorzugen.
Das Abenteuer „Rhino“ und der damit verbunden Adrenalinschub hat uns wieder wach gemacht.Plötzlich interessieren uns auch wieder Elefanten. Und der hier scheint sich auch mächtig für uns zu interessieren. Drohend stellt er seine Ohren auf. Das macht schon Eindruck. Kameras klicken. Da wir nicht weichen und wohl auch hier der „Klügere“ nachgibt, trottet er ohne weitere Drohgebährde zurück in die Pampa. damit geht auch unser letzter Gamedrive zuende. Auf dem Weg nach oben treffen wir auch in den bewaldeten Hängen noch ein paar Elefanten. So von Büschen eingerahmt, hatte ich Elefanten noch nie gesehen.
Moment mal, das ist doch kein Elefant!. „Stop“, brülle ich und Abbas tritt, obwohl er eigentlich nach Hause will, nochmal auf die Bremse. Die riesigen Hörner eines mächtigen Wasserbüffels blitzen durch’s Gebüsch. „Less than a second and these horns have slashed your bodies”, meint Abbas, grinst und verbreitet damit ein weiteres Mal die von Großwildjägern in die Welt gesetzte Geschichte. Für uns jedenfalls ging von diesem Kaffernbüffel keine Gefahr aus. Er stand nur da und kaffte, äh gaffte, und wir taten’s ihm gleich.
Eine Woche lang waren wir unterwegs und wir haben mehr fotografiert als jemals erhofft. 27 Diafilme habe ich verschossen, fast 1000 Bilder, so viel wie noch nie in einem Urlaub. Bin gespannt, ob das eine oder andere brauchbare Bild dabei sein wird. Von dem aber mal abgesehen, Dias sind nicht alles, es sind die Bilder, die im Kopf bleiben, die Gerüche, die Geräusche, einfach alles. Sollte ich mir jemals wieder einen „größeren” Urlaub leisten können, ich denke, Ngorongoro und Serengeti werden auch dann wieder ganz oben anstehen.
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Am 19. August 2009 um 18:07 Uhr
Hallo Rüdiger, ich muss Dich etwas korrigieren. Im Krater gibt es sehr wohl Geparde.
Wieviele weiß ich nicht, hab aber mit eigenen Augen einen gesehen.
Übrigens sagte unser Guide 2008, dass im Krater zur Zeit 40 Rhinos leben. Allerdings hab ich nur zwei gesehen.
Ich freue mich schon auf Deine Berichte von der Tour im August 2009.
Viele Grüße
Marion