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Tansania Safari – Teil 2



Lake Manyara Lodge


Nach einer endlos anmutenden Fahrt erreichen wir kurz vor Sonnenuntergang die Lake Manyara Lodge. Diese liegt in der Nähe von Mto Wa Mbu direkt oberhalb der Steilwand des Rift Valleys.

Während wir unser Gepäck aus dem Defender ausladen, tippeln die Angestellten der Lodge von einem auf den anderen Fuß als ob sie auf Toilette müssten. Sie bestehen partout darauf, unser Gepäck auf die Zimmer bringen zu dürfen. Ich komm mir ein bisschen blöd vor dabei, mir das winzige Täschchen tragen zu lassen. Den Fotorucksack gebe ich sowieso nicht aus der Hand. Die Trag-Aktion dauert keine zwei Minuten, bringt einem Boy aber pro Urlauber 1 $ ein.

Die Lake Manyara Lodge ist ein bisschen altmodisch, aber sehr gemütlich. Die reetgedeckten Rundbauten erinnern an ein traditionelles Dorf. In jedem Rundbau sind vier Zimmer untergebracht, zwei unten und zwei oben. Jeder Raum verfügt über eine eigene Veranda mit Blick Richtung Lake Manyara.

Mein Zimmer ist im letzten Gebäude, rechts unten. Das Zimmer ist riesig groß und auf den ersten Eindruck sauber. Die Innendekoration zeigt die Vorliebe der Massai für leuchtende Farben. Hier fühle ich mich gleich viel besser wohler als im ASC-Hotel „Dolphin“. Andererseits, dieses Hotel gehört auch nicht zum ASC, sondern zur Serena Group.

Nachdem ich dem Boy seinen obligatorischen Dollar gegeben hab, leg’ ich nur kurz meine Sachen ab, schließ die Tür zu und geh rüber zum großen Pool. Von dort müsste man eigentlich einen spektakulären Blick über das Great Rift Valley und den Lake Manyara haben. Leider kann man beides um diese Uhrzeit nur noch erahnen. Da gibt’s nur eins: Morgen etwas früher raus und noch vorm Frühstück fotografieren.

Das Abendessen ist äußerst lecker, was aber nervt, ist der Gospelchor, der während des Essen singt. Das ginge ja noch, liefe nicht hinterher einer mit dem Körbchen rum um Geld zu sammeln. Das ist genauso nervig wie in den Münchner U-Bahnen, wenn Musikanten die U-Bahnen stürmen, ungefragt singen und dann Geld kassieren wollen. Wenn ich Geld ausgeben will für ein Konzert, dann will ich das selbst bestimmen. Was mich nervt, ist, wenn mir irgendjemand irgendetwas überstülpen will, und man sich im Gruppenzwang dann der Sache kaum mehr entziehen kann.

Nach dem Abendessen treffe ich mich mit Michael und Christina in der Nähe der Bar. Dort kann man auf einer Terrasse draußen sitzen und bei einem Kilimanjaro-Bier den Abend genießen. Da die Berliner u. a. auch digital fotografieren und filmen, können wir bereits heute die ersten Aufnahmen genießen. Wir sind allesamt gespannt, was das wohl werden wird, morgen, wenn wir zu unserem allerersten Gamedrive aufbrechen.

Die Nacht war unruhig und ich habe sehr schlecht geschlafen. Ich bin recht nervös. Ich will nichts verpassen. Deshalb habe ich den Wecker ja auch auf 5 gestellt, weil ich vorm Frühstück noch unbedingt ins Great Rift Valley gucken und fotografieren möchte. Draußen ist’s kuhnacht. Erst gegen 6 wird’s langsam dämmrig. Ich schnapp meine Kamera und geh rüber zu Pool und zur Abbruchkante. Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Mindestens 10 andere sind nicht minder verrückt und warten wie ich auf den Sonnenaufgang.

Der erwartete spektakuläre Sonnenaufgang bleibt aus. Es wird einfach nur hell, ohne Feuerball. Aber, wenn man angestrengt hinunterschaut, kann man unten schon vereinzelt Tiere ausmachen. Ich bin ziemlich sicher, dort unten auf der Lichtung eine Giraffe zu sehen. Mein erstes afrikanisches Wildtier. Weit weg zwar, aber immerhin das erste – nachdem wir gestern auf der Fahrt von Namanga hierher ja gar nichts gesehen haben. Ich würde ja gerne noch bleiben, aber ich muss zum Frühstück und mein Gepäck zusammenraffen muss ich auch noch. Das ist aber weiter nicht schlimm, weil ich eh nichts ausgepackt hab. Heute startet endlich die erste Pirschfahrt. Wie nahe werden wir an die Tiere rankommen und welche Tiere werden wir überhaupt sehen?

