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Mit Schlafsack und Zelt in die Serengeti

Kilimanjaro-Airport (19.8.2009)


Um 6:29 Uhr tansanischer Zeit sind wir viel früher als geplant auf dem Kilimanjaro-Airport gelandet. Es ist noch stockdunkel. Das mit dem Sonnenaufgang am Kilimanjaro war dann ja wohl nichts. Doch was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Ich bin in Afrika und bald auch schon mit Schlafsack und Zelt in der Serengeti! Da Andrea und Micha noch weiterfliegen nach Mombasa, gibt’s an den Plätzen 10A und 10B nur noch einen kurzen Abschied im Vorbeigehen. „Kwaheri Andrea, kwaheri Micha.“ Auch Frau Feldmann und ihre netten Kolleginnen erhalten ein „Kwaheri“, dann geht’s raus. Die Beine sind entzückt, sich endlich wieder bewegen zu dürfen.

Schlaftrunken taumel ich die Treppe runter und berühre um 6:38 afrikanischen Boden. Wär ich nicht so abgelebt, würd‘ ich jetzt „den Papst“ machen und den Boden küssen. So aber schlepp‘ ich meinen müden Körper nur schlürfend übers Rollfeld Richtung Ankunftshalle. Die Luft ist angenehm kühl, so um die 20 °C. Man erlebt bei Weitem nicht so einen „Hitzeschock“ wie damals, 2002, in Mombasa. Nun ja, der Kilimanjaro-Airport liegt ja auch knapp 900 Meter höher als Mombasa.

Die Ankunftshalle des Kilimanjaro-Airport ist so was von winzig, dass die zwei Schalter des Immigration-Office direkt vor uns und die zwei Passkontoll-Kabäuschen links gerade so hineinpassen. Wir Neuankömmlinge können nicht hinein, aber nicht weil die Halle so kein ist, sondern weil uns schutzanzug-umhüllte Menschen erst mal daran hindern. Zutritt nur, wenn man auf einem Zettel erklärt, dass man nicht krank ist!

Ob dem auch tatsächlich so ist, ob man geimpft ist, beispielsweise gegen Gelbfieber oder Cholera und ob das auch im Impfausweis steht, das interessiert keine „müde Sau“. Ich glaube, man kann alles auf den Zettel schreiben, auch „dreckige Witze“, das ist alles nicht so wichtig! Was zählt, sind die 50 $, die man am Immigration-Office abgeben muss. „50 $ zahlen“ heißt „Stempel kriegen“. Mit dieser „Farbmarke im Pass“ geht man dann stolz zu den Beamten zwei Meter links und wenn einer davon nickt, oder gar beide, dann hat man’s geschafft. Jetzt nur noch zum Gepäckband, das zwei Meter hinter dem Passkontroll-Kabäuschen seine Runden dreht.

Als Letzter (was auch sonst, ich musste ja fotografieren und nach dem langen Flug vor allem auch „für kleine Jungs“) greife ich meine einsam zirkulierende blau-orange Tasche. Ich bin total froh, dass sie da ist. Nicole und Heiko, ebenfalls Gäste von Elefant-Tours, hatten nämlich weniger Glück. Ihr Gepäck ist weg. Ihnen bleibt nur ihr Handgepäck und das, was sie auf dem Leib tragen. Ich würd‘ mich totärgern. Aber, den Flieger absuchen oder gar aufhalten können sie nicht. So fügen sie sich notgedrungen in ihr Schicksal.

Vor dem Flughafengebäude ein Gewinke von wuselnden Pappschildern. Elefant-Tours ist noch nicht dabei. So heißt’s für Nicole und Heiko, Jacqueline und Dogan und mich erst mal warten auf den Transferbus, der uns zur Oasis-Lodge am nordwestlichen Stadtrand Arushas bringen soll. Dort, in der Oasis-Lodge, hat Elefant-Tours sein tansanisches Hauptquartier.

Während wir warten, kommt ein Schwarzer auf mich zu (ist das jetzt unser Fahrer oder ist das ein anderer Farbiger? Im Gewusel verliert man leicht den Überblick). Er sagt, er heiße Elias. Seine Hosentaschen sind ausgebeult wie die Backen eines übereifrig Nüsse sammelnden Eichhörnchens. Ein Griff und er holt „pfundweise“ Euromünzen hervor, Euromünzen, die ihm Touristen wohl als Trinkgeld gegeben haben. Was sicher gut gemeint war, mit dem kann Elias in Tansania absolut überhaupt nichts anfangen. Keine Bank der Welt wechselt Münzen. Elias‘ Blick sagt alles, da muss man noch nicht mal Kisuaheli verstehen. Alles zu tauschen, ist aber auch mir unmöglich. Ich geb’ ihm ’nen Zwanziger und „klaub’“ mir aus den vorgestreckten Händen entsprechend viele Geldstücke heraus.

