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… und hinterher nach Sansibar



Mittwoch, 26.8.2009 (5/5)

Sonne, Wind und Wellen


15:00 Uhr.So ’ne halbe Stunde dösen tut schon gut. Jetzt bin ich wieder zu neuen Schandtaten bereit. Um vier treff* ich mich ja noch mal mit Ouwei, weil ich ihm die Bücher und die Stifte bringen will. Zuvor wechsel ich aber vorsichtshalber noch mal meine Akkus und spiel die bisherigen Bilder auf meinen Epson. Mann, das ist richtig gut, wenn man jetzt durchgehend Strom für Ladegeräte und und das ganze andere Elektronikzeug hat (Okay, manchmal gibt´s hier einen kurzen Stromausfall, aber so was stört nicht weiter). Ich muss noch mal raus auf die Terrasse. Du machst die Tür auf und bist wieder im Paradies. Das ist der blanke Wahnsinn. Aber auch die meerabgewandte >Seite des Hotels ist zauberhaft. Allein schon beim Anblick der Blumen von meinem Zimmer die Treppe runter kommen bereits wieder Glücksgefühle hoch.

Ich fühl mich so was von wohl im Blue Oyster! Was Besseres gibt es für mich einfach nicht. Klar hat das Blue Oyster keine 5 Sterne, aber brauch ich das wirklich? Ich bin sicher, dass nein! Wenn ich dran denke, in welchen Luxushotels ich bei meiner Safari 2002 war, da muss ich sagen, dass ich mich im Blue Oyster tausend mal wohler fühle. Hier nämlich ist Menschlichkeit zuhause.


Dazu die Gegend. Was mir hier in Jambiani geboten wird, steckt alles Bisherige locker in die Tasche: Weite und Stille, Sonne und Wärme, türkisfarbenes Meer und einer der wohl schönsten Palmenstrände der Welt. Jetzt fängt’s schon wieder an, immer wenn ich die Stimmung meinem Voice-Recorder anvertraue, versagt die Stimme und ich hab‘ vor lauter Glück Tränen in den Augen. (Zum Glück schreibe ich meine Erlebnisse ja hinterher nieder, die Live-Reportage wäre für viele nämlich unzumutbar.)

Kusi, der Monsunwind aus Südost, sorgt für ein wenig Abkühlung, sodass der Weg zur Schule jetzt richtig angenehm ist. Mit den Büchern in einem Beutel, den Kugelschreibern in einem andern und dem Fotorucksack auf dem Rücken mache ich mich auf den Weg. Ich geh ein bisschen zügiger als heute Vormittag, denn ich weiß nicht, wie die Einheimischen reagieren, wenn ich nun so vollgepackt bin. Die Geschenke sind schließlich für die Schüler und ich möchte sie mir unterwegs nicht von irgendjemandem stibitzen lassen. Doch die Sorge ist völlig unbegründet, außer „Jambo“, „Habari“ und ein Bisschen Small-Talk nichts. Die Leute hier sind einfach klasse und noch nicht die Spur „versaut“ vom Tourismus. Nach zwanzig Minuten bin ich in der Schule.

Janosch, Preussler, Baumgart – Deutsche Bücher für sansibarische Kinder


In der Schule gehe ich gleich rüber zu Ouweis Zimmer. Er und noch ein anderer, den ich nicht kenne, hocken an ihren Computern. Ich sag, dass ich Bücher für die Kinder mitgebracht hätte und Kugelschreiber. Die Kugelschreiber nimmt Ouwei an sich, zu den Büchern meint er nur „You can put them in the rack there.“ „Hä?!?“ Ich hab mit dem „Räuber Hotzenplotz“ von Ottfried Preussler, den „Die Bremer Stadtmusikanten“ von Janosch und „Laura geht in die Schule“ von Klaus Baumgart extra deutsche Kinderbücher gekauft, die es auch in englischer Sprache gibt, weil ich dachte, das wär was und Ouwei meint nur, ohne dass er die Bücher auch nur ein einziges Mal angeschaut hat,„Du kannst sie dort ins Regal stellen“. Da hab ich schon zu schlucken, aber ich stell sie hin. Vielleicht wird das eine oder andere Kind ja irgendwann mal rein sehen. Dafür sind sie ja schließlich gedacht.

Wo ist was in Jambiani?


Für meine Idee, von Jambiani eine Karte zu machen, sind die zwei schon eher zu haben. Jambiani will ja zunehmend Fuß fassen im Tourismus. Es gibt auch schon etliche Hotels, Herbergen und Bars hier. Leider gibt es von Jambiani aber noch keine Karte, keinen Plan, auf dem die Touristen (okay, momentan sind’s überschaubar wenige) sehen können, wo sie selbst sind und wo das eine oder andere Lokal, das Krankenhaus, die Moschee oder sonst was ist. Das hat mich auch schon bei den Vorbereitungen zu dieser Reise gestört.

