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Herbst-Ausflug ins südliche Mittelfranken

Hesselberg


Wann immer wir, Susanne, unser Hund Chicco und ich, die Gelegenheit haben, nutzen wir unsere gemeinsamen freien Tage zu einem „Fährtle“. Heute soll es ins südliche Mittelfranken gehen, in ein Gebiet, das südlich der A 6 etwa zwischen Crailsheim und Nürnberg liegt. Als erste Etappe haben wir uns die höchste Erhebung Mittelfrankens ausgesucht, den knapp 700 m hohen Hesselberg. Der 6 km lange und 2 km breite Berg liegt wie ein Brotlaib in einer ansonsten eher ebenen Landschaft. Von hier aus soll man an schönen Tagen bis zu den 150 km südlich liegenden Alpen sehen können.

Aber wie wir von Gerolfingen aus hoch fahren, wird die Suppe immer dicker. Nur ein einziges Auto steht oben am Parkplatz, ansonsten sind wir allein. Von links hört man Geräusche. Das müssen Wanderer sein. Sehen tun wir sie nicht. Erst als sie knapp 10 m vor uns stehen. Meine Frage, ob dort, wo sie herkommen, mehr Sonne scheint, beantworten sie mit einem Lachen, steigen ins Auto ein und fahren wieder runter Richtung Gerolfingen.

Es ist dermaßen nebelig, dass man den Hund vor den Füßen und die die Hand vor Augen nicht sieht. Außerdem ist es auch extrem windig und kalt. Wir tasten uns etwa 200 m den Schotterweg entlang, kehren dann aber aus Sicherheitsgründen um. Es macht einfach keinen Sinn, weiterzugehen. Wenn wir da rechts den Hang runterrutschen, findet uns niemand mehr. Wir beschließen, wieder in die Ebene runter und dann nach Dinkelsbühl zu fahren. Chicco liebt Städte, da es dort für ihn immer unheimlich viel zu schnüffeln gibt.

Dinkelsbühl


Mit jedem Höhenmeter, den wir runter kommen, wird die Sicht klarer. Gut, Sonne gibt’s heute nicht, aber dafür regnet’s auch nicht. Die Temperaturen sind mit 10 bis 12 °C auch erträglich. Dinkelsbühl ist total überlaufen, irgendwas muss hier abgehen, irgendeine Veranstaltung oder irgendein Fest. Trotz überall zugeparkter Innenstadt finden wir in der Segringer Straße noch eine kleine Lücke, in die unser Panda gerade noch so reinpasst.

Wir gehen zurück zum Marktplatz bei der großen Kirche und dann links in den Weinmarkt. Hier ist in diesen Tagen „Fisch-Ernte„, so nennt man traditionsgemäß die Zeit, wenn die Karpfenteiche zum Jahresende hin leer gefischt werden. Dinkelsbühl wirbt dann mit gesunden Lebensmitteln und traditionellen Karpfen-, Zander- und Waller-Gerichten. Eigentlich müsste es ja „Fisch-Tötungs-Tag“ heißen, aber „Fisch-Ernte“ klingt irgendwie touristenfreundlicher.

Genau wir wir fühlt sich Chicco unter den Menschenmassen auch nicht so wohl und so gehen wir die Dr. Martin Luther Straße hoch bis zum Rothenburger Tor und dort links, einen kleinen Durchgang hindurch zum Stadtpark. Hier ist ein kleiner See mit einem sehr schönen Rundweg drum herum. Das ist schon eher was für uns.

Der Stadtpark und der dortige Weiher ist ein richtig idyllisches Plätzchen. Parkwächterhäuschen und Faulturm versetzen einen zurück in eine Märchenwelt. Und um den Eindruck noch zu verstärken, lässt Rapunzel im Faulturm ihr Haar herunter.

Nach unserem Rundgang durchs idyllische – heute leider überlaufene – Dinkelsbühl setzen wir unser „Fährtle“ fort Richtung Wassertrüdingen-Fürnheim.

Wassertrüdingen-Fürnheim


In Fürnheim, so hat mir ein Bekannter gesagt, soll es ein sehr interessantes Brauerei-Gasthaus geben. Das wollen wir suchen. Über Sinbronn und Illenschwan hinweg geht’s bei Weiltingen über die Wörnitz. Die Gegend wird immer ländlicher. Noch 1,8 km sagt das Navi. „Unmöglich“, sagt Susanne. Doch dann kommen wir tatsächlich nach Fürnheim, ein kleines Dorf am Ende der Welt, ein Dorf, in dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.

Ein Baum, bar aller Blätter, steht verlassen auf einer Wiese. Die Insektenhäuser sind leer. Wann wurde diese Tür zuletzt geöffnet, wann dieses Fahrrad benutzt? Hier in Fürnheim scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Und hier soll eine Traditionsgaststätte sein? Unmöglich. Das Dorf, oder soll man eher sagen, der Weiler, ist so klein, dass es noch nicht mal Straßennamen gibt. Die Häuser haben einfach nur Nummern. Fürnheim 52, Fürnheim 40, Fürnheim 28 und eben…

Forstquellbrauerei Fürnheim


 … Fürnheim 35. Wir stellen unser Auto auf den relativ engen Parkplatz und gehen in das Gasthaus mit den roten Fensterläden.

Die Stube links hinter der Tür ist dermaßen heimelig, dass wir uns, ohne zu fragen, gleich dorthin setzen. Vier Tische in einem wohnzimmerartigen Gastraum strahlen eine Gemütlichkeit aus, wie wir sie so von einer Gastwirtschaft bisher nicht kannten. Wir bestellen alkoholfreies Weizen und Apfelschorle und zum Essen für Susanne Matjesfilet und für mich Sauerbraten, der heute als Spezialität angeboten wird.

Es ist noch kaum zehn Minuten her, seit wir bestellt haben, da wird das Essen auch schon serviert. So schnell, so zuvorkommend, so professionell, das hätten wir in diesem Dorf echt nicht erwartet. Es versteht sich von selbst, dass Chicco auch sofort ein Schälchen Wasser bekommt.

Das Essen ist außergewöhnlich lecker und wir kommen sofort ins Schwärmen. Auch das Personal ist außergewöhnlich nett. Hier zählt der Gast noch was. Neben der Dorfstube, in der wir sitzen, gibt es noch andere Stuben: Jägerstube, Brunnenstube und was weiß ich, was noch alles. Jede typisch auf ihre eigene Art. Oben im ersten Stock soll es auch noch Gaststuben geben, dort bin ich aber nicht hochgegangen.

Nachdem wir sehr zünftig gegessen haben, fragt uns Elke, die Bedienung „Wo geht’s ihr noch hin?“ oder so ähnlich. Das scheint in Franken aber keine Frage, sondern eine Art Verabschiedung zu sein. Da ich das natürlich völlig falsch verstehe, frage ich nach: „Ja wo könnten wir denn noch hingehen?“ und Elke empfiehlt uns den Altmühlsee bei Gunzenhausen. Zwar noch nie etwas davon gehört, aber warum nicht?

Altmühlsee


Bis zum Altmühlsee sind es knapp 30 km. Der rund 4 km lange und bis zu 1,7 km breite Altmühlsee ist das Ausflugsparadies, direkt nordwestlich von Gunzenhausen. Hier kann man baden, segeln, surfen oder, etwas gemütlicher, mit der „MS Altmühlsee“ über den See schippern. Man kann den See auf einem 12 km langen Wanderweg auch umwandern und / oder auf der Vogelinsel die Natur beobachten.

Wir fahren bis zum Seezentrum Muhr am See, wo gestern offensichtlich die Saison 2013 zu Ende ging, denn ab heute kann man hier kostenlos parken. Dafür sind aber die Kioske und Toilettenhäuschen geschlossen und auch sonst erinnert nichts mehr an die Badefreuden des Sommers. Die „mittelfränkische Adria“ mit ihrem „Sandstrand“ aber ist noch immer da und wir genießen es, abseits jeglicher Menschenmassen den Uferweg entlang zu schlendern.

Wenn man sich in die Hocke begibt, übers Wasser blickt und dann die „mächtigen“ Wellen auf sich zurollen sieht, fühlt man sich schon fast wie am Meer.

Es ist recht windig und recht zugig. So dem Wetter ausgesetzt, macht es keinen übermäßigen Spaß zu wandern und wir ziehen weiter – Richtung Pappenheim.