Transferfahrt nach Arusha


Gegen halb sieben (es wird gerade hell) sind dann endlich alle Rucksäcke und Taschen (zumindest die, die da sind) im Kleinbus eingeladen und auch die Passagiere haben Platz genommen. Es kann losgehen. Zunächst ein paar Kilometer nach Norden, dann, an Usa River vorbei, über die A23 nach Arusha. Der Tag in Ostarika hat begonnen, auch für die einheimische Bevölkerung. Links vor uns bewegt sich eine riesige, weithin sichtbare Staubwolke. Sie stammt von einem Massaijungen und seinen Rindern. Offensichtlich hat es hier, im dürren Grasland, schon monatelang nicht mehr geregnet. So eine Staubwolke habe ich (außer vielleicht in Wildwest-Filmen) noch niemals gesehen. Das Land ist staubtrocken.

Ebenfalls links, im Gänsemarsch am Straßenrand gehend, sehen wir eine Gruppe Mädchen. Alle in identisch gleichen grünen Kleidern. Ich nehm‘ mal an, sie sind auf dem Weg zur Schule. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1961 herrscht in Tansania nämlich Schulpflicht (zumindest bis zum 14. Lebensjahr). Dadurch war Tansania etwa um 1980 bildungsmäßig richtig gut. Damals konnten ¾ der Bevölkerung lesen und schreiben. So viel wie in keinem anderen Land Afrikas. Leider ist von den früheren Erfolgen heute nicht mehr allzu viel zu sehen. Steigende Schülerzahlen und die gleichzeitige Vernachlässigung des Bildungssektors haben Wirkung gezeigt.

Rhythmisch zuckende, gelbe Warnleuchten bremsen unsere an und für sich flotte Fahrt jäh ab. Die Warnlampen stammen von Sicherheitsfahrzeugen, die eine Gruppe Läufer abschirmen. Für den Berlin-Marathon am Samstag werden die wohl nicht mehr trainieren. Doch Laufen ist in Ostafrika der Sport schlechthin. Der Marathon-Weltmeister des Jahres 2008 Abel Kirui stammt auch aus der Gegend, zwar nicht aus Tansania, aber nicht weit weg, aus dem benachbarten Kenia.

Von uns, die wir die ganze Nacht durchgeflogen und gestern auch schon tagsüber quer durch Deutschland unterwegs waren, denkt im Moment keiner an Sport. Wohl eher an ein Bett, und wenn ich mir die anderen vier so ansehe, möchte ich nicht wissen, wie ich selbst ausschaue. Ich bin so was von fertig! Doch mit Schlafen wird’s erst mal nichts. Heute Nachmittag nämlich steht bereits die erste Pirschfahrt im Tarangire Nationalpark an.

Oasis Lodge


Um 7:20 Uhr erreichen wir über eine „Knochenbrecher-Schotterstraße“ die Oasis Lodge, wo wir von Henning Schmidt, dem East-Africa-Man von Elefant-Tours freundlich empfangen werden. Hier gibt es erst mal Kaffee, einen von der Sorte, der Tote aufweckt. Ohne massive Milchverdünnung würde ich den nicht überleben. Aufgeputscht, aufgewühlt und erregt lauschen wir Hennings Worten, wie er uns die Tour erklärt. Ne, das ist nicht meine Tour! Ach, Nicole, Heiko, Jacqueline und Dogan machen was anderes. Die haben sich die luxuriösere Tour ausgesucht, die mit Lodges oder zumindest doch mit feststehenden Zelten. Ich hab‘ die einfachere Variante, die mit dem Zweimannzelt, direkt in der Natur. Genau das wollte ich!

Die Tour der vier ist für mich uninteressant, also klinke ich mich erst mal aus. Aber wer fährt mit mir mit? Zwei Männer sollen’s sein, hat mit Hr. Schuff von Elefant-Tours Freiburg erzählt. Die beiden sind schon vor einer Woche nach Afrika gekommen, sie wollten vor der Safari noch auf den Kilimanjaro. Ob sie es geschafft haben? Im Augenblick sind die beiden entweder noch in Moshi oder aber schon auf dem Weg hierher. „So gegen halb, dreiviertel zehn werden sie wohl da sein“, meint Henning. Das ist voll okay. Schließlich bin ich in Afrika. We have all the time in the world. Gedankenverloren summ’ ich Louis Amstrongs Lied vor mich hin, obwohl ich dies sicher schon seit Jahrzehnten nicht mehr gehört hab‘. Wo kommt das jetzt bloß her?