Lake Manyara Nationalpark


3 Landrover Defender, 3 Fahrer und 18 Gäste. Die erste Pirschfahrt hat begonnen. Wäre nicht die rote Erde, könnte man sich auch glatt irgendwo im Mittelmeerraum wähnen. Zumindest erinnert das niedrige Buschwerk ein bisschen daran. Bis zum Gate des Lake Manyara Nationalparks ist es nur ein Katzensprung und doch kommt uns die Anfahrt ewig vor. Wenn wir den Reiseführer glauben dürfen, werden wir im Marschland beim Sodasee mit Sicherheit Steppenzebras, Gnus und Kaffernbüffel sehen und in den Akazienwäldern vielleicht Paviane und Giraffen.

Bereits hundert Meter hinter dem Gate stoßen wir auf unsere ersten Tiere: Paviane in einer ganz bestimmten Marschordnung, die starken Männchen vorne und an den Seiten, die Weibchen mit ihren Jungen in der Mitte. Zuerst sind sie noch recht weit weg, aber je weiter wir in den Park eindringen, um so häufiger und um so näher bekommen wir sie zu Gesicht. Die Kameras klacken. Die Affen lassen sich von uns aber nicht stören. Bei der gegenseitigen Fellpflege nicht und auch nicht bei der wohl auch bei Affen „schönsten Sache der Welt“.

Plötzlich sehen wir rechts im Gebüsch eine kleine Antilope, grad mal so groß wie ein Hase, ein Dikdik. Eigentlich müssten wir ja zwei sehen, weil Dikdiks (wie bei uns die Stockenten) immer als Paar auftreten und auch ein Leben lang zusammenbleiben. Wir sehen aber leider nur dieses eine und wundern uns, dass es nicht davonläuft. Dikdiks sind nämlich von Haus aus sehr ängstliche Tiere, die bereits bei der leisesten Unruhe „dik-dik“ rufen (daher der Name Dikdik) und davonrennen. Dadurch werden viele andere Wildtiere vor Räubern und Jägern gewarnt und ebenfalls zur Flucht animiert. Nachvollziehbar, dass Jäger die Dikdiks daher gar nicht mögen.

Inzwischen hat uns die Safari richtig gepackt und wir sehen immer mehr und auch immer größere Tiere, wie hier dieses Rudel weiblicher Impalas. Impalas, wegen einer dunklen Färbung am unteren Ende der Beine auch gerne Schwarzfersenantilopen genannt, sind ausgesprochene Herdentiere. Weibliche Impalas erkennt man übrigens daran, dass sie keine Hörner haben. Da es im Gegensatz zu reinen Männchenrudeln keine reinen Weibchenrudel gibt, suchen wird verzweifelt nach dem Bock, und da ist er dann auch: Ein bisschen abseits leckt er sich seine Flanken. Weibchen bleiben eigentlich immer zusammen und verlassen die Herde nur, wenn sie ein Junges bekommen. Dann suchen sie irgendein Versteck auf und kommen erst wieder zur Herde, wenn das Junge „auf eigenen Beinen stehen kann“. Impalas sind sehr schnell und können bis zu 3 Meter hoch und über 8 Meter weit springen. Im Normalfall aber verstecken sie sich aber lieber oder vertrauen auf den Schutz der Paviane, in deren Nähe sie sich gerne aufhalten.

Giraffen sind die höchsten, im Verhältnis zu ihrer Höhe aber kürzesten Säugetiere. Der Hals der Giraffe ist in etwa so lang wie die Vorderbeine. Der Rücke fällt von den Schultern her stark nach hinten ab. Auf dem langgestreckten Kopf hat die Giraffe zwei mit Fell bewachsene „Hörner“, die etwas kürzer sind als die sehr beweglichen, etwa 15 cm langen Ohren. Giraffen gibt es mit unterschiedlicher Fellzeichnung, aber diese hier, erscheint mir mit ihrem „Weinlaubmuster“ schon sehr ungewöhnlich. Es ergibt sic eigentlich fasst schon von selbst, dass Giraffen natürlich keine Grasfresser sind. Wie sollten sie mit dem langen Hals auch mit dem Maul auf den Boden kommen? Da haben sie schon riesige Probleme, wenn sie trinken müssen. Statt Gras frisst die Giraffe Zweige, Knospen und Blätter von Akazien. Besonders beliebt sind die Kronen der Bäume, also die Stellen, wo die Sonne das Blattwerk besonders grün und nahrhaft macht. Beim Fressen benutzen sie ihre Zunge so geschickt wie ein Elefant seinen Rüssel. Gegen die spitzen Dornen sind Lippen und Zunge der Giraffe (ähnlich wie die von Kamelen) unempfindlich. Was auch kaum jemand weiß, wenn Giraffen saftige Nahrung vorfinden, können sie auch lange (ähnlich wie Kamele) ohne Wasser auskommen.

Im Gegensatz zu Giraffen müssen Kaffernbüffel ständig, sogar mehrmals täglich, trinken. Deshalb fühlen sie sich in der Nähe von Wasser am wohlsten. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass wir unsere ersten Kaffernbüffel, eine Kuh mit ihrem Nachwuchs, unmittelbar am Ufer des Lake Manyara sehen. Die Jungen der Kaffernbüffel kommen meist am Ende der Regenzeit zur Welt. Demnach dürfte das Kälbchen, das tapfer seiner Mutter hinterhertrottet, etwa zwei Monate alt sein. An gleicher Stelle sehen wir auch unser erstes Gnu und unser erstes Zebra.