Aus diesem Grund habe ich mir Jambiani aus Google Maps ausgedruckt und die Teilstücke zu einem über einen Meter langen Portfolio zusammengeklebt. In diese „Karte“ tragen wir nun auf dem Boden kniend zusammen das ein, was wir erkennen: Die Schule, das Blue Oyster, die Moschee usw. usw.

Wenn ihr wollt, könnt ihr mit Hilfe unsere Karte ganz einfach durch Jambiani schlendern. Am besten nehmen wir dazu die alte Straße (die eigentlich ein Sandweg ist). Zur Orientierung sei vielleicht noch gesagt, dass die Bildbreite der Karte oben etwa 1,5 km entspricht.

Wenn wir im Süden starten, haben wir nach 600 Metern im Coral Rock erstmals Gelegenheit uns zu setzen, aufs Meer zu blicken und uns an einem kühlen Longdrink zu laben. Wenn wir hernach wieder zur Straße gehen und auf ihr bleiben, finden wir zwischen den Shehe Bungalows und dem Coco Beach direkt an der Straße ein Internetcafé. Von dort ist es Richtung Strand nicht weit und wir sind im Coco Beach. Von dort aus können wir jetzt auch am Strand entlang gehen. Nach 300 Metern ist linker Hand ein Kindergarten und dahinter das Fußballfeld. Momentan ist das Feld aber verwaist und wir gehen weiter am Strand entlang, vorbei am Casa Demar, am Visitors Inn und am Sau Inn. Nee, am Sau Inn gehen wir nicht vorbei. Dort bietet sich nämlich abermals hervorragend die Gelegenheit zu einem Drink. Ein Besuch in der Schule ist Pflicht, das neue Krankenhaus dagegen können wir links liegen lassen oder aber, was gerne gesehen wird, mit einer Spende beglücken. An Oasis Beach vorbei und der Bahari Bar erreichen wir auf etwa halber Wegstrecke das Blue Oyster. Hier auf der Terrasse zu sitzen ist ein Traum. Dazu noch einen köstlichen frisch gefangenen Fisch, was will man mehr? Vom Blue Oyster nach Norden ist dann touristisch erst mal tote Hose. Über 1,5 bis 2 km gibt es nur Privathäuser reicher Ausländer. Erst wenn wir das alte Krankenhaus passiert haben kommen unmittelbar am Strand zwei Hotels, deren Namen ich leider vergessen habe. In der Hakuna Majue Lodge erreichen wir den nördlichsten Punkt unseres Jambiani-Spaziergangs. Wer mag, kann jetzt noch weiter bis nach Paje. Wir aber drehen um, immerhin ist hier ja auch die Karte zuende.

Hier wird Meeresschutz groß geschrieben


Derweil wir am Boden kauern und malen, kommt Adbulla Mussa Haji vorbei, er ist Englischlehrer und Konrektor der Schule. Er will mir jetzt die Schule zeigen. Zunächst gehen wir über den Schulhof, wo mir Abdulla verschiedene Wandbilder zeigt und darauf hinweist, dass bei ihnen Umweltschutz ungeheuer wichtig ist. „uvuvi wa kukokota na juya tunaumwa matumbawe na mali asili ya bahari“ steht auf einem der Bilder („Beim Fischfang mit Schleppnetzen verletzen wir die Korallen und die Naturschätze des Meeres“), „tututmiapo uvuvi wa Bomu nani walumla… u“ auf einem anderen. Das kann ich leider nicht übersetzen, aber es geht irgendwie um Bombenfischen. Dieses Engagement der Schule gefällt mir natürlich sehr gut. Das wird sicher auch den Meeresakrobaten gefallen.

Jambiani School


Kommen wir aber zurück zur Schule selbst. Derzeit gibt es in Jambiani in der Primary School 383 Jungs und 411 Mädchen und in der Secundary School weitere 350 Schüler. In der Summe also 1150 Schüler, verteilt auf 23 Klassen. Das heißt aber nichts anderes, als dass in jeder Klasse auch etwa 50 Schüler sitzen! Wie viele von jeder Klasse jeweils anwesend sind, wird fein säuberlich auf einer Tafel im Schulhof vermerkt. Unterrichtet werden die über tausend Schüler von 40 Lehrern, wovon die Hälfte Frauen sind. Die Schüler haben haben 5 Mal in der Woche je 7 Stunden Unterricht. Samstag und Sonntag haben sie frei. Da Schuluniformen in Afrika Pflicht sind, haben auch die Kinder in Jambiani Schuluniformen. Zu einem rosafarbenen Oberteil tragen die Jungs blaue Hosen und die Mädchen blaue Röcke. Nach Kopftüchern (die Bevölkerung ist moslemisch) hab ich jetzt gar nicht gefragt.

