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… und hinterher nach Sansibar



Kizimbani Spice Farm – Teil 3


Inzwischen ist es zwei geworden und wir sind immer noch in der Gewürzplantage. Ob wir von Stone-Town überhaupt noch was sehen werden? Immerhin wird’s gegen halb sieben dunkel werden. Aber derartige Befürchtungen hatte ich auch schon im Tarangire gehabt und beim Engare-Sero-Wasserfall auch, wo wir vor Sonnenuntergang noch zum Lake Natron wollten – … und immer hat’s geklappt. Also wird’s auch hier klappen. Schließlich sind wir in Afrika und da heißt’s eben „Pole, pole“.

Christian hat die Zeit, in der wir beim Essen waren, dazu genutzt, für unsere Damen, Elisabeth, Irene und Gaby aus Palmenzweigen Handtäschchen zu zaubern. Keine Louis Vuitton zwar, aber die handgefertigten Christian-Handtaschen, die jede einzelne ein Unikat ist, umweltfreundlich aus Naturfasern, stehen denen des Pariser Labels sicher in nichts nach, vom Design her schon gar nicht! Ich bewundere den jungen Mann und der stellt sich ob des Lobs gerne mit seinen Meisterwerken für den Fotografen in Pose.

Dann geht’s endlich weiter. Aber nicht etwa zum Auto, sondern zunächst zu einer weiteren Runde in „Allah’s Obstgarten“. Hätte ich nicht Diktiergerät und Kamera dabei, ich könnte mir unmöglich alles merken.

Jackfruit


Die nächsten Früchte sind an Gigantismus nicht mehr zu übertreffen. Da hätte Christian wohl eher Tragekörbe herstellen sollen, anstatt Trage-Täschchen. Die Früchte des Jack-Fruit-Baums können nämlich bis zu einen Meter lang und bis zu 20 Kilo schwer werden. Größer werden nur noch Kürbisse. Die gelb-grün-braune Jack-Frucht ist über und über mit Noppen besetzt und riecht, wenn sie reif ist, will man es nicht gar zu drastisch ausdrücken, „gewöhnungsbedürftig“. Ich habe Jack-Frucht mal 1988 auf meiner Reise auf den Philippinen angeboten bekommen und mir damals geschworen, nie eine zu essen; so erbärmlich hat die gestunken. Dabei soll sie aber angeblich recht gut schmecken, nach Honig oder Feigen. Nur, bis man in sie hineinbeißen kann, muss man ob des Gestanks schon ein robustes Anti-Ekel-System haben. Zum Glück sind die Früchte momentan aber noch nicht reif, sodass ich mir hier wegen des Kostens auch keine schlaue Ausrede einfallen lassen muss

Muskatnuss


Das nächste ist dann schon eher was für mich: Muskatnuss. Öffnet man die grüne Fruchte, die äußerlich an eine grüne Pflaume erinnert, sieht man darin einen feuerroten Kern. Das Feuerrote kommt von einem Häutchen, das den Kern ummantelt. Umgangssprachlich nennt man den Samenmantel Muskatblüte oder Macis und den Kern Muskatnuss, obwohl es im botanischen Sinne gar keine Nuss ist (aber eine Erdnuss ist ja auch keine Nuss). Muskatnuss habe ich schon als Kind geliebt, wenn es bei Oma Nudelsuppe mit „Nestchen“ gab, gewürzt mit einer Prise Muskatnuss. „Des macht an guada Maga“, hat sie seinerzeit immer gesagt. Auch heute noch koche ich gerne und viel mit Muskatnuss: z.B. Hackfleischküchle oder Spinat und eben Omas geliebte Nudelsuppe.

Dabei soll Muskatnuss in den Mengen, wie ich sie verwende, gar nicht so gesund sein. Isst man nämlich mehr als vier Gramm auf einmal (wieviel ist denn das, ein Kaffeelöffel, zwei?) soll man Schweißausbrüche davon bekommen, Kopfweh und Gleichgewichtsstörungen. Kopfweh und Gleichgewichtsstörungen habe ich nie, aber wohlig warm wird mir schon, wenn ich „Süppchen“ esse. Hoffentlich bin ich jetzt kein Junkie!