Kurze Zeit später kommen wir zu einem Tümpel an, der voll ist mit Flusspferden. Zu meiner Verwunderung dürfen wir hier sogar aussteigen. Sieht so aus, als würden die Flusspferde das Bad in der schlammigen Brühe so richtig genießen. Schade, dass man im Internet nichts riechen kann. Könnte man, würden Sie die Hippos wahrscheinlich bedauern. Aber Flusspferde denken wohl anders über Badezusätze als wir. Sie fühlen sich nur wohl, wenn die Badewanne so richtig voll ist mit Hippo-Urin und Hippo-Kot. Um die Exkremente dann auch richtig zu verteilen, wird der winzige Schwanz eingesetzt, wie ein Quirl – einfach rührend.

Was haben wir alles schon gesehen? Dikdiks, Impalas, Giraffen, Büffel, Gnus, Flusspferde – alles Pflanzenfresser. Ich denke, es ist vom Veranstalter geschickt gewählt, dass man nicht gleich Löwen, Geparden und Leoparden zu sehen bekommt. Man würde vielleicht größenwahnsinnig. Auch Elefanten haben wir noch keine gesehen oder Nashörner oder was weiß ich, was noch alles. So viele Tiere gleich am zweiten Tag zu sehen (eigentlich ist es ja der erste Tag, der Tag gestern war ja nur Anfahrt), das hat schon was. Und jetzt eines der Wildtiere auch noch riechen zu können, das ist schon grandios.

Dann heißt es „einsteigen“ und „weiterfahren“. Immer wieder weist Abbas auf große Bäume hin mit weitausladender, schattenspendender Krone. Diese Bäume sollen etwas Besonderes sein. Aus ihren bis zu 60 cm langen Früchten, die wie Leberwürste von den Zweigen hängen, wird das sogenannte „Kigelia-Extrakt“ gewonnen. Kigelia setzt man ein, um Geschwüre, Psoriasis und Ekzeme zu heilen. Bei Damen auf der Brust verteilt, soll es der Busenstraffung dienen. Aber auch bei schlimmen Krankheiten, wie Lepra, Syphilis und Ruhr werden die Früchte des Leberwurstbaums zur Heilung eingesetzt. Ein wahrer Wunderbaum also, dem wir, angesichts der Tiere, die wir im Lake Manyara Nationalpark fotografieren können, jedoch kaum Beachtung schenken.

Plötzlich tritt Abbas auf die Bremse, dass wir uns kaum mehr auf den Beinen halten können. „Simba! Simba kipo pale“, flüstert er und deutet auf einen Baum. „Simba?“ Wo soll hier ein Löwe sein? Ich seh nichts. Zum Glück bin ich aber nicht der einzige „Blinde“. Weder Michael oder Christina noch Inge, Margret oder Mechthild sehen einen Simba. „Lion, there on the lowest branch!” wiederholt Abbas auf Englisch. Wider besseren Wissens nehmen wir eben unsere Kameras hoch und fotografieren in die Richtung, die Abbas zeigt.

Später zuhause sehe ich dann auf dem Dia, dass auf dem linken Ast in der unteren Astgabel tatsächlich etwas sitzt. Könnte ein Löwe sein.

Abbas ist stolz über seine Beobachtung und wir sind etwas ratlos. Wie kann der mit „unbewafffnetem“ Auge ein Tier sehen, das wir mit 300er-Tele nicht sehen können? Antwort: Weil „lion“ zu seinem Job gehören und wir eben nur „Laien“ sind.

Mit der Gewissheit, den besten aller Fahrer erwischt zu haben, machen uns auf den Heimweg. Das Dach wird geschlossen und wir freuen uns über unsere erste erfolgreiche Pirschfahrt. So viele Tiere haben wir gesehen: Paviane, Dikdiks, Impalas, Giraffen, Kaffernbüffel, Flusspferde, Warzenschweine und jetzt einen Löwen (okay, den haben wir nicht gesehen). Die Digiknipser starren auf ihre Displays und ich, der ich Dias mache, äuge neidisch rüber. Wir werden erst gestört, als Abbas abrupt abbremst. Uns stockt fast der Atem. Ein riesiger Elefant kreuzt unseren Weg. Keine Frage, wer da „Vorfahrt“ hat. Ich fühl mich an Jurassic-Park erinnert und habe gleichfalls das Gefühl, dass der Boden unter den Schritten des Tembo wackelt. Der Anblick dieses Riesen hat unser Blut noch einmal mächtig in Wallung gebracht. Aber jetzt ist unser erster Game-Drive, und der war aus meiner Sicht mehr als erfolgreich, wirklich zu Ende. Abbas legt einen höheren Gang ein und wir machen uns auf den Weg zu unserer nächsten Unterkunft, der etwa 70km entfernten Tarangire Sopa Lodge.


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LÖWENZAHN UND ZEBRASTREIFEN
REISEBERICHTE AUS AFRIKA