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Andalusien -17. August 2018

Tarifa


Heute ist – so zumindest die uns bekannte Wettervorhersage – der wahrscheinlich einzige Tag im gesamten Urlaub, an dem in Tarifa Delfin- oder Orca-Ausfahrten möglich sein sollen – zumindest theoretisch. Aus diesem Grund verlassen wir bereits in aller Herrgottsfrühe und ohne Frühstück das Hotel. Um sicher einen Platz zu ergattern – wer weiß, wie groß der Andrang ist – sollten wir bei „Turmares“ sein, sobald die aufmachen.

Das Auto stellen wir auf einen öffentlichen Parkplatz an der Ecke Calle Calzadilla de Téllez / Calla Gral. Copons. Ich habe diesen Parkplatz 2016 durch Zufall entdeckt. Damals gab es den noch nicht mal in Google Maps.

Vom Parkplatz aus zum Hafen und zu Turmares sind es zu Fuß gerade mal fünf-/sechshundert Meter. Obwohl es bereits kurz vor acht ist, sind hier die Bürgersteige noch „hochgeklappt“. Man sieht niemanden in Tarifa, keine Menschenseele.

Die Calla Gral. Copons runter, die später in die Calle Sancho IV el Bravo übergeht, kommen wir an der Kirche „San Meteo“ vorbei und an einem Laden, an dem mit gelben Lettern „Turmares“ steht. Das ist aber nicht das „Turmares“, das ich kenne, das hier scheint nur eine Art „Außenbüro“ zu sein, wo es allerhand Nippes gibt. An diesem Laden steht aber ein Hinweisschild, dass sie erst um 10:00 Uhr aufmachen. Wie soll das gehen, wenn die ersten Ausfahrten bereits um 9:30 Uhr sind?

Mal sehen, was das „Turmares-Hauptbüro“ in der Calle Alcalde Juan Núñez sagt. Aber auch das Hauptbüro ist zu – und kein Hinweis darauf, wann es aufmacht.

Zwischen Meer und Ozean


Wir lassen uns die Laune aber nicht verdrießen und gehen zunächst mal die Calle Alcalde Juan Núñez und die Calle Segismundo Moret (die Straßen ändern hier alle hundert Meter ihren Namen) weiter Richtung Isla de las Palomas. Im Hinterkopf aber immer „Turmares“, das man von hier aus in weniger als 10 Minuten erreichen kann.

Langsam geht die Sonne auf. Das Meer wird in ein leicht rötliches Licht getaucht und wir stehen hier zwischen Mittelmeer und Atlantik an der Stelle, an der in der Antike die Welt zu Ende war, und wo es danach nur noch „nichts“ gab.

Natürlich müssen wie die obligatorischen „Zwischen-Meer-und-Ozean-Bilder“ machen. Dabei fällt uns auf – vielleicht bilden wir uns das aber auch nur ein, aber irgendwie scheint es so – dass der Wasserspiegel im Atlantik (im Bild rechts) höher liegt als der des Mittelmeers.

Liest man in Wikipedia betreffs der Straße von Gibraltar nach, scheint es auch tatsächlich so zu sein. 1,40 m soll der Höhenunterschied zwischen Atlantik und Mittelmeer betragen. Dadurch gibt es in der Straße von Gibraltar an deren Oberfläche ständig eine Strömung vom Atlantik her Richtung Mittelmeer. Damit das Mittelmeer aber nicht überläuft muss Mittelmeerwasser natürlich auch wieder irgendwo ablaufen. Das passiert in den tieferen Schichten der beiden Meere. Dort nämlich fließt das salzhaltigere und damit schwerere Mittelmeerwasser in einer Gegenströmung ständig in Richtung Atlantik. Wir haben also einen immerwährenden Wasserwirbel in der Straße von Gibraltar.

8:30 Uhr. Ich denke, „Turmares“ hat jetzt auf. Wir gehen zurück Richtung Calle Alcalde Juan Núñez, aber „Turmares“ hat immer noch zu. So beschließen wir, erst mal zu frühstücken.

Andrea´s Brunch


Laut Internet ist Andrea’s Brunch in der Calle Sancho IV El Bravo 22 eine der wenigen Lokalitäten, bei der man um diese frühe Uhrzeit (frühe Uhrzeit, lach – inzwischen ist es dreiviertel neun!!!) in Tarifa irgendwas zu nagen bekommt. Wenn ich da an Deutschland denke, da habe ich um 9:00 Uhr meine um halb sieben beim Bäcker gekauften Frühstücksbrezeln bereits verdaut. Aber was soll das ganze Lamentieren? Wir sind schließlich im Urlaub und nicht in Deutschland.

Das Frühstück bei Andrea´s ist außergewöhnlich lecker. Was allerdings ein Riesen-Nachteil dieser Bar ist: Es gibt keine Toiletten! Erst dacht ich ja: In Deutschland undenkbar, aber – in Deutschland muss eine Gaststätte auch erst dann Toiletten haben, wenn Sie Platz für mehr als 200 Gäste hat – und so viel Platz ist im Andrea´s bei Weitem nicht.

Die Situation verlangt es uns ab, dass wir das Andrea’s gleich nach dem Frühstück wieder verlassen – Richtung Hafen. 50 Meter weiter, gleich nach der Kurve, hat die Turmares-Außenstelle inzwischen geöffnet. Aber auch dort gibt es kein Klo. Tickets für unsere geplanten Ausfahrten gibt´s hier auch nicht. Das fängt ja gut an. In jeder Hinsicht: Der Druck steigt und wir gehen weiter.

Im Bon-Di-Cafe dann. 5 Meter links vom „Turmares“ erkennt man bereits von der Straße aus, dass es dort „Servicios“ gibt. Wir gehen rein und trinken dort – unmittelbar nach dem Frühstück und obwohl flüssigkeitsmäßig nichts mehr reinpasst – unseren zweiten Frühstückskaffee. Die Situation zwang uns dazu.

Zwei Minuten später sind wir dann endlich am „Turmares“ Hauptbüro, das inzwischen auch geöffnet hat. Und „Turmares“ bietet auch tatsächlich Ausfahrten an. Aber nur heute! Unter anderem um 11:00 Uhr, um 13:30 und um 15:30 Uhr. Klar, dass wir alle drei buchen! Das wäre dann erst mal geklärt.

Wal- Museum Tarifa


Bis zur ersten Ausfahrt um 11:00 Uhr haben wir noch knapp 1½ Stunden Zeit, genug Zeit also, das Delfin- und Wal-Museum zu besuchen, das früher – so unsere Informationen – angeblich mal von „Turmares“, „Firmm“ und „Whale Watch Tarifa“ gemeinsam betrieben wurde. „Firmm“ und „Whale Watch Tarifa“ seien aber abgesprungen, so dass das Museum heute nur noch von „Turmares“ allein betrieben wird.

Im Museum werden wir sogleich vom Monica begrüßt. Sie versucht uns alles über Wale und Delfine zu erklären. Sie kann ja nicht wissen, dass Sie damit Eulen nach Athen trägt, denn in Sachen Wale und Delfine kann man Susanne nichts mehr erklären, dazu beschäftigt sich Susanne schon zu lange mit den Tieren.

Nachdem wir uns vorgestellt haben und auch FINN seine Aufwartung gemacht hat, erzählt uns Monica, dass auch sie sich sehr dafür einsetzt, das Wissen um die Meeressäuger an Kinder weiter zu vermitteln.

Das kleine, kostenlos zu besichtigende Museum besticht durch einige wenige Exponate, dafür aber mit fantastischen Fotografien.

An Schweinswal- und Großen-Tümmler-Modellen, die an der Decke hängen, kann man sehr gut den Größenunterschied dieser beiden Meeressäuger erkennen. Dadurch wird es auch anschaulich, dass Große Tümmler durchaus auch in der Lage sein können, Schweinwale zu töten.

Auf dem Meer – Die erste Ausfahrt


Kurz vor 11:00 Uhr sind wir zurück bei „Turmares“ und es geht los zu unserer ersten Ausfahrt. 2 Stunden lang wollen wir nach Delfinen Ausschau halten. Die Orca-Tour, bei der´s dann weiter rausgeht auf die Straße von Gibraltar, ist erst heute Nachmittag.

Im Tross gehen wir rüber zur Anlegestelle der „Jackelin“. Die „Jackelin“ ist ein Boot, das für rund 150 Passagiere ausgelegt ist. So viele sind wir aber bei Weitem nicht.

Am Leuchtturm und an der Jesus-Statue vorbei geht es raus aufs Meer.

Ich freue mich, an Bord Christina wieder zu treffen, die ich bereits 2016 kennenlernen durfte. Heute mache ich sie auch mit FINN bekannt und Christina ist begeistert.

Eine dreiviertel Stunde sind wir nun schon unterwegs und noch haben wir keine Delfine gesehen, dafür aber Hunderte von Störchen, die über die Straße von Gibraltar ins Winterquartier Richtung Afrika ziehen. Derartiges haben weder Susanne noch ich jemals gesehen.

Und dann sind sie da! Dann sind sie plötzlich da: Streifendelfine, aber auch Große Tümmler. Wir zählen Hunderte.

Zum Glück habe ich zu Hause im Vorfeld alle meine früheren Delfinbilder gesichtet, die guten und die weniger guten. Was dabei herauskam hat mich irgendwie überrascht: Auf meinen früheren Whalewatching-Touren habe ich die Delfine immer mit 1/1000s fotografiert, weil ich der Meinung war, „Delfine sind schnell, da brauchst Du eine kurze Verschlusszeit“.

Aber – und das hat mich nun wirklich überrascht – in Kombination mit dem wackelnden Boot und dem 400er Tele drauf, ist selbst 1/1000 s noch zu lang. Etliche Bilder – und ich habe im Lauf der Jahre wirklich Hunderte Delfin-Bilder gemacht – sind auch bei 1/1000 s noch bewegungsunscharf. Aus diesem Grund habe ich meine Kamera heute vorab schon mal auf 1/4000s eingestellt. Kürzer geht leider nicht. Und ich muss sagen, die 1/4000 s hat sich gelohnt. Ich bin mir der Ausbeute mehr als zufrieden.

Gegen 13:00 Uhr endet dann unsere erste Ausfahrt. Da die nächste Ausfahrt mit einem anderen „Turmares-Boot“, nämlich der „Pirata-de-Sálvora“ stattfindet, müssen wir rüber zum „Turmares-Büro“ wo die Gruppe für die Orca-Ausfahrt wohl schon wartet.

Auf dem Meer – Die zweite Ausfahrt


Die Zeit reicht gerade, um von der „Jackelin“ runter zum Turmares-Büro zu gehen, und uns dort der „Pirata-de-Sálvora-Gruppe“ anzuschließen. An sich ein unnötiges Hin und her. Aber was soll’s. 10 Minuten später sind wir wieder am Anlegesteg.

Die „Pirata-de-Sálvora“ ist deutlich kleiner als die „Jackelin“, dafür aber speziell ausgelegt für Ausfahrten bei Wellen und starkem Wind und sie geht auch ganz anders ab als die „Jackelin“.

Um Kritikern, die mir auf ihrer Homepage unterstellen „mit Schnellbooten Jagd auf Meeressäuger zu machen“ aber gleich mal den Wind aus den Segeln zu nehmen, sei gesagt, dass die spanische Regierung zum Schutz der Meeressäuger ein Tempolimit von 13 Knoten (24 km/h) festgelegt hat , und daran hält sich selbstverständlich auch die „Pirata-de-Sálvora“.

Nach etwa 50 Minuten erreichen wir das Gebiet, in dem die Fischer auf den Roten Thun aus sind und wo man demzufolge auch Orcas antreffen sollte, zu deren Leibspeise eben auch dieser Rote Thun gehört.

Aber so sehr wir auch Ausschau halten, keine Spur von Orcas. Die Orcas seien übrigens schon seit Wochen weg und in den vergangenen 3 Wochen nur ein einziges Mal gesehen worden.

Dafür sehen wir aber Unmengen von Delfinen und zum ersten Mal in meinem Leben sehe und fotografiere ich auch Große Tümmler, die in der Bugwelle eines Frachtschiffes surfen.

Das ist für mich das absolute Highlight dieser Ausfahrt. Zum Passagier-Wechsel um 15:30 Uhr dürfen wir an Bord der „Pirata-de-Sálvora“ bleiben.

Auf dem Meer – Die dritte Ausfahrt


Ein letztes Mal versuchen wir heute unser Glück. Wir wissen, dass wir die Orcas für dieses Jahr abschreiben können, denn die letzte Fahrt ist „nur noch“ eine Delfin-Tour. Trotzdem sind wir total happy, dass wir wenigstens diese Ausfahrten machen konnten, denn ab morgen ist Schluss mit Lustig. Da ist dann bis Ende nächster Woche „Levante“ angesagt. Da fährt keiner raus!

An der Hafenausfahrt versucht ein Fischer sein Glück und wir versuchen unser Glück ein letztes Mal. Wieder geht’s an der Jesus-Statue vorbei und wieder am Leuchtturm.

Und schon bald sehen wir wieder Große Tümmler, jetzt sogar mit Jungtieren! Und das in der meist befahrenen Wasserstraße der Welt, in der täglich rund 300 Handelsschiffe durchfahren sollen. Irgendwie krieg ich das nicht zusammen, liest man doch auf Tierschutz-Seiten, beispielsweise auf der des WDC, dass die Tiere versuchten, den Lärm zu meiden oder vor ihm zu flüchten. Und hier sind sie da! Zu Hunderten! Ich verstehe das nicht!

Ich verstehe so vieles nicht. Ich verstehe auch nicht, was es zu bedeuten hat, dass nun zwei rote Boote der „Salvamento Maritimo“, einer spanischen Seenotrettungstation mit Sitz in Madrid, mit großer Geschwindigkeit an uns vorbeiziehen. Ich sehe nur, dass sich an Bord neben Menschen in weißen Schutzanzügen unzählige dunkelhäutige Menschen befinden, die in rote Tücher bzw. Decken gehüllt sind. Sind das die Flüchtlinge aus Afrika von denen die Süddeutsche kürzlich berichtete?

Zurück in Tarifa


Gegen 18:30 Uhr sind wir nach unseren insgesamt 3 Ausfahrten wieder zurück in Tarifa. Es versteht sich von selbst, dass Susanne in der „Außenstelle“ von Turmares noch das eine oder andere Andenken ergattern muss.

Im Schatten von „San Mateo“ gönnen wir uns dann – wer weiß, wie das Essen im Hotel ist – im „Café Central“ in Tarifa dann noch ´ne Pizza.

Der Tag war super! Aber er ist noch nicht zu Ende, denn der Urlaubs-Modus hat uns voll gepackt und wir haben vor mitzunehmen, was geht.

Die Düne von Valdevaqueros


12 km nordwestlich von Tarifa soll es an der Bucht von Valdevaqueros eine Sanddüne geben, durch die man auf der Straße hindurch fahren kann, und gleich daneben einen irren Sandstrand. Dort wollen wir noch hin. Vielleicht kann man dort ja den Sonnenuntergang beobachten.

Kurz nach halb neun kommen wir an der „Düne von Valdevaqueros“ an. Wir fahren – im wahrsten Sinne des Wortes – „durch die Wüste“ und parken dann am Ende der Sanddüne rechts auf einem Parkplatz. Die ganze „Wüste“ ist gerade mal 500 m lang und so kann man vom Parkplatz aus locker zu Fuß wieder zurückgehen – auch zum Strand „Punta Paloma Tarifa“.

Jeder erkundet die Sanddüne auf seine Weise. Da ich Angst habe, dass wenn mich mich bücke, Sand in die Kamera kommt, lass ich´s lieber und laufe einfach so durch. Ich habe noch heute Sand in den Socken. Susanne genießt es, die Schuhe auszuziehen und barfuß zu gehen. Französische Camper parken natürlich (wie viele andere auch) inmitten der Düne im Halteverbot und der spanische Reiter zeigt uns, was doch für ein „Mordskerl“ in ihm steckt.

Inzwischen ist die Sonne untergegangen, wir haben die Sonne aber nicht ins Meer tauchen sehen, weil „Punta Paloma Tarifa“ eben nicht nach Westen, sondern nach Süden ausgerichtet ist. Dennoch, den Besuch hier werde ich nie mehr vergessen. Wir gehen zurück zum Auto und machen uns auf den Heimweg.

Vor uns steigt eine „dunkle Wolke“ auf. Das sieht nicht gut aus. Mein erster Gedanke ist „Waldbrand“. Aber Susanne wimmelt ab. Dennoch, mir ist nicht wohl. Irgendwas muss da doch sein! Woher sonst sollte die kilometerlange Autoschlange auf der N-340 Richtung Hotel herrühren?

Fünf Kilometer vorm Hotel sehen wir‘s dann auch. Die Bergkämme nördlich der Straße brennen lichterloh. Die einzige Straße, die vorm Hotel noch nach Norden abzweigt, ist gesperrt. Ich habe ernsthaft Sorge, dass wir heute Nacht noch evakuiert werden könnten.


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