Wie läuft nun das Schul-Dasein in Jambiani ab? Mit drei oder vier besuchen die Kinder zuerst den Kindergarten und kommen dann mit sechs in die „Elementary-“ und vier Jahre später in die „Secundary School“. Damit sind sie ansich fertig und haben die „National Examination“. Jetzt sind sie vorbereitet fürs Arbeitsleben und können Geld verdienen (wenn sie Arbeit bekommen). Wenn sie weiter zur Schule wollen (und die Eltern das bezahlen können!), haben sie die Möglichkeit, zur „High-School“ und später zur Universität zu gehen. Auf ganz Sansibar gibt es aber nur eine einzige Highschool (ich hoffe, ich habe das richtig verstanden) und die befindet sich in Sansibar Stadt.

Das Hauptproblem in Jambiani wie auch in ganz Sansibar sind die enormen Schülerzahlen: 1150 Schüler bei 40 Lehrern! Das können die Lehrer fast nicht stemmen. Aus diesem Grund werden die Unterrichtseinheiten oftmals zweischichtig gefahren, vor- und nachmittags, sodass man trotz der wenigen Lehrer auch alle Schüler erreichen kann. Unterstützt werden die Lehrer von sogenannten Volontären, jungen Leuten aus aller Welt, die hier ihre Ferien verbringen, (viel Geld dafür zahlen) und dann 2, 4 oder 8 Wochen ehrenamtlich unterrichten, insbesondere in Englisch und in naturwissenschaftlichen Fächern und beim Sport oder den Lehrern sonstwie zur Hand gehen. Über die Qualität einer solchen Ausbildung kann sich jeder selbst seine Gedanken machen.

Gästebuch


Zum Schluss der Führung legt mir Adbulla ein Gästebuch vor, in das ich mich eintragen soll. Das ist für mich natürlich eine Ehre, doch als ich die Spalte „Donation“ sehe, ist das mir schon ein bisschen Ehre zuviel. Die Taktik aber scheint zu funktionieren. Alle Besucher vor mir haben im Schnitt 20 $ da gelassen. Da kann ich mich dann auch nicht lumpen lassen. Dennoch, derart überrumpelt zu werden, mag ich gar nicht. Viel lieber wäre mir gewesen, ich hätte von mir aus was geben können (hatte ich 2002 im WEMA) ja genau so gemacht. Hier aber wird man quasi zu einem Geldgeschenk genötigt und außerdem kann jeder Hinz und Kunz nachlesen, wann wer was da gelassen hat. Das passt mir gar nicht in den Kram.

Der Sound Sansibars


Nachdem ich meine Runde durch die Schule gemacht hab´, gehe ich noch mal zu Ouwei, wo noch mein „Stadtplan“ und mein Fotorucksack liegt. Wir talöken noch ein Bisschen small und ich erzähle ihm, dass ich vorhabe, in Deutschland über die Reise zu berichten. Beim Vortrag vor Leuten (bisher habe ich so was häufig in Altersheimen gemacht) wäre sansibarische Musik zur Untermalung nicth schlecht. Da es in Jambiani aber keine Läden gibt, noch nicht mal´nen Bäcker oder ´nen Metzger, kann ich mir die Frage nach einer CD wohl abschminken. „Wieso?“, meint Ouwei, „ich werde dir bis Freitag ein paar Lieder auf CD brennen. Komm einfach am Freitag mal vorbei.“ Das ist doch mal ein Angebot!

Fußballturnier



Als ich am Strand zurückgehe, erkenne ich „meinen“ Ball wieder und bestimmt zehn Kinder, die offensichtlich ein Fußballturnier austragen. Ich bin total glücklich darüber, was ich mit den 6 $ hab bewerkstelligen können. Hoffentlich bekommt das Mädchen den Ball aber auch irgendwann mal wieder.


Der Tag neigt sich dem Ende


Inzwischen ist es sechs geworden. Ein unwahrscheinlicher Tag neigt sich dem Ende zu. Wenn ich dran denke, es ist mein erster ganzer Tag in Jambiani und was ich schon alles erlebt habe, dann werde ich irre: Delfintour, Strand, Schule, Dorfrundgang, Mails schreiben, Besuch bei den Freiwilligen, wieder in der Schule. Ich hab das Gefühl, die Tage hier haben 68 Stunden oder noch mehr. Wahnsinn, was man erleben kann, wenn man im Urlaub nicht „all incusive“ bucht, was einen zwangsläufig am Hotel „fest nagelt“.

In der Bar sind die Angestellten von meiner Idee „Jambiani-Karte“ so begeistert, dass es fast kein anderes Thema mehr gibt. Jeder trägt sein Schärflein bei und nach und nach bekommt die Karte ein Gesicht.


< Am Strand von Jambiani Morgen am Indischen Ozean >
MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA