AHBF-Adventskalender – 02. Dezember 2025
Fünf Ebenen, ein Modell
Da verlangt auch Spur N Ingenieurskunst
Wenn man den Anhalter Bahnhof bauen will, kommt man um die Brücken am Landwehrkanal nicht herum. Für mich sind diese fünf übereinander geschachtelten Verkehrsebenen ein Zeugnis phänomenaler historischer Ingenieurskunst, die man auf den ersten Blick kaum begreift. Die Ebenen sind:
- der Landwehrkanal selbst,
- die U-Bahn, die unsichtbar unter ihm hindurchführt,
- die Straßen Hallesches und Tempelhofer Ufer, die etwas oberhalb verlaufen,
- die viergleisige Fernbahnbrücke
- und die alles überspannende, 72 m lange Kasten-Gitter-Brücke der Hochbahn.
Kaum jemand, der die Brücken mur kurz betrachtet, kann ermessen, welches Know-how da dahintersteckt. Für mich ist es deshalb wichtig, die Situation am Landwehrkanal erst mal selbst zu verstehen: Vom Wasserstand des Kanals über die Straßenhöhen bis zur Unterkante der Fernbahnbrücke – alles muss stimmen. Jeder Zentimeter zusätzliche Höhe hätte seinerzeit nämlich Unmengen an Erde und Tonnen an Gestein bedeutet, was den Bau sowohl in echt als auch im Modell kompliziert macht. Die Ingenieure schafften es damals, die Bahnsteighöhe des Empfangsgebäudes auf gerade mal 39,20 m ü. NN. zu bringen und die Schienenoberkante der Fernbahnbrücke nur 53 cm über der Trägerunterkante. Wenn das kein Meisterwerk an Präzision ist.
In Spur N will ich die fünf Verkehrsebenen um den Landwehrkanal also auch möglichst originalgetreu nachbilden. Der höchste Pegel des Kanals entspricht auf meiner Anlage 120 mm über dem Basisniveau, die Möckernbrücke (auf der Anlage 45 cm weiter östlich) liegt 24,4 mm höher. Das Tempelhofer Ufer, das in echt 2,5% ansteigt, muss also so kaschiert werden, dass man die im Modell 5,4-prozentige Steigung nicht wahrnimmt. Auch bei andere Details müssen Kompromisse eingegangen werden. So würden die 53 cm zwischen Brückenunter-bis Schienenoberkante im Modell 3,3 mm betragen. Das geht allein deswegen schon nicht, weil bei z.B. Minitrix-Gleisen allein Schwellen und Gleisprofil bereits 3,8 mm beanspruchen. All das muss – bei aller Modelltreue – irgendwie kaschiert werden.
Gott sei Dank muss ich die Berechnungen der wilhelminischen Ingenieure aber nicht selbst durchführen. Nichsdestotrotz bleibt da dieses nagende Gefühl: Ob ich das jemals schaffen werde?

Am 2. Dezember 2025 um 10:32 Uhr
Wow, lieber Ingenieur ,
Welch‘ tolle Arbeit und was für ein Schauspiel.
Ich bin begeistert und schon jetzt auf die Fortsetzung gespannt.
Hab eine schöne Adventszeit