„Magst du noch ’nen Kaffee?“, werd’ ich von Henning urplötzlich in die Realität zurückgeholt Doch nach der einen Tasse, die bewirkt, dass es 87 Kilo zwischen Sekundenschlaf, Melancholie und Herzkammerflimmern hin und her wirft, muss ich ablehnen.

Die Fahrer der anderen sind inzwischen da, und so begleite ich Nicole, Jacqueline, Heiko und Doran noch mit nach draußen. Insbesondere Jacqueline war mir gleich sehr sympathisch. Wir haben uns gesehen und gemocht. Doch ob ich nach dem Urlaub jemals wieder etwas von ihnen hören werde? Ich hab‘ da meine Zweifel. Nun, jedenfalls ist „Nichts-voneinander-hören“ allemal besser als ein „Kosakenzipfel“-Treffen. Bis nun „meine zwei“ kommen, vertreibe ich mir die Zeit mit Daniel und Moses, zwei jüngeren Angestellten von Elefant-Tours. Daniel ist Fahrer und Moses Koch. Auch sie warten noch auf Gäste, die dann mit ihnen auf Tour gehen.

Was soll man „smalltalk-mäßig“ so quatschen mit Menschen, die man nicht kennt? In Ermangelung eines anderen Themas, zeige ich Daniel und Moses mein „Kamusi wangu-T-Shirt“. Das T-Shirt habe ich von Schülern aus unserer Schule erhalten. „Kamusi wangu“ ist Kisuaheli und bedeutet „mein Wörterbuch“. Auf dem „kleidsamen Wörterbuch“ stehen, außer dem Reisetitel „Löwenzahn und Zebrastreifen“, auf dem Rücken die wichtigsten Sätze, die man so in Tansania braucht, in Kisuaheli und in Englisch. Beispielsweise „Mimi ni mwalumi“ (Ich bin Lehrer) oder „Mimi ninatoka Muenchen, Ujerumani“ (Ich komme aus München, Deutschland). Dass man das auf ein T-Shirt schreiben kann, finden Daniel und Moses okay. Doch als sie auf den „Überlebenssatz“ „Tafadhali unilete bia, bia baridi“ (Bitte bringen Sie mir ein Bier, ein kaltes Bier) stoßen, kriegen sie sich nicht mehr ein vor Lachen und ich habe meinen Namen weg. Fortan bin ich „Mr. Baridi, Mr. Bia Baridi“. Während ich mich in Kisuaheli versuche und sie sich in Deutsch, lachen wir uns halb scheckig. Das macht so viel Spaß, dass die Müdigkeit von heute früh wie „weggeblasen“ ist.

Inzwischen ist der Jeep aus Moshi angekommen. Der Fahrer heißt Lazaro, der Koch Alouis. „Im Gepäck“ haben sie die beiden „Kilimanjaro-Bezwinger“ Werner und Helmut. „I ben d‘ Werner.“ „I d‘ Helmut.“ Wenn das nicht mein Heimat-Dialekt ist, fress ich ’nen Besen. Ich glaub, ich fall‘ um! Warum hat uns Hr. Schuff nicht gesagt, dass ich die Safari mit zwei Schwaben mache? Da hätt‘ man doch ganz anders planen können! Werner und Helmut kommen aus Friedberg, grad‘ mal 10 km weg von meinem Heimatort Mering. „Schuff, das gibt ne Beschwerde!“, sind wir uns grinsend einig. Wir drei verstehen uns auf Anhieb. Leute, die ’ne Zelttour in die Serengeti machen, sind wohl ähnlich „gestrickt“.

Bei einem weiteren „Mörderkaffee“ erklärt uns Henning nun unsere Tour: Zuerst werden wir (noch heute!) im Tarangire-Nationalpark unsere ersten Wildtiere sehen, morgen dann das Rift-Valley lang fahren bis zum Lake Natron und am Freitag hoch in den Nordteil der Serengeti bis zur Lobo-Area. Von dort aus geht’s dann am Samstag zur Seronera Area, die immer auch noch in der Serengeti liegt. Am Montag steht der Ngorongoro-Krater auf dem Programm. Am Dienstag schließlich endet die Safari und wir drei fliegen nach Sansibar, wo wir getrennt voneinander an verschiedenen Stränden relaxen werden.


< Von Frankfurt zum Kilimanjaro Airport Von Arusha zur Zion Campsite >
MIT SCHLAFSACK UND ZELT IN DER SERENGETI … UND HINTERHER NACH SANSIBAR
REISEBERICHTE AUS AFRIKA


Eine Reaktion zu “Mit Schlafsack und Zelt in die Serengeti”

  1. Stephan

    Wo wir doch vorhin das Thema Kaffee hatten…Du musst aber zugeben: Nach Konsum dieses wertvollen „oldschool“ Energydrink siehst Du auch nicht nur ein bisschen aus wie ein Psychopath :-D

    Kleiner Scherz am Rande!