Kokospalmen


Die kleine Katze, die vorhin unsere Käsequanten untersucht hat, führt uns zu einem Mann, der aus Kokosblättern irgendwelche Matten flicht (mein Gott, ist das ein ungebräuchliches Wort!). Diese Matten werden später für Hauswände, Dächer oder Zäune verwendet.

Die Menschen hier sagen, sie könnten aus der Kokospalme mehr Produkte machen als das Jahr Tage hat. Aus den Kokosblättern flechten sie Matten, Taschen oder Körbe. Das Stammholz verwenden sie zum Bau von Häusern, Tischen und Stühlen. Die Kokosnuss selbst (die auch keine Nuss ist, sondern eine Steinfrucht) liefert Kokosnussmilch und Kopra, das ist das getrocknete Kernfleisch aus dem Kokosöl gewonnen wird. Aus der Schale der Kokosnuss dient als Brennmaterial und aus den Fasern, die um die Kokosnuss herum wachsen, macht man Matter, Teppiche, Bürsten und Besen.

Das Highlight der Kokospalmen-Besichtigung aber ist ein Palmkletterer. In Windeseile klettert er – wie ein Affe – völlig ungesichtert am bis zu 25 Meter hohen Stamm hoch, um uns frische Kokosnüsse zu holen. Wenn das nur mal gut geht. Ich kann gar nicht hinsehen! Der Mann ist lebensmüde! Plötzlich verliert er den Halt, rutscht ab und hängt kopfüber am Stamm. Ich hab’s kommen sehen! Uns stockt der Atem!

Während wir noch kreidebleich dastehen, ziehen seine gestählten Bauchmuskeln seinen Oberkörper wieder nach oben und er klettert „Jambo, jambo Bwana“ singend weiter nach oben (vergleiche You-Tube). Für ihn ist alles nur Gaudi, Show, Spektakel, um sein ärmliches Salär mit ein bisschen Taschengeld aufzubessern. Dafür verspottet er sogar den Tod. Der Artist erreicht die Krone, schlägt mit einer Machete zwei Nüsse ab und klettert wieder herunter. Unten angekommen schaffen ein paar geschickte Schläge mit der Machete aus einer eben noch hochhängenden Nuss ein natürliches Trinkgefäß. Es ist ein Muss, es geht gar nicht anders, dass ich davon koste. Für diesen Trank hat er zu viel auf’s Spiel gesetzt.

Mit beiden Händen (man nimmt ein Geschenk immer mit beiden Händen an) umschließe ich das Gefäß und nehme einen kräftigen Schluck. Elisabeth hält derweil meine Kamera und den Augenblick für die Nachwelt fest. Ich glaube, es gibt tausende Bilder von mir, aber einen derart verkniffenen Mund wie auf dem rechten Bild, habe ich sonst auf keinem. Wenn ich dazu noch meinen spärlichen Haarschopf betrachte, weiß ich nicht, welche „Kokosnuss“ wohl den besseren Anblick bietet.

Inzwischen ist es halb drei geworden. Jetzt noch nach Stone-Town? Mann, das wird knapp. Nichstdestotrotz war die Spice-Tour eine Sache, die man unbedingt mal mitgemacht haben muss. Wenn man hinterher noch mit „Naturkronen“ zu den „Königen von Sansibar“ gekrönt wird ist das natürlich noch mal so schön. Aber im Ernst: Wir haben unheimlich viel gelernt und was das Interesse, die Fingerfertigkeit und das handwerkliche Geschick der einheimischen Jungs angeht, solche Lehrlinge würde sich mancher deutsche Handwerksbetrieb wünschen.

Machen wir uns also auf, Stone-Town zu erkunden.

 

< Spicetour Stonetown (Sansibars Altstadt) >
MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA


Eine Reaktion zu “… und hinterher nach Sansibar”

  1. Gerhard

    Hallo Rüdiger,

    solch einen verkniffenen Mund und so eine stürmische Frisur habe ich bei Dir tatschächlich nie gesehen. Entweder war die Kokosnuss hinüber oder es lag an der Fotografin. Mich bildet sie manchmal mit Stirnglatze ab.

    Viele Grüße

    Gerhard