Pappenheim


„Ich kenne meine Pappenheimer“, soll Schillers „Wallenstein“ gesagt haben, als er gefragt wurde, wie es um die Loyalität und Zuverlässigkeit des Pappenheimer Regiments um Feldmarschall Gottfried H. Pappenheim bestellt sei. Damit wollte Wallenstein zum Ausdruck bringen, dass er sich jederzeit auf  „seine Pappenheimer“ verlassen kann. Die ganze Welt kennt seitdem den Spruch über Pappenheim, aber wer kennt den Ort Pappenheim? Nur knapp 40 km von Pappenheim entfernt, wollen wir der Sache doch auf den Grund gehen.

Das etwa 4000 Einwohner zählende Pappenheim liegt inmitten einer nach Nordosten ausgerichteten, etwa 1,5 km langen und 700 m breiten Schleife der Altmühl, in deren nördlichem Bereich auf einem Bergrücken die nicht zu übersehende Burg thront. Wir stellen das Auto auf dem großen Parkplatz vor der Turnhalle ab und machen uns auf zu Fuß in die Geschichte. Durch das sumpfige Gelände entlang der Altmühl-Schleife ist die Burg von drei Seiten her geschützt und musste, im Bedarfsfall, nur auf einem schmalen Bereich im Südwesten verteidigt werden.

Die ehemalige Stadtmauer im Rücken gehen wir den steilen Niederländer Steig hoch, kommen durch den „Lumpenschlupf“, was auch immer das heißen mag, zum Eingang. Die Burg ist die Stammburg der Erbmarschälle und Grafen von Pappenheim, welche im “Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation” mit die wichtigsten Ämter im Kaiserreich inne hatten, die Erbmarschälle waren nämlich die Oberbefehlshaber der Reitertruppen.

Die Burganlage besteht eigentlich aus zwei Burgen, einer Vorburg und einer Hauptburg. Da ich mir von allem, was ich später auch fotografieren will, zunächst einen Überblick verschaffe, durchquere ich die ganze Anlage (Luftlinie knapp 300 m) bis hinten zum „Affenstein“. Von hier hat man einen fantastischen Überblick übers Altmühltal. Was, Sie sehen die Altmühl nicht? Sie verläuft unmittelbar vor der Wiese hinter dem großen gelben Haus in Bildmitte vorbei nach rechts unten in die Ecke des Bildes. Die Kirche mir der „komischen Pudelmütze“ ist die evangelisch-lutherische Stadtkirche

Die Bilder unten links zeigen den mächtigen fensterlosen Bergfried einmal von Nordosten her gesehen (links) und einmal von Südwesten mit dem ehemaligen Zeughaus im Vordergrund.

Geht man, von der Hauptburg kommend, links am Bergfried vorbei durch das Zwingertor und über die innere Brücke, sieht man links das Bratwursthaus, in dem sich heute für spezielle „Mittelalter“-Trauungen sogar ein Standesamt befindet. Danach geht’s schnurstraks in die kleine Kapelle, um dem weltlichen dann auch noch den kirchlichen Segen anzuschließen.

Was einen in einer Ehe mitunter erwarten kann, ist gar nichts gegenüber den Folterqualen, denen man im Untergeschoss der Zeughauses gewahr wird. Mir läuft auch, Jahrhunderte später noch der kalte Schweiß herunter, wenn ich nur dran denke, wie man damals mit Menschen umgesprungen ist.

Da gehe ich doch lieber wieder hoch zu meiner Angetrauten hoch und zu unserem Hund, die oben in der Vorburg warten.

Geht man dort eine schmale hölzerne Treppe empor, hat man einen tollen Blick in den Rittersaal, wo auch heute noch Hochzeiten, Geburtstage und andere Feste gefeiert werden können.

Platz für moderne „Ritter“, „Burgfräulein“ und „Knappen“ ist reichlich vorhanden.

Es war wieder ein wundervolles „Fährtle“. Trotz mäßigen Wetters haben wir doch wieder so viel erlebt. So ein „Fährtle“ ist immer wie ein kleiner Urlaub. Zum Abschluss wollen wir in Zimmern, 2 km von hier, in einer urigen Kneipe zu Abend essen. Was heißt, zu Abend? Es ist Nachmittag halb vier Uhr, aber dunkel wie sonst um acht!

Gasthof zum Hollerstein, Zimmern


Leider ist die Straße nach Zimmern gesperrt, sodass wir über Dietfurt, B2, Langenaltheim, Sollnhofen und die S 2230 zurück nach Zimmern 20! (in Worten: ZWANZIG!) Kilometer Umweg fahren müssen. Wären wir 1,5 km über die Fußgängerbrücke und den Wald zu Fuß gegangen, wären wir sichert schneller gewesen – nur das wussten wir vor Ort noch nicht. Das sieht man erst zu Hause in Google Maps. Um vier kommen wir also am Gasthof zum Hollerstein an. Das Gebäude hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen und liegt direkt rechts an der Durchgangsstraße. Links drüben, 20 m vom Haus weg auf der anderen Straßenseite, fließt die Altmühl. Im Sommer ist hier der Ausgangspunkt für Kajak-Fahrten.

Die Gaststätte ist eine, wie ich sie aus meinen Kindertagen kenne, wenn ich sonntags mit Opa zum „Frühschoppen“ ging und dann immer einen Bierstängel und eine Limonade bekam. Einfachst eingerichtet, aber zweckmäßig und das Wichtigste: sehr, sehr freundliches Personal und sehr, sehr familiär. Links neben dem Eingang ist der kleine Schanktisch – wie damals! Wie das Besteck, Gabel und Messer, von Papierservietten getrennt, in einem Bierkrug auf den derben Tischen steht, erinnert mich ebenfalls an meine Kindheit.

Auch beim Durchblättern der Karte fühlen wir uns in eine andere Zeit versetzt. Nichts kostet mehr als 10 €. Dabei ist hier alles geboten, was dem Liebhaber deftiger fränkischer Speisen das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Vom Strammen Max, über Karpfen bis hin zu Schweinshaxen und Schäufele. So richtig groß essen wollen wir aber nicht mehr. Wir bestellen alkoholfreies Weißbier, Wasser für den Hund, Schweizer Wurstsalat und Sauere Fränkische Zipfel.

Sauere Fränkische Zipfel sind ein so richtig echt deftiges fränkisches Gericht. In einem Sud aus weißem Frankenwein, Essig, Wasser, Zucker, Salz, Lorbeerblättern, Nelken, Pfefferkörnern, Wacholderbeeren, Karottenwürfeln und mit dem Gurkenhobel geschnittene Gemüsezwiebeln werden zwei, drei oder vier Nürnberger Bratwürste erwärmt und hinterher mit den Gemüsezwiebeln, die gekocht aussehen wie Sauerkraut, zusammen mit kräftigem Bauernbrot und Weißbier serviert.

Aber denkt beim Bestellen dran, wir sind hier auf dem Land. Die Portionen sind riesig. Die drei Sauren Zipfel, die Susanne bestellt hat, kann sie kaum bewältigen. Auch meine Portion Schweizer Wurstsalat ist beachtlich. Wenn man die Preise sieht, ist das fast unglaublich. Hier bekommt man noch eine Menge geboten, in richtig gutbürgerlicher Qualität. Da muss ich im Sommer noch mal herkommen, eine Kajak-Tour machen und hinterher hier einkehren. Übernachten kann man hier natürlich auch.

Fazit


Auch wenn wir zurück wieder 20 Kilometer Umweg fahren müssen, die Stimme des Navi vor lauter „Bitte-wenden-Aufforderungen“ schon ganz heißer ist, der Nebel die Sicht trübt und die Temperaturen auch nicht gerade toll sind, steht eines für uns fest: Das südliche Mittelfranken werden wir sicher nochmal besuchen. Dann aber im Sommer!


TAGESAUSFLÜGE – FÄHRTLE
REISEBERICHTE AUS DEUTSCHLAND

Eine Reaktion zu “Herbst-Ausflug ins südliche Mittelfranken”

  1. Susanne

    War wieder ein klasse „Fährtle“ mit vielen, vielen Eindrücken für alle Sinne ;o)))) Der Nebel hatte auch sein Gutes, weil nur wenige Menschen unterwegs waren und diejenigen, die außer uns die Gegend unsicher gemacht haben, hat man wegen des mageren Durchblicks nicht gesehen ;o))